ihn angelandet hatten. Das war zwar mal wieder nicht vegetarisch, aber regional und frisch. Ich las den ersten der Kommissar Dupin-Krimis, versuchte polnisch zu sprechen und setzte mich im Windschatten in die Sonne.
Herrlich!
Blog: https://abenteuerbaltikum.com/2017/05/10/mrzezyno/
Um mich zu schonen, lief und ging ich im Wechsel die 20 km bis nach Bakterien und Viren suchen sich ihr Nest, wenn‘s sein muss auch an den Kolberg, wo ich dann nochmals einen Pausentag einlegte. Hier gab es mehr zu sehen und der Hauch des Postkommunismus verband sich auf eigentümliche Weise mit dem Tourismusbetrieb auf kleiner Flamme. Keine Menschenmassen, der fehlende Geruch von Sonnenöl und überquellenden Mülleimern, stattdessen auf Anhieb ein Platz in der Rooftop-Bar eines moderneren Hotelbaus, die sich zu allem Überfluss auch noch langsam dreht, wie die Kugel auf dem Berliner Fernsehturm. Kolberg ist im Sommer richtig voll und bis auf den letzten Platz ausgebucht, aber jetzt wirkte es wie ein sanfter Kurort mit mäßigem Betrieb.
Nach 13 Tagen war ich „drin“. Drin im Rhythmus von täglichem Laufen, viel essen, Aussichtspunkten mitnehmen und der Konversation mit Händen und Füßen, plus 20 Worten polnisch. Russisch jedenfalls verbietet sich in Polen selbst dann, wenn man es perfekt könnte! Jeden Tag war es noch ein Stück länger hell, ich lief ja immer weiter nach Nordosten. Am Leuchtturm in Kolberg war schon Braniewo angeschrieben, das liegt an der polnisch-russischen Grenze!
Ich lief auf Waldwegen, Straßen, Schotterpisten und immer wieder sogar barfuß am Strand auf dem schmalen Streifen am Wasser entlang – auf ganz verschiedene Arten, aber eben meist glücklich. Darüber hatte ich mir vorher viele Gedanken Gedanken gemacht. Ich hatte dafür nicht trainiert und mir war schon etwas mulmig, jeden Tag 20 km zu planen.
Letztendlich kam ich nach 93 Tagen 2.040 km entfernt in Tallinn an. Ich nahm viele Umwege, vor allem über die estnischen Inseln Saaremaa und Hiumaa, sonst wären es womöglich nur 1.600 km geworden. Inklusive der Pausentage war ich jeden Tag knapp 22 Kilometer unterwegs. An den Lauftagen waren es mehr als 26 km im Schnitt. Das ging wunderbar.
Denn die Geschwindigkeit ist nicht so hoch. Ich brauchte 6:30 min für einen Kilometer, das ist gut eine Minute mehr als sonst bei meinen alltäglichen Läufen. Da waren auch mühsame Wandertage dabei und so mancher Halbmarathon auf der Landstraße unter 2 Stunden. Der Schlüssel, jeden Tag so weit laufen zu können, liegt in der langsamen Geschwindigkeit. Da stellt sich kein Muskelkater ein und ich brauche trotzdem nur die halbe Zeit eines Wanderers. Langsamer und weiter laufen, das könnte ein Rezept für das Alter sein.
So stellte sich im Verlauf der vielen Wochen im Baltikum eine „Ultralauffähigkeit“ ein. Einige Monate nach meiner Rückkehr probierte ich Ultraläufe aus, aber nur 63 bis 75 km Strecken. Ich absolvierte sie verletzungsfrei und gut. Unglaublich, wie weit manche laufen können. Ich fühlte mich irgendwie stark und autark dabei und weiß nun, wie weit ich im Notfall zu Fuß kommen würde.
Dass ich aber doch gern schneller laufe, stellte sich auch heraus (wenn ich nicht gerade einen Benpacker mit 30 Kilo Gepäck dabei habe). Ich habe weiter Spaß auch an Wettrennen auf der Straße.
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