Regina Mars

Plötzlich Prinzgemahl


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gewesen. Sie wusste, dass sie den begehrtesten Junggesellen des Landes heiraten würde. Außerdem würde sie ihn töten und das konnte er nicht zulassen. Er war zu jung und schön, um schon von Würmern gefressen zu werden und er würde alles tun, um das zu verhindern. Aber wo war diese verdammte Landpomeranze?

      Fast hätte er die Hoffnung aufgegeben. Fast hätte er sich für eine andere entschieden, schnell, denn es musste schnell gehen. Bald würde sein Vater erscheinen und dann …

      Dem Himmel und den Lüften sei Dank, da war sie. Gemeinsam mit ihrer Schwester trampelte sie durch die Menge. Provinziell und doch … eine gewisse Strahlkraft ging von ihr aus, das konnte er nicht leugnen.

      Sie blickte ihn an. Sah ihm direkt in die Augen und in seiner Brust entlud sich ein Zitteraal. Verdammt, was war das? Egal.

      »Entschuldigt mich, meine Damen!«

      Sie wichen vor ihm zurück, als er losmarschierte. So wie der Rest der Meute. Kraft seiner Hoheit bahnte er sich einen Pfad durch die Menge, die sich teilte wie ein Vorhang.

      Doraliy, dachte er. Sie ist so gewöhnlich; irgendwie muss ich es trotzdem überzeugend machen. Er atmete tief ein, passierte Barone, Fürsten, Grafen. Dann stand er vor ihr.

      »Meine Geliebte!«, rief er und breitete strahlend die Arme aus. Sie sah ihn an, als hätte er sich spontan in eine Zwergnacktrobbe verwandelt.

      »Äh … was?«, stotterte sie und zog äußerst undamenhaft die Augenbrauen zusammen. Erst jetzt fiel Solan auf, dass sie recht groß war. Nur wenig kleiner als er selbst. Gut. Das machte es leichter, sie zu küssen.

      Sacht legte er die Hände auf ihre Wangen und presste seine Lippen auf ihre. Sie schmeckte erstaunlich. Herb und köstlich wie Whiskey. Zumindest wurde ihm so schwindlig, als hätte er einen guten Whiskey getrunken. Ihre Lippen waren warm und weich, und … für einen Moment vergaß Solan seinen Plan, drängte sich noch näher an Doraliy, vertiefte den Kuss, spürte, wie sie sich ihm entgegenstreckte, die Lippen öffnete …

      Als er den Kuss beendete, brauchte er Sekunden, um sich davon zu erholen. Ruhig, dachte er. Folge deinem Plan. Elegant sank er auf die Knie und ergriff ihre behandschuhten Finger. Er hörte erstaunte Ausrufe. Jeder, aber auch jeder im Saal starrte sie an.

      »Doraliy, seit ich dich erblickte, bin ich in Liebe entbrannt«, deklamierte er und sah sie an, als wollte er sie verschlingen. »Ich habe beschlossen, dich zu meiner Frau zu nehmen.«

      Ihr Mund öffnete sich. Schloss sich. Öffnete sich wieder.

      »Äh …« Ihre Augen waren rund vor Freude. Eigenartig, Freude sah bei ihr wie Panik aus. »Aber ich will … verdiene Euch doch nicht, Majes… Eure Hoheit. Echt.«

      »Das macht nichts.« Er lachte, schlang den Arm um sie und winkte Jaroslavmir. Der Erzbischof schaute genau wie alle anderen: Als würden sie gerade Zeugen, wie der Thronerbe (und attraktivste Mann des Landes) die gewöhnlichste Frau der Welt umgarnte. Wurden sie ja auch. Es war, zum ersten Mal heute Abend, vollkommen still im Saal.

      Bis das Getuschel losging. Es breitete sich aus wie ein Wespenschwarm, summte, brummte und wurde immer lauter. Schnell jetzt.

      »Erzbischof, ich befehle Euch, Doraliy und mich zu trauen. Sofort!«

      »Aber Eure Hoheit …«

      Der Jammerlappen schwitzte Bäche. Feuchtigkeit glitzerte in seinen Falten. Die Menge hatte Platz gemacht, so dass sie wie auf einer Bühne standen. Doraliy zappelte in Solans Armen, fast, als wollte sie sich losreißen. Vermutlich konnte sie nicht fassen, dass all ihre Träume in Erfüllung gingen. Es war doch der Traum jeder Frau, ihn zu heiraten, oder? Doch, natürlich war er das.

      »Jaroslavmir, ich habe dir einen Befehl erteilt. Ich will keine Sekunde länger warten. Traue uns.«

      »Aber, ich brauche …« Jaroslavmir schien nicht einzufallen, was er brauchte und Solan hatte keine Zeit.

      »Nun mach schon.«

      »Aber …«, begann der Jammerlappen.

      »Aber …«, begann die Landpomeranze.

      »Los jetzt oder ihr springt beide über die Klippe!«

      Sie mussten sich beeilen, zur Hölle. Der Kaiser konnte jeden Moment auftauchen. Jaroslavmir straffte sich. Hilfesuchend blickte er in die Menge. Doraliy hatte aufgehört zu zappeln und war erstarrt.

      »Ich … erkläre Euch hiermit zu Mann und Frau«, stammelte Jaroslavmir mit weit aufgerissenen Augen. Schreie mischten sich in das Getuschel um sie herum. Hohe, weibliche Schreie.

      »Sehr gut. Kurz und schmerzlos.« Solan nickte dem Erzbischof zu. »Wenn ich mich recht entsinne, ist die Ehe gültig, sobald sie vollzogen wurde, richtig?«

      Jaroslavmir bejahte. Doraliy begann wieder zu zappeln. Solan hielt sie fest.

      »Eure Hoheit …«, flüsterte sie aber er hatte jetzt keine Zeit für Liebesbekundungen. Schwungvoll packte er sie und hob sie in seine Arme. Sie war schwerer, als er erwartete hatte. Aber nicht zu schwer für seinen gestählten Körper.

      »Dann entschuldigt uns.« Er strahlte in die Runde. »Einen schönen Abend wünsche ich noch.«

      Mit diesen Worten ließ er die Menschenmenge hinter sich, die ihm mit hängenden Unterkiefern und tellergroßen Augen nachstarrte. Doraliy tragend eilte er die Gänge zu seinem Schlafgemach hinauf.

      7. Die Hochzeitsnacht

      Scheiße!

      Scheiße!

      Scheiße!

      Was … was zur Hölle geschah hier? In welcher Nebenwelt war Nat gelandet? Warum zur Hölle hing er wie ein nasser Sack in den Armen des Trottelprinzen? Warum hatte der ihn geküsst und …

      Geheiratet.

      Scheiße. Er hatte einen anderen Mann nicht nur geküsst, sondern anscheinend auch geheiratet. Er würde über die Klippe springen, daran hatte er keinen Zweifel mehr. Er spürte schon das graue Wasser auf sich zukommen, die spitzen Pfähle, die weit aufgerissenen Mäuler …

      »Eure Hoheit …«, begann er erneut, aber da hatte er eine Idee.

      Solange sie sich in der Öffentlichkeit bewegten, konnte er sich nicht zu erkennen geben, oder? Aber wenn er mit diesem Trottel allein war … würde er ihn niederschlagen und abhauen. Ganz sicher hatte Gwenna es bis zur Kutsche geschafft. Und ganz sicher wartete sie auf ihn, egal, was er ihr gesagt hatte. Seine Schwester ließ ihn nicht einfach im Stich.

      »Was ist, mein Täubchen?« Der Idiot lächelte, ziemlich atemberaubend. So nah war seine Wirkung noch intensiver. Vermutlich, weil Nat ihn nun auch riechen konnte. Eine Mischung aus teurem Parfüm und ihm selbst … ein männlicher Duft, wie edles Holz … Nat lächelte schwach zurück.

      »Nichts, Liebster. Ich … bin nur ein wenig nervös. Ich bin noch jungfräulich, weißt du?«

      »Natürlich bist du das.« Solan drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. »Wärst du es nicht, wärst du in Schwierigkeiten.«

      »Äh, echt?«

      Solans Blick war auf den Gang gerichtet. Streng schauende Wachen mit scharf blitzenden Äxten zogen an ihnen vorbei. Und ein paar verdammt hässliche Ölportraits.

      »Mir persönlich wäre es egal«, sagte Solan leichthin. »Aber so ist nun einmal das Gesetz. Wenn morgen nicht ein deutlicher Blutfleck mein Laken ziert, musst du über die Klippe springen.«

      »Ach so, ja dann …«, stotterte Nat, »… ist es ja gut, dass ich so rein und unschuldig bin.« Eine weitere Idee kam ihm und er schlug, scheinbar beschämt, die Augen nieder. »Auch wenn ich … Also wisst Ihr, Eure Hoheit … Als ich Euch sah, da hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben unzüchtige Gedanken.«

      Der Trottel schien nicht mal überrascht. Er grinste selbstgefällig.

      »Wer hat die nicht? Keine Sorge, deine erste Liebesnacht