Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

Zeitlose Geschichten aus aller Welt


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      Zeitlose Geschichten

      aus aller Welt

      Die Mutter

      Sri Aurobindo Digital Edition

      Inhaltsverzeichnis

       Impressum

       Vorwort

       Selbstbeherrschung

       Mut

       Fröhlichkeit

       Selbstvertrauen

       Geduld und Ausdauer

       Das einfache Leben

       Besonnenheit

       Aufrichtigkeit

       Richtiges Urteilen

       Ordnung

       Erbauen und Zerstören

       Der Gebende

       Die Eroberung des Wissens

       Bescheidenheit

       Die Familie

       Mitgefühl

       Verlagsprogramm

      Impressum

      Englischer Titel:

       Tales of All Times

      The Mother

      Sri Aurobindo Ashram Trust

      *

      Digitale Publikation

      Zeitlose Geschichten aus aller Welt

       Die Mutter

      1. Ausgabe November 2016

      ISBN 978-3-937701-92-9

      © 2018 AURO MEDIA

      Verlag und Fachbuchhandel Wilfried Schuh

       Berchtesgaden, Deutschland

       www.auro.media

       [email protected]

      © Fotos und Texte der Mutter:

       Sri Aurobindo Ashram Trust

       Puducherry, Indien

      Alle Rechte vorbehalten

      Vorwort

      Während ihres Aufenthalts in Japan (1916-20) übersetzte und bearbeitete die Mutter einige Geschichten von F. J. Gould, die in seinem Youth‘s Noble Path 1911 veröffentlicht wurden. Die in französisch geschriebenen Versionen der Mutter wurden erstmals als Belles Histories 1946 publiziert. Eine englische Übersetzung mit dem Titel Tales of all Times wurde 1951 herausgebracht. Diese Übersetzung wurde 1978 überarbeitet, als dieses Buch in Words of Long Ago, Volume 2 of the Mother‘s Collected Works eingefügt wurde; zudem wurden fünf zusätzliche Kapitel übersetzt und als Anhang beigefügt.

Die Mutter

      Diese Geschichten wurden geschrieben, um Kindern zu helfen, sich selbst zu entdecken und einem Weg der Rechtschaffenheit und der Schönheit zu folgen. – Die Mutter

      Selbstbeherrschung

      Ein wildes Pferd kann man zähmen, aber niemals legt man einem Tiger Zügel an. Warum? Weil im Tiger eine böse, grausame und unverbesserliche Kraft steckt, so dass wir von ihm nichts Gutes erwarten können und wir ihn vernichten müssen, damit er kein Unheil anrichtet.

      Das wilde Pferd hingegen, wie wild und widerspenstig es anfangs auch sein mag, kann mit ein wenig Mühe und Geduld beherrscht werden. Mit der Zeit lernt es zu gehorchen und sogar uns zu lieben, und schließlich öffnet es freiwillig sein Maul, um den Bissen zu nehmen, den man ihm gibt.

      Auch im Menschen gibt es widerspenstige und nicht zu meisternde Begierden und Impulse, aber sie sind selten so unbeherrschbar wie der Tiger. Vielmehr gleichen sie dem wilden Pferd: sie brauchen Zügel, um gezähmt zu werden; und der beste Zügel ist derjenige, den ihr ihnen selbst anlegt: man nennt ihn „Selbstbeherrschung“.

      *

      Hussein war der Enkel des Propheten Mohammed. Sein Haus war schön und seine Geldbörse gut gefüllt. Wer immer ihn beleidigte, beleidigte einen reichen Mann, und mächtig ist der Zorn der Reichen.

      Eines Tages, als Hussein beim Essen saß, trug ein Sklave eine Schale mit kochend heißem Wasser vorbei. Durch ein Missgeschick tropfte etwas Wasser auf den Enkel des Propheten, der daraufhin vor Wut laut aufschrie.

      Der Sklave fiel auf seine Knie, besaß aber die Geistesgegenwart, sich an einen passenden Vers aus dem Koran zu erinnern:

      „Das Paradies gehört denen, die ihren Zorn bezähmen“, sagte er.

      „Ich bin nicht zornig“, fiel Hussein ein, von diesen Worten seltsam berührt.

      „... und für diejenigen, die den Menschen vergeben“, fuhr der Sklave fort.

      „Ich vergebe dir“, sprach Hussein.

      „... denn Allah liebt die Barmherzigen“, fügte der Sklave hinzu.

      Im Verlauf des Wortwechsels war Husseins ganzer Zorn verraucht. Nun, ganz im Frieden mit sich selbst, ließ er den Sklaven aufstehen und sagte:

      „Von nun an bist du ein freier Mann. Hier, nimm diese vierhundert Silberstücke.“

      Auf diese Weise lernte Hussein, sein Temperament zu zügeln, denn er war ebenso großzügig wie er auch jähzornig war. Da sein Charakter weder böse noch grausam war, war er es wert, beherrscht zu werden.

      *

      Wenn euch also eure Eltern oder eure Lehrer manchmal drängen, eure Natur zu beherrschen, dann nicht deswegen, weil sie denken, eure kleinen oder großen Fehler seien unverbesserlich; ganz im Gegenteil, weil sie wissen, dass euer wacher und feuriger Geist wie ein junger Vollblüter im Zaum gehalten werden muss.

      Wenn ihr die Wahl hättet, in einer schäbigen Hütte oder in einem Palast zu leben, was würdet ihr wählen? Sehr wahrscheinlich den Palast.

      Es ist überliefert, dass Mohammed, als er das Paradies besuchte, große Paläste sah, die auf einer Anhöhe gebaut waren, von der man die ganze Landschaft überblicken konnte.

      ,,O Gabriel“, sprach Mohammed zu dem Engel, der ihm all diese Dinge zeigte, „für wen sind diese Paläste bestimmt?“