Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

Zeitlose Geschichten aus aller Welt


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Feuer mag aufflammen und doch erstickt werden, und Haus und Hof bleiben unversehrt;

      Schmerz kommt, Schmerz geht.

      Darum sei geduldig, wenn dir Unheil widerfährt, denn Zeit ist der Vater aller Wunder;

      Und dem Frieden Gottes entspringt die Hoffnung auf kommenden Segen.

      Sie alle kehrten, erfreut und gestärkt von diesem schönen Gedicht von der Hoffnung, nach Hause zurück. Und so kam es, dass ein kranker Mann seinen gesunden Freunden half. Wer mutig ist, kann anderen Mut geben, genauso wie die Flamme einer Kerze eine andere entzünden kann.

      Tapfere Jungen und Mädchen, die ihr diese Geschichte lest, lernt, andere zu ermutigen und selbst mutig zu sein.

      ***

      Fröhlichkeit

      An einem Nachmittag, in einer großen Stadt in einem regenreichen Land, sah ich sieben oder acht Wagen mit Kindern. Sie waren an diesem Morgen zum Spielen aufs Land gebracht worden, aber das schlechte Wetter hatte sie gezwungen, zeitig im Regen heimzukehren.

      Und trotzdem sangen und lachten sie und winkten den Vorbeigehenden fröhlich zu.

      Sie hatten sich bei diesem trüben Wetter ihre Fröhlichkeit bewahrt. Wäre einer von ihnen traurig gewesen, so hätten die Lieder der anderen ihn wieder aufgeheitert. Und für die Vorbeieilenden, die das Lachen der Kinder hörten, schien sich der Himmel für einen Augenblick aufgehellt zu haben.

      *

      Amir war Prinz von Khorasan und lebte in großem Stil. Wenn er in den Krieg zog, so trugen allein dreihundert Kamele die Töpfe, Pfannen und das Geschirr für seine Küche.

      Eines Tages wurde er vom Kalifen Ismail gefangengenommen. Aber ein Unglück befreit einen Menschen nicht vom Hunger, und als Amir seinen Küchenchef in der Nähe sah, bat er den guten Mann, ihm ein Mahl zuzubereiten.

      Der Koch hatte ein Stück Fleisch übrig, das er in einem Topf aufs Feuer stellte. Dann ging er fort, um Gemüse zu suchen, das dem Gericht etwas Geschmack verleihen sollte.

      Ein streunender Hund erschnüffelte das Fleisch und steckte seine Nase in den Topf. Als er jedoch die Hitze des Feuers spürte, sprang er schnell zurück. Dabei war er so ungeschickt, dass der Topf auf seinem Kopf steckenblieb und er in Panik davonrannte, als er ihn nicht mehr abbekam.

      Amir brach bei dem Anblick in lautes Gelächter aus.

      „Warum lachst du“, wollte der wachhabende Offizier wissen, „wo du jeden Grund hättest, traurig zu sein?“

      Amir aber zeigte ihm den Hund, der aus dem Lager lief, und sagte: „Ich lache bei dem Gedanken, dass noch an diesem Morgen dreihundert Kamele nötig waren, um meine Küche zu transportieren, und jetzt genügt ein Hund, um alles fortzutragen!“

      Amir gefiel es, fröhlich zu sein, obwohl er sich nicht bemühte, diese Fröhlichkeit auch anderen zu bringen. Doch sollten wir ihm sein heiteres Gemüt hoch anrechnen. Wenn er in solch ernsten Schwierigkeiten zu scherzen vermochte, sollten wir dann nicht imstande sein, angesichts geringerer Sorgen zu lächeln?

      *

      In Persien lebte eine Frau, die Honig verkaufte. Sie besaß eine sehr angenehme Art, und die Kunden drängten sich um ihren Stand. Der Dichter, der ihre Geschichte erzählt, behauptet, selbst wenn sie Gift verkauft hätte, die Leute hätten es von ihr gekauft, als wäre es Honig.

      Ein griesgrämiger Mann sah, welch großen Gewinn sie mit ihren süßen Waren machte und beschloss, den gleichen Handel zu beginnen.

      Also baute er einen Stand auf, doch hinter den Reihen von Honigtöpfen wirkte sein Gesicht wie Essig. Jeder, der zu ihm kam, wurde mürrisch behandelt. Deshalb ging jeder an ihm vorbei und er blieb auf seinen Waren sitzen. „Nicht einmal eine Fliege wagte sich an seinen Honig“, erzählt der Dichter. Als der Abend kam, hatte er immer noch nichts verdient. Eine Frau bemerkte ihn und meinte zu ihrem Mann: „Ein bitteres Gesicht macht auch den Honig bitter.“

      War die Honigverkäuferin nur freundlich, um Kunden anzulocken? Lasst uns lieber hoffen, dass ihre Fröhlichkeit ihrem guten Charakter entsprang. Wir sind nicht bloß auf der Welt, um zu kaufen oder zu verkaufen; wir sollten hier einander Kameraden sein. Die Kunden der guten Frau spürten, dass sie mehr war als eine Honigverkäuferin: Sie war eine fröhliche Bewohnerin dieser Welt.

      *

      In der nächsten Geschichte, die ich euch erzählen werde, ist die Freude wie ein sprudelndes Wasser einer schönen Quelle. Die Person, um die es dabei geht, hat nichts im Sinn mit Profit und Handel: Es ist der berühmte und glorreiche Rama.

      Rama erschlug Ravana, den Dämonenkönig mit zehn Köpfen und zwanzig Armen. Ich habe euch bereits den Beginn der Geschichte erzählt. Es war die schrecklichste aller Schlachten. Tausende von Affen und Bären im Gefolge Ramas wurden getötet und die Leichen der Dämonenfeinde häuften sich. Ihr König lag leblos am Boden. Doch wie schwer war es gewesen, ihn zu besiegen! Wieder und wieder hatte Rama seine zehn Köpfe und zwanzig Arme abgeschlagen, doch wuchsen sie sofort wieder nach. Es waren so viele, dass es schließlich schien, als würde es Arme und Köpfe vom Himmel regnen.

      Als der schreckliche Krieg vorbei war und die dabei getöteten Affen und Bären wieder zum Leben erweckt worden waren, standen alle da wie eine große Armee und erwarteten ihre Befehle.

      Der ruhmreiche Rama, der auch nach dem Sieg bescheiden und ruhig blieb, blickte seine treuen Kameraden freundlich an.

      Vibhishan, der Ravana auf den Thron folgen sollte, hatte einen Wagen voll Juwelen und kostbaren Gewändern für die Krieger gebracht, die sich so heldenhaft geschlagen hatten.

      „Höre, Freund Vibhishan“, sprach Rama, „steige hoch in die Lüfte auf und schütte deine Gaben vor den Kriegern aus.“

      Der König tat, wie ihm geheißen wurde und verstreute von seinem schwebenden Streitwagen glitzernde Juwelen und prächtig gefärbte Gewänder aus.

      Die Affen und Bären purzelten übereinander, als sie sich beeilten, die fallenden Kostbarkeiten zu erhaschen. Es war eine lustige Balgerei.

      Rama lachte herzlich bei diesem Anblick, und seine Gemahlin Sita und sein Bruder Lakshman stimmten in sein Lachen ein.

      Denn die Mutigen verstehen es, so herzlich zu lachen. Es gibt nichts Herzlicheres als eine gutmütige und aufrichtige Heiterkeit. Und das Wort „herzlich“ besitzt den gleichen Ursprung wie das Wort „mutig“. In schwierigen Augenblicken ist Fröhlichkeit, die aus dem Herzen kommt, wahrhaft ein Ausdruck von Mut.

      Natürlich muss man nicht ständig lachen; aber Lebendigkeit, Heiterkeit und gute Laune sind nie fehl am Platz. Und wie hilfreich können sie sein! Mit ihnen schafft die Mutter ihren Kindern ein glückliches Heim; die Krankenschwester beschleunigt die Genesung ihrer Patienten; der Herr erleichtert die Arbeit seiner Diener; der Arbeiter fördert den guten Willen seiner Kollegen; der Reisende hilft seinen Gefährten, die Mühen der Reise zu überstehen; der Bürger nährt die Hoffnung in den Herzen seiner Landsleute.

      Und ihr, glückliche Jungen und Mädchen, gibt es irgend etwas, das ihr mit eurer Fröhlichkeit nicht erreichen könnt?

      ***

      Selbstvertrauen

      Hatim Tai war im alten Arabien wohlbekannt für die verschwenderische Fülle, mit der er Geschenke und Almosen verteilte.

      „Bist du jemals jemandem begegnet, der noch vortrefflicher ist als du?“ fragte ihn einmal ein Freund.

      „Ja“, antwortete Hatim Tai.

      „Wer war das?“

      „Eines Tages hatte ich vierzig Kamele geopfert und lud jeden, der kommen wollte, zu einem großen Fest ein. Daher zog ich mit einigen Familienoberhäuptern aus, um Gäste von nah und fern einzuladen. Auf dem Weg trafen wir einen Holzfäller, der gerade ein Bündel Dornenzweige geschnitten hatte. Auf diese Weise verdiente