das, was sie dort vorfinden, sie überraschen. Es gibt kaum einen Unterschied. Im Hinblick auf den jeweiligen Anteil der aerob arbeitenden, auf Ausdauer spezialisierten Typ-1-Muskelfasern und der auf Kraftanstrengungen spezialisierten anaerob arbeitenden Typ-2-Muskelfasern sind die Muskeln von Männern und Frauen weitgehend gleich zusammengesetzt. Der Unterschied besteht darin, dass der Anteil der Typ-1-Ausdauermuskelfasern des weiblichen Körpers insgesamt höher ist als bei Männern. Die größten Muskelfasern von Frauen sind tendenziell eher Typ-1-Muskelfasern, wohingegen der Körper von Männern insgesamt über mehr Typ-2-Kraft-Muskelfasern verfügt.
Da Typ-2-Muskelfasern zum Einsatz kommen, wenn es darum geht, Gewichthanteln zu stemmen oder liegen gebliebene Autos an den Straßenrand zu schieben, ist es nicht überraschend, dass Frauen im direkten Kraftvergleich mit Männern eher schlecht abschneiden. Studien zeigen, dass Frauen im Oberkörper ungefähr über 52 Prozent der Kraft von Männern verfügen und im Unterkörper über 66 Prozent. Bei muskulösen Frauen verringert sich der Kraftunterschied zu Männern ein wenig. Wenn man die bloße Kraft ins Verhältnis zur mageren Körpermasse setzt, erreicht eine gut trainierte Frau in Armen und Beinen bis zu 70 bzw. 80 Prozent der Kraft eines Mannes. Damit ist sie immer noch weniger stark, kommt aber definitiv näher an die Kraft eines Mannes heran.
An der Beinpresse können Frauen es schon eher mit Männern aufnehmen, weil wir den größten Anteil unseres mageren Muskelgewebes eher unterhalb der Taille haben. Dies ist auch der Grund dafür, dass Frauenfahrräder so designt sind, dass unser Schwerpunkt sich über dem Tretlager befindet (die Stelle, an der die Pedalkurbeln angebracht sind). Unsere Kraft kommt aus unseren Hüften und unseren Beinen.
Dann ist da noch das Fett, das die meisten Sportlerinnen, mit denen ich trainiere, immer noch mit einem Schimpfwort belegen, obwohl man ohne Fett weder trainieren noch laufen, ja, nicht einmal leben kann. Die meisten von uns meinen, wenn sie an Fett denken, die Fettpolster, die wir unter der Haut sehen (normalerweise an Stellen, an denen wir sie nicht sehen wollen). Das ist unser Speicherfett. Das sind die Energiereserven, die wir ansammeln. Dieses Fett dient auch als Polster und bildet wichtige Hormone wie Adiponektin, das die Insulinsensitivität steuert (das Hormon, das dem Körper dabei hilft, Blutzucker zu verwerten und zu speichern). Wir benötigen etwas Speicherfett, um Bestleistungen erbringen zu können, allerdings nicht im Überfluss. Das meiste Fett, das Sie nicht im Spiegel sehen, ist essenzielles Körperfett, das sich in den Nerven, im Knochenmark und in den Organen befindet. Bei Männern beträgt der Anteil von essenziellem Fett 4 Prozent, bei Frauen sind es hingegen 12 Prozent (weil wir so konstruiert sind, dass wir Kinder gebären!). Bei Frauen bestehen auch die Brüste überwiegend aus Fettgewebe.
Wie viel Fett Männer oder Frauen mit sich herumschleppen, hängt in hohem Maß von der Lebensweise ab, aber man kann auch nicht über die Tatsache hinwegsehen, dass es sehr verschiedene Körpertypen gibt. Einige Menschen gehören einfach zu den endomorphen Typen. Sie sind eher kräftig gebaut und haben mehr Körperfett. Auf der anderen Seite der Skala gibt es die schlanken ektomorphen Menschen, die von Natur aus dünn sind. Und dazwischen stehen die mesomorphen Körpertypen, die dazu neigen, schlank und von Natur aus muskulös zu sein. Man kann auch eine Mischung aus zwei Körpertypen sein, zum Beispiel mesomorph mit endomorphen Neigungen. Wie sportlich aktiv Sie sind und welche sportliche Aktivität Sie ausüben, kann einen Einfluss darauf haben, welcher Körpertyp dominiert. Ihre körperliche Aktivität wirkt sich direkt auf Ihre Körperfettanteile und deren Verteilung aus.
Mit dem Thema Körperzusammensetzung werden wir uns ausgiebig in Kapitel 5 befassen, aber im Großen und Ganzen kann man sagen, dass ein gesunder Körperfett-anteil bei Frauen zwischen 12 und 30 Prozent und bei Männern zwischen 5 und 25 Prozent liegt.
In der Welt des Sports werden Muskeln normalerweise geschätzt, während Fett für schlecht gehalten wird. Doch wie ich die Dinge sehe, ist das, woraus Sie bestehen, wichtig. Aber noch wichtiger ist, was für einen Einfluss das, woraus Sie bestehen, darauf hat, was Sie tun und/oder tun wollen. Nehmen Sie zum Beispiel zwei Fahrradfahrer. Ein Mann mag große Brustmuskeln und große Bizeps haben, aber diese schweren Oberkörpermuskeln werden ihn nur belasten, wenn er einen 10-Prozent-Anstieg bewältigen muss. Eine Frau hingegen, deren Oberkörper leichter gebaut ist, die jedoch in den Hüften und in den Beinen über Kraft verfügt, wird es viel leichter haben, den Berg hinaufzustrampeln.
In gleicher Weise dominieren Frauen häufig beim Freiwasserschwimmen. Dem Info-Portal Open Water Source zufolge schneiden Frauen oft besser ab als ihre männlichen Wettkampfgegner, insbesondere auf längeren Strecken. Tatsächlich beträgt die durchschnittliche Schwimmzeit von Frauen im Santa Catalina Kanal – eine anstrengende, 34 Kilometer lange Strecke von der südkalifornischen Küste zur Insel Santa Catalina – 7 Minuten weniger als die durchschnittliche Schwimmzeit von Männern. Darüber hinaus halten Frauen die Gesamtrekorde in beide Richtungen – vom Festland zur Insel und von der Insel zur Küste. (Im Jahr 1976 stellte Penny Dean mit 7:15:55 den Rekord für die Strecke vom Festland zur Insel auf, und Karen Burton stellte im Jahr 1994 mit 7:37:31 den Rekord für die Strecke von Santa Catalina zum Festland auf.)
Und vergessen wir nicht, dass Diana Nyad im Jahr 2013 der erste Mensch war, der in atemberaubenden 52 Stunden und 54 Minuten die 178,41 Kilometer lange Strecke von Kuba nach Florida schwamm. Fett hat mehr Auftrieb als Muskeln, sodass eine zusätzliche Polsterung im offenen Wasser durchaus ein entscheidender Vorteil sein kann.
FRAUEN IN ACTION: UNSERE CARDIO- UND AUSDAUERLEISTUNGSFÄHIGKEIT
Egal ob man Marathonläufe absolviert, mit dem Fahrrad an Gran Fondos teilnimmt, bei Triathlons antritt oder sich einfach nur sportlich betätigt, um fit zu bleiben – das Training funktioniert bei beiden Geschlechtern ähnlich. Wenn Sie länger und härter trainieren, werden Sie fitter. Ihr Körper kann mehr Sauerstoff aufnehmen und verwerten (das ist Ihre maximale Sauerstoffaufnahmekapazität VO2max), Sie können Ihr Tempo erhöhen, bevor Ihre Muskeln die Segel streichen (das ist Ihre Laktatschwelle, die sich bemerkbar macht), Sie werden stärker und schlanker (Sie bauen Muskeln auf und verbrennen Fett) und Ihre Leistung verbessert sich.
Doch von dem Freiwasserschwimmen-Beispiel abgesehen, überflügeln Männer uns trotzdem in allen Kategorien. Sie laufen schneller, gehen schneller und fahren schneller Fahrrad als wir. Vom 800-Meter-Lauf bis hin zum Marathon liegen die Weltrekordzeiten von Frauen ungefähr um 11 Prozent unter denen der Männer.
Warum ist das so? Nun ja, aus dem gleichen Grund, aus dem die Fahrerin eines Toyota Prius ein paar gerissene Manöver hinlegen muss, wenn sie ein Rennen gegen einen Ford Mustang gewinnen will: Wir starten mit einem kleineren Motor. Als Frau haben Sie ein kleineres Herz, ein geringeres Herzvolumen, eine kleinere Lunge (25 bis 30 Prozent weniger Kapazität als Männer) und einen niedrigeren diastolischen Druck (der Druck in den Arterien, wenn das Herz zwischen zwei Schlägen erschlafft und die Ventrikel sich wieder mit Blut füllen), was uns dafür prädisponiert, niedrigere maximale Herzschlagfrequenzen zu haben und bei Hitze anfälliger für eine Dehydrierung zu sein. Das bedeutet auch, dass unser Herz mit jedem Schlag weniger sauerstoffreiches Blut pumpt – das Herzzeitvolumen von Frauen ist ungefähr 30 Prozent niedriger als das von Männern.
Weniger sauerstoffreiches Blut bedeutet, dass wir häufiger atmen müssen, und infolgedessen müssen unsere Atemmuskeln wie die Muskeln des Zwerchfells und die Zwischenrippenmuskeln härter arbeiten und benötigen eine Menge Energie. Wie andere Skelettmuskeln sind die Atemmuskeln darauf angewiesen, dass ausreichend Blut fließt, damit sie ihren Sauerstoffbedarf decken können. Wenn Sie bei der Atemarbeit höhere Sauerstoffaufwendungen haben, wird Ihr Köper Ihren Atemmuskeln bei maximaler Belastung wahrscheinlich eine erhöhte Blutzufuhr zukommen lassen. Wenn Sie dann das Tempo erhöhen und schwer atmen, kann es schwierig sein, beim Laufwettkampf gegen Männer mitzuhalten, weil weniger Blut in Ihre Beine fließt.
Testosteron verleiht Männern ebenfalls einen kleinen Vorteil, weil das männliche Sexualhormon die Produktion roter Blutkörperchen erhöht, die Sauerstoff aufnehmen und zu den arbeitenden Muskeln transportieren. Im Durchschnitt haben Männer 6 Prozent mehr rote Blutkörperchen als Frauen, und die Hämoglobinkonzentration (Hämoglobin ist das Molekül im Blut, das den Sauerstoff transportiert) im Blut von Männern ist 10- bis 15-mal höher