Prof. Dr. med. Marion Kiechle

Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels


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Bestimmt kennen Sie das Gefühl, ständig an den Kühlschrank zu müssen, wenn Sie eine Nacht oder eine längere Zeit schlecht geschlafen haben: Durch den verringerten Leptinspiegel geht unser Körper davon aus, dass sich unsere Fettreserven dem Ende zuneigen. Unser sorgsames Gehirn meldet Hunger, obwohl eigentlich gar kein weiterer Energiebedarf besteht. Die Folge: Es wird mehr Fett für die vermeintlich schlechten Zeiten zurückgelegt.

      Ein weiteres Hormon sorgt dafür, dass wir bei verringerter Nachtruhe zusätzlich hungriger werden: Bei Menschen mit kurzer Schlafdauer kann man erhöhte Werte des appetitanregenden Hormons Ghrelin im Blut messen. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zeigen daher einen direkten Zusammenhang zwischen Schlafdauer und Gewichtszunahme. Schlafen wir durchschnittlich weniger als sechs Stunden pro Nacht im Vergleich zu den empfohlenen sieben bis acht Stunden, so haben wir ein 60 Prozent höheres Risiko für die Entwicklung von Adipositas. Es liegt auch nahe: Wer weniger schläft und länger wach ist, hat mehr Gelegenheiten und Zeit zum Essen. »Wer schläft, sündigt nicht!« – dieser Satz trifft definitiv auch für den »sündigen« Griff in den Kühlschrank oder die Süßigkeitenschublade zu.

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      Geschlechterfettverteilung

      Frauen haben durchschnittlich mehr Fett als Männer: Während es bei Männern durchschnittlich 15 Kilogramm Depotfett sind, haben Frauen 15 bis 20 Kilogramm – bei Normalgewichtigen versteht sich. Wir Frauen brauchen einfach deshalb mehr Speicherfett, damit wir in jedem Fall dafür ausgestattet sind, eine Schwangerschaft durchzustehen und auch den Nachwuchs stillen zu können. Es ist quasi ein Gesetz der Fortpflanzung und dieses kann sich nicht darauf verlassen, dass die Umwelt uns über die Nahrung ausreichend Energie liefert. Energie muss vielmehr direkt an Ort und Stelle in Form von Fruchtbarkeitsfett an Po und Oberschenkeln zur Verfügung stehen.

      DAS MÄNNLICHE FETTVERTEILUNGSMUSTER FÜHRT ZU EINER BIRNENFÖRMIGEN SILHOUETTE, WÄHREND DIE TYPISCH WEIBLICHE FETTVERTEILUNG EINEM APFEL GLEICHT.

      Sie ahnen es sicher schon: Es sind natürlich die Hormone schuld daran, dass wir Frauen im Vergleich zu Männern an unterschiedlichen Stellen des Körpers Fett speichern. Beim Mann dominiert Testosteron – und bei uns die Östrogene. Das sorgt für die unterschiedlichen Körperformen von Mann und Frau und beeinflusst auch die unterschiedliche Fettverteilung. Dank der Östrogene sammelt sich bei uns Frauen das Fett besonders an Hüften, Po und Oberschenkeln an. Sie sorgen zusammen mit gewebespezifischen Lipoproteinasen für die typischen weiblichen Rundungen, die, wie bereits erwähnt, in erster Linie dazu dienen, dass für den möglichen Eintritt einer Schwangerschaft genügend Fettreserven vorhanden sind. Da diese im Unterhautfettgewebe des Bauchs praktisch nicht vorhanden sind, kann somit hier kein Fortpflanzungsfett angelegt werden. Das ist auch gut so, denn im Hinblick auf eine Schwangerschaft wird der Platz im Bauch fürs Baby gebraucht. Fett am Bauch hingegen ist typisch für den Mann. Aber hier nicht zu früh freuen: Frauen, die einen Östrogenmangel aufweisen – sei es wegen der Wechseljahre oder aufgrund von Hormonstörungen –, können einen Bauchansatz entwickeln. Das männliche Fettverteilungsmuster führt also eher zu einer birnenförmigen Silhouette, während unsere typisch weibliche Fettverteilung der Form eines Apfels gleicht.

      Da sie unter dem Einfluss von unseren weiblichen Hormonen stehen, bekommt die Verpackung unserer einzelnen Fettzellen zu Gewebeläppchen eine andere Struktur und Konsistenz – siehe dazu die Grafik auf >. Bindegewebsstränge, die unterschiedlich verlaufen, umgeben die Fettläppchen und befestigen sie zwischen Muskel und Haut. Während bei uns Frauen die Kollagenfasern des Bindegewebes parallel und senkrecht zu Muskel und Haut verlaufen und so dem Fett mehr Freiraum lassen, haben Männer zusätzliche quere Kollagenfasern, die dem Fettgewebe mehr Halt geben und es fester verpacken. Das weibliche Fettgewebe ist dadurch lockerer und elastischer als bei Männern – im Fall einer Schwangerschaft eine wichtige Eigenschaft.

      Nur kann es daher Ausbuchtungen und Dellen entwickeln, die mangels fester Kollagenfasern dann als Cellulite, auch Orangenhaut genannt, zu sehen sind. Gut 90 Prozent aller Frauen entdecken diese ungeliebten Erscheinungen an Oberschenkeln, Oberarmen, Bauch oder am Po.

      GUT 90 PROZENT ALLER FRAUEN ENTDECKEN CELLULITE AN OBERSCHENKELN, OBERARMEN, BAUCH ODER AM PO.

      Wie stark ausgeprägt die Dellenlandschaft ist, liegt vor allem in den Genen. Und hier leider noch mal eine schlechte Nachricht: Wegcremen lassen sich die Dellen auf keinen Fall. Die beste Strategie gegen Cellulite: die Kombi aus guter Ernährung und Muskelkräftigung, um somit Fettgewebedepots in normalen Ausmaßen bei sich zu tragen.

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      DER EINFLUSS VON KÖRPERFETT AUF UNSERE GESUNDHEIT

      Wann ist Körperfett gesundheitlich wertvoll und wann wird es zu viel? Zu Beginn ein kleiner Faktencheck. Der hinlänglich bekannte Body-Mass-Index (BMI) sowie der Taillenumfang sind zwei einfache Messmethoden, die Auskunft darüber geben. Sie haben beide ihre Schwächen – so unterscheidet der BMI nicht zwischen Muskel- und Fettgewebe, sodass bei sehr muskulösen Menschen die Werte zu hoch ausfallen können. Beim Taillenumfang kann an der falschen Körperstelle gemessen werden und der Wert wird dadurch nicht stimmig. Dennoch zeigen beide Werte bei den allermeisten Menschen an, ob unsere Gesundheit durch zu viel Fettgewebe gefährdet ist. Beim BMI wird das Körpergewicht in Kilogramm durch die Größe in Metern zum Quadrat geteilt. Ein BMI zwischen 19 und 25 ist im Alter von 18 bis 50 Jahren normal. Untergewicht besteht ab einem BMI unter 19, Übergewicht ab einem BMI über 25 und schweres Übergewicht (Adipositas) ab einem BMI von über 30. Für Menschen ab 50 Jahren hat sich gezeigt, dass ein BMI zwischen 26 und 29 lebensverlängernd wirkt. Und dann gibt es noch das berühmte Wohlfühlgewicht, das ab über 50 Jahren zwischen BMI 19 und 29 liegen darf.

      Für die Gesundheit noch aussagekräftiger ist der Taillen- oder Bauchumfang. Diesen sollten Sie morgens vor dem Frühstück messen und sich mit einem Maßband gerade vor einen Spiegel stellen. Ziehen Sie das Band dann auf der Höhe des Bauchnabels einmal um den Bauch herum und lesen Sie den Wert ab.

      FÜR FRAUEN GILT EIN TAILLENUMFANG VON ÜBER 88 ZENTIMETER UND FÜR MÄNNER VON ÜBER 102 ZENTIMETER ALS RISIKOFAKTOR.

      Sie haben es bereits erfahren: Im Bauchfett oder viszeralen Fett werden viele für die Gesundheit nachteiligen Botenstoffe und entzündungsfördernden Stoffe gebildet. Daher ist es für die Gesundheit schädlicher als Fett an einer anderen Körperstelle. Für Frauen gilt ein Taillenumfang von über 88 Zentimeter und für Männer von über 102 Zentimeter als sehr großer Risikofaktor für Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt, aber auch für Krebs. Das Risiko beginnt jedoch bereits ab einem Bauchumfang von mehr als 80 Zentimeter bei Frauen und mehr als 94 Zentimeter bei Männern zu steigen.

      DIE BIA-MESSUNG

      Wenn Sie es ganz genau wissen möchten, wie es um Ihren Körperfettanteil bestellt ist, können Sie dies mittels einer sogenannten Bioelektrischen Impedanzanalyse, einer BIA-Messung, bestimmen lassen. Dabei werden mit Wechselstrom die elektrischen Eigenschaften Ihres Körpers gemessen und daraus der Wasseranteil, der Fettanteil und der Anteil der sogenannten fettfreien Masse errechnet. Der große Vorteil ist, dass dieses Verfahren bei gesunden Menschen mit einem ausgeglichenen Salz-Wasser-Haushalt sehr verlässlich ist. Im Vergleich zu professionellen Geräten, die es im medizinischen Umfeld gibt, sind die Fettwaagen, die Sie im Handel erwerben können, allerdings eher ungenau.

      Neben