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Sprachenübergreifendes Lernen


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      Abbildung 3: Auswertung des Selbsteinschätzungsbogens; Deskriptor „Ich kann mein Lernen selbständig gestalten“

      Die Auswertung zeigt, dass alle SchülerInnen nach eigener Einschätzung allein arbeiten können (Item 1). Bei der Initiierung von Lernaktivitäten und deren Aufrechterhaltung (Item 2), besteht hingegen noch Förderungsbedarf. Weiterhin zeigt sich, dass immerhin acht von 16 SchülerInnen nach eigenen Angaben die Strategie des intelligent guessing anwenden (Item 6). Bei der Analyse von fremdsprachlichen Strukturen und deren Vergleich mit der Mutter- oder vorgelernten Sprachen hingegen besteht noch Förderungsbedarf (Item 3). Interessant ist, dass fünf SchülerInnen es als nicht wichtig erachten, Wörter in der Muttersprache zu suchen, die neuen Vokabeln im Französischen ähnlich sind. Dies spricht dafür, dass hier ein Förderungsbedarf in Bezug auf die Bewusstheit besteht, auch interlinguale Ähnlichkeiten zwischen Französisch und Deutsch fruchtbar zu machen.

      4.2 Zur Konzeption und zur Durchführung der Unterrichtsreihe

      Die Unterrichtsreihe orientierte sich inhaltlich an der Leitfrage „Pourquoi apprendre le français – est-ce que l’anglais ne suffit pas ?“. Die Zukunftsbedeutung des Themas ergab sich aus dem lebensweltlichen Bezug, d.h. dem Erwachsenwerden in einer globalisierten Welt, in der Fremdsprachenkenntnisse u.a. mit Blick auf das zukünftige Berufsleben sowie Mobilitätserfahrungen unabdingbar sind. Kommunikativer Kompetenzschwerpunkt war die Förderung von Sprachmittlungs- sowie Sprechkompetenzen. Als Materialien kamen neben einer Sprachmittlungssaufgabe u. a. mehrsprachige Lieder des französischen Sängers Manu Chao sowie Auszüge aus dem Film L’auberge espagnole zum Einsatz, die als Redeanlässe dienten. Als differenzierende Maßnahme war eine Stationenarbeit zu romanischer Interkomprehension vorgesehen, bei der die SchülerInnen auf Grundlage von Französisch eine bisher ungelernte romanische Sprache nach Wahl (Spanisch oder Italienisch) selbständig erschlossen und diesen Prozess reflektierten. Den Abschluss der Unterrichtsreihe bildete die Durchführung einer fishbowl-Diskussion, bei der die SchülerInnen in der Fremdsprache die Leitfrage der Unterrichtsreihe diskutierten und dabei auf die Erfahrungen zurückgriffen, die sie im Rahmen der Reihe gemacht hatten. Im Folgenden werden zwei Stunden aus der Reihe herausgegriffen und deren Durchführung skizziert. Dabei werde ich auch Rückgriff auf ausgewählte SchülerInnenprodukte nehmen.

      4.2.1 L’auberge espagnole

      In dieser Stunde stand die Arbeit mit Filmauszügen aus l’auberge espagnole1 von Cédric Klapisch im Mittelpunkt2. Das Filmmaterial passte nicht nur inhaltlich in die Unterrichtsreihe, sondern eignete sich auch aufgrund von interlingualen Vergleichsmöglichkeiten zur Förderung von Mehrsprachigkeit. Es wurden folgende Lernziele angestrebt: 1. Die SchülerInnen können die mehrsprachigen Kommunikationssituationen inhaltlich nachvollziehen (Hörsehverstehen). 2. Die SchülerInnen können Wörter in einer unbekannten Sprache heraushören. 3. Die SchülerInnen können die phonetisch-graphematischen Beziehungen zwischen den ihnen zur Verfügung stehenden Sprachen vergleichen (SLK).

      Um eine Hörseherwartung aufzubauen, die das inhaltliche Verstehen der Sequenzen im Sinne eines scaffolding unterstützen sollte, erfolgte zunächst die Beschreibung des Filmplakats durch die SchülerInnen. Im Anschluss daran zeigte ich zweimal einen ersten Filmauszug von ca. 2 Minuten. Diese Szene ist in der Originalfassung nicht übersetzt, d. h. sie findet auf Spanisch bzw. Katalanisch statt. Die Filmsequenz spielt an der Universität, die Erasmus-Studierenden haben Mühe, dem auf Katalanisch referierenden Professor zu folgen. Um zunächst das Globalverstehen zu sichern, beantworten die SchülerInnen die Fragen Où se passe la scène ? und Qui sont les protagonistes ?. Danach schloss sich eine Phase des Detailverstehens an, bei der die SchülerInnen die Fragen Que font les protagonistes ? und Quel est le problème ? beantworteten. Die Sicherungsphase erfolgte im Plenum. Anhand der hohen SchülerInnnenbeteiligung und der Antworten wurde deutlich, dass das Lernziel 1 in vollem Umfang erreicht werden konnte. Daraufhin wurde eine zweite Filmsequenz gezeigt, in der Erasmus-Studierende das Für und Wider der Mehrsprachigkeit in Europa auf Spanisch diskutieren. Der Arbeitsauftrag lautete: Quels mots comprenez-vous ? Notez-les. Der Filmauszug wurde zweimal gezeigt, um den SchülerInnen die Möglichkeit zu geben, Lücken aus dem ersten Durchgang zu schließen. Die Sicherung erfolgte im Plenum, ich hielt die Wörter an der Tafel fest. In der sich anschließenden Erarbeitung sollten die SchülerInnen diese Wörter mit den ihnen zur Verfügung stehenden Sprachen in Form von Wortserien vergleichen und dabei ihre Reflexionen festhalten.

      Um das Erreichen der Lernziele 2 und 3 deutlich zu machen, beziehe ich mich im Folgenden auf ausgewählte Produkte von zwei Schülerinnen (Marina, Steffi) und einem Schüler (Jannik), die mit Auszügen aus den Lernprotokollen trianguliert werden.3 Jannik hält folgendes in seinem Lernprotokoll fest: „Ce que j’ai appris de nouveau : Spanische Endungen -dad, - o und -a häufig (1). Mes stratégies: Erst alle spanischen Wörter eintragen, dann übersetzen was ich kann und anschließend Wörterbuch (2). Mes réactions: Interessant, wie sich die Sprachen ähneln und unterscheiden (3).“ Es zeigt sich, dass es Jannik gelingt, Lexeme zu segmentieren und entsprechende Endungen im Spanischen zu identifizieren (1). In seinem Schülerprodukt finden sich zahlreiche Wortserien, u.a. identidad (span.), identité (frz.), identity (engl.), Identität (dt.), dazu notiert er „Spanisch -dad, frz. - té, Englisch -ty, Deutsch: -tät“. Allerdings lässt er bei seinen Vergleichen den Artikel außer Acht, der bei sämtlichen Lexemen weiblich ist, was zu einer zusätzlichen Bewusstmachung geführt hätte. Bei der Wortserie combinar (span.), combiner (frz.), to combine (engl.), kombinieren (dt.) zeigt sich, dass er das bildungssprachliche Wort ‚kombinieren‘ mobilisiert und nicht etwa das alltagssprachliche Wort ‚zusammensetzen‘. Hier hätten sich weitere intralinguale Vergleichsmöglichkeiten in Bezug auf das Deutsche anschließen können, indem der Frage nachgegangen wird, wieso mehrere Wörter mit derselben Bedeutung existieren. Grundsätzlich weist vieles darauf hin, dass er bei der Aufgabe planvoll vorgeht, da er sie in einzelne Schritte unterteilt und externe Ressourcen hinzuzieht (2). Schließlich lässt sich ein gewisses Interesse an interlingualen Vergleichen ablesen (3).

      Bei Marina ist auffällig, dass sie ihre Italienischkenntnisse in ihr Schülerprodukt integriert. Ihre Wortserien umfassen insgesamt fünf Sprachen, außerdem fügt sie die Artikel der Substantive hinzu: un momento (span.), un moment (frz.), a moment (engl.), ein Moment (dt.), uno momento (ital.). Dazu notiert sie: „Man kann sehen, ob es ein Nomen, ein Adjektiv oder Verb ist. Man kann erkennen, ob es männlich oder weiblich ist, z.B. durch o am Ende eines Wortes (m.) oder a (f).“ Marina analysiert die Lexeme und segmentiert deren Endungen, was sie zu deren Geschlecht führt. Im Lernprotokoll hält sie fest: „Intérêt pour le sujet : Ich finde es sehr interessant, mehr über andere Sprachen zu erfahren (1). Motivation: Mehr über andere Sprachen erfahren und mit ihnen klarkommen (2). Ce que j’ai appris de nouveau : mehrere Wörter (3)“. Grundsätzlich zeigt Marina eine Offenheit und Neugier gegenüber unbekannten, bisher ungelernten Sprachen (1). Außerdem spricht vieles dafür, dass sie am Erlernen weiterer Sprachen interessiert ist (2). Bei der globalen Aussage, „mehrere Wörter“ gelernt zu haben, hätte sie allerdings genauer sein können. Dies zeigt, dass ihre SLK noch zu fördern ist, was sich mit Befunden aus ihrem Schülerprodukt deckt. Zu dem spanischen Syntagma „una única identidad“ notiert sie „una = Artikel“, única = Nomen“. Sie achtet dabei nicht auf den Kotext und die weitere Wortfolge, sondern nimmt die erstbeste Entsprechung, sodass sie übersieht, dass es sich bei única um ein vorangestelltes Adjektiv handelt. Hieran wird deutlich, dass Hypothesen der SchülerInnen bspw. mit einem Wörterbuch oder im Unterrichtsgespräch zu verifizieren sind.

      Steffi verfasst ihr Lernprotokoll auf Französisch und in einem Fließtext:

      J’aimais faire cet exercice parce que j’ai aperçu que c’étaient les mêmes mots en français, anglais ou d’autres langues (1). La seule petite difficulté était l’orthographe avec les accents ou des terminaisons (2). Ma motivation était que si je peux transposer des mots, je peux comprendre des mots d’autres langues aussi (3). Ma stratégie était de trouver des règles, par exemple en espagnol j’ai trouvé