Elisabeth Swoboda

Sophienlust Staffel 15 – Familienroman


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      Wieder musterte der Schimmel ihn aufmerksam. Ich glaube, er versteht mich wirklich, dachte Nick und streichelte Pedros schönes weißes Fell. Morgen werde ich ihn reiten, beschloss er.

      Als Nick in den Park zurückkam, hatten sich die Kinder in einzelne Gruppen aufgelöst. Ein paar spielten Ball. Die Kleineren saßen im Gras und flochten Blumenkränze. Und Irmela räumte zusammen mit Pünktchen den Tisch ab. Denise half ihnen dabei.

      *

      Es war genau vierzehn Tage nach dem Fest. Wie jeden Tag ging Nick nach dem Frühstück zuerst zum Stall, um Pedro zu begrüßen. Doch Pedros Platz war leer.

      Ruckartig blieb Nick stehen. Er schaute sich im Stall um. Doch Pedro blieb verschwunden. »Das gibt’s doch gar nicht«, murmelte der Junge. Er lief schnell aus dem Stall hinaus und in den Park hinein.

      Dort spielte Henrik mit sich selbst Federball. »Warum rast du denn wie ein wild gewordener Fliegenfänger durch die Gegend, großer Bruder?«

      Nick blieb stehen und fuhr sich mit beiden Händen durch’s Haar. »Pedro ist verschwunden.«

      »Waas?« Augenblicklich war das Federballspiel vergessen.

      »Wahrscheinlich durchgegangen.«

      »Dann müssen wir ihn suchen«, rief Henrik aufgeregt. »Wohin kann er denn gelaufen sein?«

      »Keine Ahnung. Ich weiß ja auch gar nicht, wie lange er schon weg ist.« Nick war sichtlich verstört. »Ich möchte bloß wissen, wie er aus dem geschlossenen Stall herausgekommen ist. Sag bitte Vati Bescheid. Ich setze mich auf mein Fahrrad und radle die Umgebung ab.«

      »Okay. Ich komme dir nach.« Henrik lief zum Haus. »Vati«, rief er schon in der Halle. »Vati!«

      Alexander von Schoenecker trat langsam aus seinem Arbeitszimmer. In Gedanken war er noch bei seinen Rechnungen. »Was ist denn passiert? Warum schreist du so?«

      »Pedro ist verschwunden. Nick meint, dass er durchgegangen ist.«

      »Das muss er ja wohl, wenn er nicht mehr da ist.«

      »Nick ist losgeradelt, um Pedro zu suchen. Darf ich ihm nachfahren, Vati?«

      Alexander von Schoenecker nickte. »Fahr schon los. Ich hole mein Pferd aus dem Stall und reite die Felder und Wiesen ab. Allzu weit kann Pedro ja nicht sein.«

      Doch das erwies sich als ein Trugschluss. Alexander von Schoenecker ritt die ganze Umgebung ab, aber er fand keinen Hinweis darauf, dass der Schimmel durchgegangen war. Es hatte ihn auch niemand gesehen.

      In Sophienlust traf der Gutsherr mit Nick zusammen. Aber schon der besorgte Ausdruck seines Stiefsohnes verriet ihm, dass auch dessen Suche erfolglos geblieben war.

      »Hast du ihn gefunden, Vati?«, fragte Henrik. Sein Gesicht war erhitzt vom schnellen Radfahren.

      »Nichts, keine Spur.« Alexander stieg ab.

      »Wir auch nicht«, sagte Nick. »Verstehst du das, Vati?«

      Alexander von Schoenecker schüttelte den Kopf. Er stand vor einem Rätsel. Dass ein Pferd durchbrannte, kam schon einmal vor. Aber dass es dann einfach unauffindbar blieb, war verdächtig.

      »Da ist noch etwas Komisches, Vati. Der alte Justus sagt, er hätte heute Nacht so komische Geräusche gehört.«

      »Was für Geräusche?«, fragte Alexander.

      Doch das wusste Nick auch nicht. »So genau konnte er es nicht erklären. Eben Geräusche, sagte er. Vielleicht kannst du einmal selbst mit ihm sprechen, Vati?«

      Das tat Alexander von Schoenecker auch. Er erfuhr von Justus, dass sich die Geräusche wie Pferdegalopp angehört hätten. Das ließ darauf schließen, dass Pedro tatsächlich durchgebrannt war.

      Als Alexander zum Herrenhaus zurückkam, hatten sich sämtliche Kinder vor dem Eingang versammelt.

      »Sie wollen mir suchen helfen«, sagte Nick. »Wir schwärmen aus und durchsuchen das ganze Gelände. Aber wir haben noch eine Bitte, Vati. Kannst du mich oder Henrik schnell zum Tierheim fahren? Wir möchten Munko mitnehmen. Er kann uns suchen helfen.«

      Munko war ein ausgedienter Polizeihund. Bei einem Einsatz war er verletzt worden und lahmte nun. Trotzdem konnte man ihn zum Suchen noch sehr gut verwenden. Seit einiger Zeit lebte er im Tierheim Waldi & Co.

      Alexander gab Justus die Zügel seines Pferdes. »Ist ein Wagen frei?«

      »Ja«, sagte Nick. »Ein Wagen schon. Nur kein Fahrer. Deshalb dachte ich, du könntest mich schnell hinüberfahren.«

      Alexander nickte, »Komm, wir fahren schnell.«

      Als Nick mit Munko zurückkam, waren die Kinder schon in das Gelände ausgeschwärmt. Doch Nick holte sie mit seinem Fahrrad schnell wieder ein.

      »Vielleicht ist er in den Wald gelaufen«, meinte Pünktchen. »Die Hälfte von uns sollte den Wald durchkämmen.«

      Damit war Nick sofort einverstanden. Denn die Felder und Wiesen in der näheren Umgebung hatte er ja schon mit seinem Stiefvater abgesucht. »Such, Munko«, spornte er den ehemaligen Polizeihund an.

      Munko begann auch sofort an der Leine zu zerren und loszulaufen. Doch bald schon blieb er wieder ratlos stehen.

      Nick legte beide Hände an den Mund und rief nach den anderen. »Hört ihr uns?«

      »Ja«, schallte es zurück.

      »Irgendeine Spur?«, fragte Nick schreiend.

      »Nichts.«

      Resigniert ließ Nick die Arme hängen. In diesem Moment fürchtete er zum ersten Mal, dass Pedro für immer verschwunden bleiben könnte. Diese Vorstellung tat ihm weh. Sehr sogar.

      Plötzlich spürte Nick, dass Pünktchen ihre Finger in seine Hand schob.

      »Wir finden ihn bestimmt, Nick.«

      »Aber wir haben doch schon die ganze Umgebung von Schoeneich und Sophienlust abgesucht«, sagte Nick verzweifelt.

      »Vielleicht ist er noch weiter weggelaufen. Bis in ein Nachbardorf.« Pünktchen wollte ihren Freund trösten. Nur deshalb sagte sie das.

      Nick griff den Gedanken jedoch sofort auf. »Wenn er auch hier im Wald nicht ist, dann setze ich mich aufs Fahrrad und fahre im Umkreis von zwanzig Kilometern alle Dörfer ab.«

      »Das schaffst du aber heute nicht mehr«, gab Pünktchen zu bedenken.

      »Ja, du hast recht.« Der große Junge schüttelte betrübt den Kopf.

      Am späten Nachmittag kamen alle Kinder müde und ohne Hoffnung zurück.

      »Habt ihr ihn nicht gefunden?«, fragte Else Rennert, die Heimleiterin.

      »Nein.« Irmela schüttelte betrübt den Kopf. »Wir waren überall. Beim See, im Wald. Aber wir konnten den Schimmel nicht finden.«

      »Das ist komisch«, meinte die Heimleiterin. »So ein großes Pferd kann doch nicht einfach verschwinden.«

      »Wahrscheinlich ist er zu weit weggelaufen«, überlegte Irmela. »Irgendwo muss er ja sein. Schließlich kann sich ein Pferd nicht plötzlich in Luft auflösen.« Sie drehte sich zu Nick um. »Wir suchen morgen weiter.«

      »Okay«, sagte Nick. »Ich radle jetzt zurück nach Schoeneich. Vielleicht weiß Vati etwas. Er wollte mit der Polizei telefonieren.«

      Dieses Telefonat hatte Denise ihrem Mann abgenommen. Aber auch sie hatte keine positive Nachricht für Nick. »Niemand hat einen Schimmel gesehen«, berichtete sie, als Nick und Henrik nach Hause kamen.

      Nick hätte am liebsten geheult, so unglücklich war er. »Ob ich noch einmal mit dem Rad losfahre, Mutti?«

      »Heute Abend noch?«, fragte Denise. »Aber, Nick, dazu ist es doch schon zu spät. Die nahe Umgebung habt ihr doch schon gründlich abgesucht. Da ist er nicht. Und für die weitere Umgebung ist es heute