konnte, zog Danny den Schlüssel für die Tür des Sprechzimmers aus der Brusttasche seines Hemdes. »Sie werden dann abgeholt«, sagte er und schloss die Tür auf.
»Doktor Norden, geht es Ihnen gut?«, fragte Thea sichtlich erleichtert, als Danny plötzlich vor ihr stand. Sie und ihre Kollegen hatten sich vor der Außentreppe zum Keller versammelt, die neben dem Eingang zur Praxis lag.
»Mir geht es gut. Ich wäre Ihnen allerdings dankbar, wenn Sie meinen letzten Patienten des Tages im Sprechzimmer abholen würden. Ich gehe davon aus, dass er eine Weile schlafen wird«, erzählte Danny der Kommissarin.
»Sie haben ihm ein Schlafmittel verpasst?«, fragte Thea schmunzelnd.
»Ortrud hat mir dabei geholfen.«
»Ortrud, die Katze der Mais?«, wunderte sich Thea.
»Ich nehme an, Sie wollen die ganze Geschichte hören.«
»Unbedingt. Aber vielleicht sollten Sie erst einmal ihre Nachbarinnen informieren, dass es Ihnen gut geht. Ich komme dann dazu, sobald wir unser Paket verstaut haben«, sagte sie, als zwei ihrer Kollegen mit Arnold, der mehr geschleift wurde, als er lief, aus dem Haus kamen.
»Dann bis gleich«, sagte Danny und schloss die Praxistür ab. Er brauchte jetzt dringend einen Ortswechsel. Er würde Theas Bitte nachkommen und zu den Mais gehen.
*
»Daniel«, flüsterte Olivia, die ihm die Tür öffnete. »Es tut mir so leid«, entschuldigte sie sich.
»Sie haben Arnold Berheim nicht zu mir geschickt«, sagte er.
»Nein, aber Sie mussten wegen mir leiden.«
»Doc, da sind Sie ja!«, rief Ophelia. Sie drängte sich an ihrer Mutter vorbei, umarmte Danny und zog ihn ins Haus.
»Danke für deinen Anruf«, sagte Danny und strich Marius liebevoll über den Kopf, als der Junge aufsprang, als er das Esszimmer betrat.
»Habe ich gern gemacht«, entgegnete Marius sichtlich stolz, dass Danny ihn gelobt hatte.
»Wo ist Ortrud?«, fragte Danny und sah sich nach der Katze um.
»In der Küche, sie hat gerade Futter bekommen«, sagte Ophelia. »Warum, was ist mit ihr?«, wollte sie wissen.
»Sie hat mir geholfen, Arnold Berheim außer Gefecht zu setzen. Ich danke dir, meine Schöne«, sagte er, als Ortrud gleich darauf mit erhobenem Schwanz aus der Küche kam und sich an Dannys Beine schmiegte.
»Was hat sie gemacht?«, wollte Ophelia wissen.
»Warten wir, bis Frau Seeger kommt, dann muss ich die Geschichte nur einmal erzählen.«
»Wir werden uns gedulden«, sagte Olivia. »Wie wäre es, wenn ich uns Pizza vom Italiener liefern lasse?«, fragte sie in die Runde.
»Super Idee«, stimmte Ophelia dem Vorschlag ihrer Mutter zu.
»Sind Sie auch einverstanden?«, wollte Olivia von Danny wissen.
»Ja, ich bin dabei«, sagte er.
»Schade, dass ich nach Hause muss«, murmelte Marius enttäuscht.
»Meine Mutter könnte deine Mutter anrufen, dass du zum Essen bei uns bleibst«, schlug Ophelia vor.
»Echt?«
»Rufe deine Mutter an, und gib sie mir«, unterstützte Olivia den Vorschlag ihrer Tochter. »Frau Meier, Olivia Mai«, meldete sie sich, als Marius ihr den Hörer gleich darauf reichte. Als Cordula Meier sich mit der Einladung ihres Sohnes zum Essen einverstanden erklärte, versprach Olivia ihr, dass sie dafür sorgen würde, dass Marius danach sicher nach Hause kam.
»Das wird Thea Seeger sein«, sagte Ophelia, als es an der Tür läutete und sie hinging, um zu öffnen. »Ihr? Habt ihr gehört, was los ist?«, fragte sie aufgeregt, als Lydia und Sophia vor der Tür standen.
»Wir wissen nur, dass es Ärger in der Praxis gab«, antwortete Lydia. Sie hatte vor ein paar Minuten ihre Mutter angerufen, um ihr zu sagen, dass sie von ihrem Feuerwehreinsatz zurück war, und musste hören, dass ihre Mutter wegen eines Polizeieinsatzes in der Praxis war. Sie hatte sofort Sophia abgeholt, um nach Danny zu sehen. »Geht es Ihnen gut?«, fragte sie besorgt, als sie und Sophia Ophelia ins Esszimmer folgten und Danny am Tisch sitzen sahen.
»Mir geht es gut, aber danke, dass ihr nach mir sehen wollt«, sagte er. Wenn die beiden von ihnen als Team sprachen, war das nicht nur ein Spruch, sie waren wirklich ein Team, das sich umeinander kümmerte. Das wurde ihm erneut bewusst.
»Auch Pizza?«, fragte Olivia die beiden.
»Gern«, sagte Lydia, die noch nicht zu Abend gegessen hatte, und auch Sophia nickte zustimmend. Sie hatte gerade ihrer Mutter einen Teller mit der Nudelpfanne, die sie zubereitet hatte, ans Bett gebracht, als Lydias Anruf kam. Danach war sie sofort aufgebrochen.
Nachdem Olivia die Pizza bestellt hatte, kam Thea, die inzwischen auch Dannys Handy gefunden hatte und es ihm zurückgab. Sie setzten sich alle an den Esstisch, um sich Dannys Schilderung der Ereignisse in seiner Praxis anzuhören. Auch Ottilie wollte sich die Geschichte nicht entgehen lassen. Sie kam aus ihrem Zimmer herunter und legte sich in eine Decke eingekuschelt auf das Sofa im Esszimmer.
Während Danny erzählte, was in der Praxis passiert war, und Olivia ihn darüber aufklärte, woher sie Arnold Berheim kannte und dass sie ihn in einer Klinik vermutet hatte, machte sich Thea Notizen, um ihren Bericht über diesen Einsatz zu schreiben.
»Ich verspreche Ihnen, dass Arnold Berheim weder Ihnen noch Ihrer Familie noch Ihnen Doktor Norden je wieder zu nahekommen wird. Ich werde dafür sorgen, dass Sie über den Aufenthalt dieses Mannes stets auf dem neuesten Stand bleiben«, versicherte Thea allen Betroffenen.
»Danke, Frau Seeger.« Olivia zweifelte nicht daran, dass Thea ihr Versprechen halten würde. Sie vertraute ihr.
Als die Pizza eintraf, konnte Olivia auch Thea noch dazu überreden, mit ihnen zu essen. Sie wusste, dass das, was Arnold zu Danny gesagt hatte, dass die Menschen in ihrer neuen Umgebung ihr nicht guttaten, ganz und gar nicht zutraf. Das Gegenteil war der Fall.
Nach dem Essen übernahm es Thea, Marius nach Hause zu fahren, was den Jungen mit Stolz erfüllte. Schließlich war Thea eine echte Kommissarin, und er hatte ihr bei einem Einsatz geholfen. Bald darauf verabschiedeten sich auch Sophia und Lydia, und wenig später wünschte Ottilie Olivia und Danny eine gute Nacht und zog sich in ihr Zimmer zurück.
»Ich gehe dann auch schlafen. Es war ein echt aufregender Tag«, sagte Ophelia und gähnte hinter vorgehaltener Hand. »Das heißt aber nicht, dass Sie schon gehen müssen, Doc. Ortrud hat es sich gerade so gemütlich gemacht und wäre sicher traurig, wenn Sie nicht noch ein paar Minuten blieben«, erklärte sie lächelnd und kraulte Ortruds Kopf, die es sich auf Dannys Schoß bequem gemacht hatte.
»Vielleicht will deine Mutter aber auch schlafen gehen«, entgegnete Danny und sah Olivia an.
»Nein, will sie nicht«, antwortete Olivia lächelnd.
»Alles klar, gute Nacht«, sagte Ophelia. Sie küsste ihre Mutter auf die Wange und zwinkerte Danny zu, bevor sie das Zimmer verließ und die Treppe hinauflief.
»Wie wäre es mit einem Glas Wein, Doktor Norden?«, fragte Olivia.
»Vorhin, als ich kam, nannten Sie mich beim Vornamen.«
»Ich erinnere mich. Ich war so erleichtert, dass Ihnen dieser Mann nichts angetan hatte, dass es mir einfach so herausgerutscht war.«
»Ich fand, es hörte sich gut an. Für meine Familie und meine Freunde bin ich bisher immer Danny gewesen, sozusagen der kleine Daniel der Nordens.«
»Als Abgrenzung zu Ihrem Vater, der auch Daniel heißt.«
»Richtig. Ich bin meinen Eltern dankbar, dass sie mir diesen schönen Namen gegeben haben, und es würde mir gefallen, wenn mich jemand auch bei diesem Namen nennen würde.«
»Gut. Ich heiße