Rudolf Bieker

Soziale Arbeit studieren


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warum Sie welches Wissen erwerben sollen. Lehrinhalte sollten sich dadurch rechtfertigen können, dass sie in einen Zusammenhang mit den im Berufsleben erforderlichen Handlungskompetenzen stehen.

      Neben motivationalen Komponenten spielen situative Bedingungen eine wichtige Rolle beim konzentrierten Zuhören (ausgeschlafen sein; sich fernhalten von »kommunikativen« → Kommiliton*innen; Sitzplatz in räumlicher Nähe zur Lehrperson; Abstellen des Handys; keine ablenkenden Unterlagen auf dem Tisch; Hinweise an die Lehrperson, wenn diese zu schnell vorgeht; Vorbereitung auf die → Vorlesung durch Rekapitulation des Stoffs der letzten Sitzung).

      Entscheidend für das erfolgreiche Zuhören ist im Übrigen das Mitdenken und Mitschreiben, nicht aber das stenografische Festhalten des Gehörten. Mitdenken führt zu einem Abgleich des Gehörten mit bereits bekannten Inhalten. Dadurch entstehen wiederum Fragen, die entweder in der Lehrveranstaltung ad hoc angesprochen oder im Rahmen der Nachbereitung (s. u.) angegangen werden können. Halten Sie diese Fragen unmittelbar fest. Da der Stoff häufig aufeinander aufbaut, setzt das Verstehen des Gehörten grundsätzlich die regelmäßige Teilnahme an einer Lehrveranstaltung voraus.

      Mitschreiben

      Das Mitschreiben ist nicht nur für das unabdingbare Wiederholen und Vertiefen des Stoffes erforderlich, sondern stellt selbst auch eine aktive Verarbeitung des Gehörten dar. Das Speichern der Informationen im Gedächtnis wird durch Mitschreiben erleichtert. Um etwas aufschreiben zu können, muss man das Gehörte weitgehend verstanden haben. Wörtliches Mitschreiben ist weder sinnvoll noch möglich. Es behindert das Mitvollziehen des Gesprochenen, führt zu kaum lesbaren, schlecht gegliederten und überlangen Aufzeichnungen. Die Folge ist: Sie verspüren kaum noch Lust, sich mit Ihren Aufzeichnungen nachgehend noch weiter zu beschäftigen (vgl. auch Heister u. a. 2007, 7). Beschränken Sie sich darauf, zentrale Aussagen stichpunktartig, aber aussagekräftig in eigenen Worten festzuhalten. Achten Sie auf Schlüsselworte und -sätze wie »Ursachen von …«, »Voraussetzungen für …«, »Folgen von …«, »Schlussfolgerungen« »steht im Widerspruch zu«, »Theorie behauptet«, »dieser Ansatz ist umstritten«, »Drei Punkte will ich besonders hervorheben …«, »einerseits – andererseits«, »Um was geht es hierbei?«, »Diesen Begriff kann man wie folgt definieren«, »Ich fasse noch einmal kurz zusammen«. Oft gibt der Dozent auch Hinweise zur Bedeutung eines Sachverhaltes (»Das könnten Sie sich merken.«).

      Wichtig ist beim Mitschreiben, die gedankliche Gliederung des Vorgetragenen zu erkennen (»roter Faden«). Dabei helfen Ihnen die Folien, die üblicherweise bei einer → Vorlesung oder einem → Seminarvortrag zum Einsatz kommen. Hilfreich ist es, wenn diese Folien vor Beginn der Veranstaltung als Papierfassung vorliegen, sodass Sie das Skript punktgenau ergänzen können. Alternativ können Sie auch am Laptop Notizen in die Datei schreiben, wenn diese vorab als Download zur Verfügung gestellt wurde.

      Nutzen Sie zur Erleichterung des Schreibvorgangs ein Abkürzungssystem, das Sie sich schon im ersten → Semester aneignen sollten (image Tab. 6). Gehen Sie mit Ihrem Schreibblock großzügig um, sodass Sie bei der Nachbereitung immer wieder Erläuterungen und Ergänzungen hinzufügen können. Halten Sie dazu einen breiten Außenrand auf Ihren Seiten frei bzw. die Rückseiten. Digitale Notizen haben den Vorteil, dass deren Anordnung verschoben werden kann. Es lassen sich später leicht ergänzende Notizen hinzufügen, ohne dass die Übersichtlichkeit verloren geht. Ob Sie Ihr Notebook dem Schreibblock bei der Mitschrift vorziehen, sollten Sie im Zweifelsfall ausprobieren.

Images

      WortbeispieleAbkürzungsvorschlag

      Vor- und Nachbereiten

      Mit der Vorbereitung auf eine Lehrveranstaltung öffnen Sie sich für das behandelte Themenfeld. Dies kann bereits in der veranstaltungsfreien Zeit geschehen, indem Sie Literaturhinweisen, z. B. im kommentierten Vorlesungsverzeichnis, folgen. Während des Vorlesungsbetriebs bedeutet Vorbereitung, sich den Stoff der letzten Sitzung am Vortag einer Veranstaltung wieder in Erinnerung zu rufen. Hierbei können sich offene Fragen ergeben. Bitten Sie Ihre Lehrperson ggf., diese Fragen zu Beginn der Lehrveranstaltung aufzugreifen. Die Annahme, dass »nur Sie« etwas nicht begriffen haben, trifft fast nie zu. Tragen Sie durch mutiges Fragen zu einer Lernkultur bei, in der Fragen kein Defizit anzeigen, sondern als Zeichen des aktiven, ergebnisorientierten Lernens gewertet werden. Ihr Fragen hilft auch den anderen sich zu trauen.

      Mit Ihren Fragen geben Sie den → Lehrenden eine aktive Rückmeldung darüber, was von ihrem Vortrag bei Ihnen noch nicht hinreichend angekommen ist.

      Genauso wie Sie eine Lehrveranstaltung vorbereiten, sollten sie diese auch regelmäßig nachbereiten. Erst dadurch erfolgt eine Verankerung des Stoffs im Langzeitspeicher Ihres Gehirns. Nachbereiten bedeutet: Die Mitschrift Schritt für Schritt durchzugehen und die stichpunktartig angefertigten Notizen zu vervollständigen und zu ergänzen. Dies gewährleistet, dass Sie Ihre Notizen später erheblich besser nachvollziehen können. Skripte, aus denen Sie später nicht mehr schlau werden, weil sie zu »mager«, »chaotisch« oder unverständlich sind, nützen Ihnen nichts! Prüfen Sie bei Ihrem Durchgang, ob Sie das Notierte wirklich verstanden haben. Notieren Sie sofort, was Ihnen unklar geblieben ist. Überlegen Sie, wie Sie an die richtige Antwort gelangen können. Hier ist oft eine Lerngruppe von großem Wert (image Kap. A-3.6) oder die Rückfrage an die Lehrperson. Rück fragen per E-Mail ermöglichen dieser, sich auf die Antwort in der kommenden Sitzung vorzubereiten.

      Ergänzungen der Mitschrift können z. B. in der Einfügung von strukturbildenen/die Struktur wiederherstellenden Überschriften, in Erläuterungen, in selbst gefundenen Beispielen oder eingefügten Definitionen aus Lexika bestehen. Empfehlenswert ist, den gehörten Stoff möglichst auch grafisch aufzubereiten. Fertigen Sie eigene Schaubilder oder Mindmaps an, um Inhalte und ihre Beziehungen zueinander auch mit dem Auge als »zweitem Kanal« erschließen zu können. Das Auf- und Durcharbeiten fördert nicht nur das Verstehen der Materie, sondern ermöglicht Ihnen auch die schnelle Rekapitulation des Stoffs in der »heißen Phase« vor der Prüfung.

      Eine besonders intelligente Form der Nachbereitung liegt darin, den Stoff mit selbst entwickelten Prüfungsfragen auszustatten (Beispiel: Haben Gewaltdelikte Jugendlicher nach der polizeilichen Kriminalstatistik zugenommen oder abgenommen?). Dazu können Sie eine analoge oder digitale Karteikarte (»Lernkarte«) nutzen, die auf der Vorderseite Ihre Frage und auf der Rückseite Ihre Antwortnotizen enthält, ergänzt um einen Hinweis auf die Stelle im Manuskript, wo Sie den Sachverhalt bei Bedarf noch einmal nachlesen können (image Kap. F-4.2).

      Lernkarten dienen nicht nur der Prüfungsvorbereitung, sondern auch der Selbstkontrolle »zwischendurch«: Ist das Gelernte bereits fest im Gedächtnis verankert oder bedarf es weiterer Wiederholung?

      Reicht die Zeit zur Klärung offener Fragen nicht aus, setzen Sie diese auf eine To-Do-Liste, um diese bei nächster Gelegenheit angehen zu können. Bei dieser konsequenten Lernstrategie können Sie sich beim Herannahen der Prüfungen auf die nochmalige Wiederholung des Stoffs konzentrieren. Sie müssen sich nicht mühselig wieder in eine Materie hineinarbeiten, die bis dahin nur halbherzig Eingang in Ihre Mitschriften und kaum einen Zugang zu Ihrem Gedächtnis gefunden hatte.

      Wenn Sie Ihre Nachbereitung noch am Tag der Lehrveranstaltung betreiben, ist Ihnen vieles noch präsent, was Ihnen Tage später bereits entfallen ist. Rechnen Sie mit etwa 45–60 Minuten Routine-Nachbereitungszeit für eine 90-minütige Lehrveranstaltung. Beachten Sie hierbei Hinweise, den Stoff selbstständig durch Lesen zu vertiefen.

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