John Matthews

DIE SIDHE


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machte zumindest auf verrückte Art Sinn.

      Offenbar hatte mir der Mund eine Weile offen gestanden, oder vielleicht beunruhigte Keith mein Schweigen, denn er unterbrach meinen Gedankenfluss, indem er fragte, ob alles in Ordnung sei.

      »Oh, ja«, sagte ich ein wenig zögerlich, »ich habe nur nachgedacht.« Ich zwang mich zur Konzentration. »Ich würde mir das Monument gerne noch einmal anschauen. Vielleicht etwas Zeit allein dort verbringen. Ist das okay?«

      »Natürlich«, entgegnete Keith. Er schien erleichtert zu sein. »Ich muss heute Morgen nach Dublin. Ich kann dich in Gortnasheen absetzen und später wieder abholen. Dann kannst du dort ein paar Stunden ungestört verbringen.«

      Ich war einverstanden und holte mein Notizbuch. Schweigend fuhren wir zu dem geheimnisvollen künstlichen Hügel, und Keith winkte fröhlich zum Abschied, ehe er den Wagen wendete und in einer Wolke aus Auspuffqualm davonfuhr.

      Ich schaute ihm nach und wandte mich dann dem Hügel zu.

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      Was, um alles in der Welt, wollte ich hier? Dann erinnerte ich mich an den Traum, und an die sonderbare Aufforderung meines nächtlichen Besuchers, hierher zurückzukehren. Also gut, hier war ich, hatte aber keine Ahnung, was als Nächstes geschehen würde. Ich wusste nur, dass ich, um es herauszufinden, in die Kammer gehen musste.

      Ich kroch durch den engen Eingang und fand an der schon bekannten Stelle die Taschenlampe. Außerdem lagen dort zwei Kerzen und eine Schachtel Streichhölzer, die ich ebenfalls mitnahm. Rückblickend erkenne ich, dass ein Teil von mir die Szene aus meinem Traum nachbilden wollte, einschließlich des flackernden Kerzenlichts.

      In der Kammer zündete ich die Kerzen an und stellte sie zu beiden Seiten der (wie ich sie inzwischen gedanklich bezeichnete) Großen Glyphe auf den Boden. Dann schaltete ich die Taschenlampe aus und setzte mich vor das Spiralsymbol. Dabei kam ich mir ein wenig lächerlich vor.

      Ich bin mir bis heute nicht sicher, was dann geschah, auch wenn es im Rückblick ziemlich offensichtlich erscheint. Vielleicht schlief ich ein. Vielleicht träumte ich. Aber was sich auch abgespielt haben mag (und letztlich ist das sowieso unwichtig) … ich sah eine schemenhafte Gestalt, die allmählich klarer hervortrat, bis ich wieder in die Augen des Mannes aus meinem Traum schaute.

      Nun wirkte er irgendwie solider und realer, als sorgte meine Vertrautheit mit seinem Anblick für eine klarere Sicht. Ich erkannte, dass sein Haar silbern schimmerte – obwohl sein Gesicht völlig faltenlos war. Doch ist es ohnehin nicht sinnvoll, das Alter eines solchen Wesens in Jahren zu messen. Er war alt und jung zugleich, alterslos und zeitlos, so wie es derartige Boten wohl sein müssen.

      Weder zu diesem Zeitpunkt noch später verspürte ich in seiner Gegenwart Angst. Das mag sonderbar erscheinen, da die meisten von uns (mich eingeschlossen) nicht daran gewöhnt sind, mit Wesen aus einer anderen Welt zu sprechen. Aber von Anfang an erschienen mir die Anwesenheit meines Besuchers und die Gespräche, die ich mit ihm führte, vollkommen natürlich. Nie fühlte ich mich auf irgendeine Weise in Gefahr. Ganz im Gegenteil ging von ihm ein starkes Gefühl der Freundschaft und Verbundenheit aus. Das ist meine Antwort an alle, die fragen: Woher wusstest du, dass du diesem Wesen trauen konntest? Ich wusste es einfach, gleich von Anfang an. Und dieses Gefühl blieb während all unserer Begegnungen bestehen.

      »Ich freue mich, dass du gekommen bist«, sagte er. Seine Stimme war leise, hallte aber etwas, als gäbe es dort, von wo er zu mir sprach, eine Art Echo.

      »Ich muss einfach mehr erfahren«, entgegnete ich. Das schien mir der beste Einstieg in ein Gespräch zu sein.

      Ein Lächeln erschien auf seinem ernsten Gesicht. »Das war unsere Hoffnung«, sagte er.

      »Wer seid ihr?«, fragte ich.

       »Ich bin einer der Sídhe. Das sind jene, die ihr das Feenvolk nennt.«

      »Bist du real?«

       »Das hängt davon ab, was du mit real meinst.«

      »Darf ich dich berühren?«

       »Wenn es dir dann leichter fällt, mir zu glauben.«

      Ich streckte meine zugegebenermaßen etwas zittrigen Finger aus und berührte seine schlanke Hand dort, wo sie auf seiner Taille ruhte. Was spürte ich? Mir fällt heute noch schwer, es zu beschreiben. Es war, als hätte ich etwas berührt, das zugleich vorhanden und nicht vorhanden war, fest und nicht fest. Sein »Fleisch« – wenn es Fleisch war – fühlte sich kühl an, und irgendwie unwirklich.

      Und doch war es ohne Zweifel real, jedenfalls für meine Ansprüche. Ich begriff, was er mit der Formulierung meinte: »Was du mit real meinst.« Es war eine völlig neue Erfahrung für mich, für die ich noch keine Maßstäbe hatte.

      Ich zog meine Hand zurück, äußerst bemüht, es nicht zu hastig zu tun. Ich rang mit meinen Gedanken und Eindrücken. Ich dachte: Wenn du zweifelst, stelle Fragen.

      »Warum hast du beschlossen, mit mir zu sprechen?«

       »Weil die Zeit dafür reif ist. Weil du mir zuhören wirst. Weil wir eurem Volk viel zu erzählen haben, solange ihr uns noch hören könnt.«

      »Dazu sind heute nur noch wenige von uns in der Lage«, sagte ich.

       »Das ist wahr, und um so dringlicher ist unsere Botschaft an euch.«

      »Wie soll ich dich nennen?«, fragte ich.

       »Namen sind zu mächtig, um sie leichthin mitzuteilen. Ich würde dich auch nicht mit deinem Namen anreden, und doch unterhalten wir uns. Ist es nicht so?«

      Ich nickte.

       »Gut. Sagen wir einfach, dass ich einer vom Volk der Sídhe bin und du ein Mensch. Das genügt für den Zweck unseres Gesprächs, nicht wahr?«

      »Selbstverständlich«, sagte ich. »Aber – wie stellst du dir dieses Gespräch vor?«

      »Ich schlage vor, dass ich spreche und du zuhörst«, sagte mein Besucher mit der leichten Andeutung eines Lächelns.

      »Darf ich mir Notizen machen?«

       »Wenn du es wünschst.«

      Und so begann das erste unserer vielen Gespräche – oder, besser gesagt, Monologe, da ich kaum redete, außer wenn ich hin und wieder eine Verständnisfrage stellte. Ich machte mir auch nur selten Notizen, da ich meistens wie gebannt an den Lippen meines Gesprächspartners hing. Ich vergaß es einfach, weil ich so sehr von der Botschaft aus der Welt der Feen fasziniert war.

      Doch ich vergaß nur selten, was er sagte, ja, es fiel mir leicht, mich an alle seine Worte mit einer Klarheit zu erinnern, die neu für mich war. Auch erschien es unangemessen, seine Mitteilungen elektronisch aufzuzeichnen. Zwar versuchte ich es einmal, aber es gelang nicht. Obwohl ich seine Worte in ein Mikrofon flüsterte, fast wie ein Simultandolmetscher, war auf dem Tonband hinterher nichts zu hören. Das Gerät hatte nicht aufgezeichnet.

      Am Ende unseres ersten Treffens in der Kammer unter dem Hügel fragte ich ihn, ob es weitere Gespräche geben würde, und wenn ja, wie und wo. Ich konnte nicht immer wieder nach Gortnasheen kommen, zumal dessen Zukunft, wie bei allen diesen Ausgrabungsstätten, ungewiss war. Mein Besucher antwortete, ich möge die Glyphe durchpausen und eine sorgfältige Kopie anfertigen. Es genüge dann, diese bei mir zu Hause an die Wand zu hängen, mich davor hinzusetzen und zu meditieren. Das würde es ihm ermöglichen, mit mir in Kontakt zu treten.

      Als die Zeit kam, dieses Buch zu schreiben, und sich die Möglichkeit abzeichnete, es herauszubringen, war ich eine Weile unsicher, was die Veröffentlichung der Glyphe anging. Doch mein Gesprächspartner versicherte mir, dass es gut ist, wenn die Glyphe möglichst vielen Leuten zugänglich gemacht wird. Umso mehr Menschen würden dadurch in die Lage versetzt, die Macht der Sídhe persönlich zu erleben.

      Zu diesem Zweck habe ich am Ende des Buches