Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - In die Pfanne gehauen


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nachmittag.“

      „Wie stehťs mit einer bedingten Freilassung? Schließlich wirft man dir ja nur fahrlässige Tötung vor.“

      „Plus Siegelbruch“, sagte Grummond. „Ich kann jederzeit hier ’raus. Ich muß fünfzigtausend Dollar Kaution hinterlegen.“

      „Das dürfte dir doch nicht allzu schwerfallen.“

      Grummond nahm sich eine neue Zigarette.

      „Doch, tut es. Da ist nämlich noch eine Kleinigkeit. Die Diamond-Erben haben nämlich eine Schadenersatzforderung in Höhe von mehreren Millionen angemeldet, die sich gegen mich richtet. Es gelang ihnen natürlich, diese Forderung bei Gericht glaubhaft zu machen und einen Arrestbeschluß durchzuführen. Mein ganzes Vermögen liegt fest; alle Konten sind blockiert. Ich kann mir nicht einmal mein eigenes Essen hierherkommen lassen. In diesem ganzen lausigen Kittchen dürfte ich derzeit der ärmste Schlucker sein.“

      „Bill, alter Knabe, du hast doch bestimmt irgendwo ein verstecktes Bankkonto.“

      „Kleiner Irrtum — ich habe nie für möglich gehalten, einmal in eine derartige Situation zu kommen. Ich verfüge über keine fünf Dollar.“

      „Junge, das sieht allerdings übel aus.“

      „Begreifst du jetzt, warum ich mir nicht einmal einen Anwalt nehmen konnte? Kein Anwalt, der etwas taugt, wird für mich arbeiten, wenn ich ihm nicht Vorkasse biete. Die Aussicht, daß ich nach dieser Geschichte restlos pleite bin, steht neunzig zu zehn, und niemand setzt sich gern für einen Pleitegeier in die Nesseln. Dazu kommt, daß die öffentliche Meinung und die Presse sich gegen mich stellen werden. So etwas wie das Diamond-Unglück hat es noch nie gegeben, und die Meute verlangt ihr Opfer. Ich habe aber verdammt wenig Lust, mich für einen schmierigen kleinen Ganoven erledigen zu lassen. Ich weiß genau, daß das Seil in tadellosem Zustand war. Ich fühle mich frei von aller Schuld.“

      „Okay“, sagte Joe. „Es wird ein verdammt hartes Stück Arbeit werden, herauszufinden, wer das Seil angesägt hat.“

      „Joe, wenn einer es kann, kannst du es.“

      „Ich will sehen, was ich tun kann.“ Joe erhob sich. „Das Dringendste scheint mir allerdings, die Kaution für dich aufzutreiben. Ich werde einmal mit den Diamond-Leuten reden.“

      2. Kapitel

      Über die Schwierigkeiten seiner Aufgabe gab Joe sich keinen Illusionen hin. Aber er hielt sie nicht für unlösbar. Es gab nur einen begrenzten Kreis, in dem der Täter zu suchen war, und der Mann mußte einen Grund haben, seinem Chef eins auszuwischen. Das waren handfeste Anhaltspunkte. Dazu kam, daß es sich möglicherweise nicht um einen Berufsverbrecher handelte, der Mann also keine Routine in solchen Dingen hatte, und daß er nervös war. Alles Pluspunkte für Privatdetektiv Joe Barry. Für wichtiger hielt es Joe, Grummond aus dem Gefängnis herauszuholen. Der arme Teufel steckte wahrhaftig in einer üblen Situation. Er fuhr zum Verwaltungsgebäude der Diamond Company.

      Das war ein altes Gebäude am Hafen. Joe verstand, daß die Gesellschaft sich entschlossen hatte, einen Neubau zu errichten. Der Portier meldete ihn an, und ein ächzender Fahrstuhl beförderte ihn nach oben.

      Im Vorzimmer empfing ihn ein bildhübsches junges Mädchen.

      „Sie haben Glück, Mr. Walker. Die Erben beraten sich gerade mit ihrem Anwalt“, sagte sie.

      Joe lächelte sie an.

      „Hoffentlich bleibt das Glück mir treu“, sagte er.

      „Hoffentlich“, lächelte sie zurück.

      Gleich darauf ertönte der Summer, und eine kratzende Stimme sagte über den Lautsprecher:

      „Schicken Sie ihn herein, Miß Paladinb.’“ Die Stimme klang nicht sehr sympathisch.

      Joe kam durch eine schwere, gepolsterte Doppeltür und hatte anschließend dicke Perserteppiche unter den Füßen. Der Raum war dunkel getäfelt, Das Modell eines Segelschiffes hing unter der Decke. An den Wänden hingen die Bilder von Dampfern. Genauso stellte man sich das Chefbüro einer Reederei vor.

      Hinter dem mächtigen Schreibtisch saß ein schwergebauter Mann mit eisengrauem Haar und Tränensäcken unter den Augen. Er blickte auf, als Joe hereintrat, und sagte eilig:

      „Mr. Walker? Mein Name ist Barlowe, Dale Barlowe. Ich bin Rechtsanwalt und vertrete die Erbengemeinschaft.“ Er blickte zu der Gruppe hinüber, die sich in den schwarzen Ledersesseln neben dem Schreibtisch versammelt hatte, und sagte mit leiser Ironie in der Stimme: „Ladys and Gentlemen, das ist Mr. Walker, der berühmte Detektiv, der als Privatdetektiv Joe Barry Ihnen allen vermutlich ein Begriff ist. Mr. Walker, darf ich vorstellen: Miß Daphne Fitzgerald, die Nichte von Mr. Diamond.“

      Joe deutete eine leichte Verbeugung an. Daphne Fitzgerald war eine kühle, blonde Schönheit in einem teuren Chanelkostüm. Sie sah ihn an, ohne daß ihr Blick sonderliches Interesse zeigte.

      „Mr. Irwin Diamond“, sagte der Anwalt gewichtig.

      Irwin war ein junger Mann, etwa Ende Zwanzig, mit einem blasierten Gesicht, eine Spur zu modisch gekleidet, um elegant zu sein.

      „Ebenfalls ein Neffe von Mr. Diamond“, sagte Barlowe. „Und hier Mr. Fillmore Diamond, der einzige Vetter von Mr. Diamond.“

      Von Fillmore war zuerst nichts zu sehen als ein paar lange, spitze Knie in einer khakifarbenen Hose. Fillmore lag mehr im Sessel als daß er saß; ein ungeheuer großer, dürrer Mann mit einem sonnenverbrannten Gesicht und einem rötlichen Schnurrbart. Im Mundwinkel hing eine brennende Zigarette, die den Geruch von Stallmist im Raum verbreitete.

      Dale Barlowe räusperte sich.

      „Mr. Fillmore Diamond ist heute erst aus Sonoraya gekommen. Er besitzt dort eine Plantage.“

      „Sonoraya — liegt das nicht irgendwo in Südamerika?“ fragte Joe.

      „British Guyana“, sagte Fillmore, und die Zigarette hüpfte in seinem Mundwinkel. Er hatte eine tiefe Stimme.

      „Kommen wir zur Sache“, sagte der Anwalt. „Mr. Walker, ich nehme an, Sie kommen im Auftrag von Mr. Grummond!“

      „Wieso nehmen Sie das an?“ fragte Joe zurück.

      „Nun — wir wissen zufällig, daß Sie Mr. Grummond heute früh im Untersuchungsgefängnis gesprochen haben.“

      „Ihr Nachrichtendienst ist beachtlich“, sagte Joe.

      „Das zeichnet den guten Juristen aus. Er muß die Tatsachen kennen. Was also wollen Sie von uns?“

      „Ich bin ein guter Freund von Bill Grummond“, sagte Joe. „Und da ich den Eindruck gewonnen habe, daß hier ein paar Irrtümer bestehen …“

      „Wollen Sie etwa das Unglück als Irrtum hinstellen?“ sagte Barlowe schneidend und warf einen raschen Blick Zu seinen Klienten, um zu sehen, ob er Eindruck machte.

      Joe schüttelte den Kopf.

      „Den guten Juristen zeichnet aus, daß er nichts mißversteht. Ich spreche nicht von dem Unglück, sondern von den Schlußfolgerungen, die Sie daraus ziehen. Sie behaupten, Grummond persönlich sei dafür verantwortlich.“

      „Woran wohl kein Zweifel bestehen dürfte.“

      „Woran aber erhebliche Zweifel bestehen“, sagte Joe. „Ich habe mich bisher nur vorläufig mit der Geschichte befaßt, aber mein Eindruck ist schon ziemlich klar. Offensichtlich liegt ein Sabotageakt vor, vielleicht verübt von jemandem, der Grummond schaden wollte und die Folgen seines Tuns nicht überblickt hat.

      Barlowe machte eine wegwerfende Handbewegung.

      „Das sind vage Behauptungen, Mr. Walker. Wir halten uns lieber an die Tatsachen.“

      Joe sagte leise, aber mit Nachdruck:

      „Wenn es so ist, werde ich auch den Nachweis dafür erbringen. Was das für ihre angebliche