Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - In die Pfanne gehauen


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muß ich Sie bitten, zu gehen.“

      „Von Beleidigung ist keine Rede. Ich weise nur darauf hin, daß Ihre Situation schon morgen die sein kann, daß Sie mit einer Millionenforderung in der Hand dastehen, aber als Schuldner irgendeinen armseligen Bauarbeiter vor sich haben.“

      „In dem Fall habe ich dann Peeh gehabt“, sagte Barlowe lässig.

      „Sie? Nein, Ihre Klienten“, sagte Joe und sah die Gruppe, die gespannt zuhörte, an.

      Barlowe trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum.

      „Worauf wollen Sie mit Ihrer Geschichte hinaus?“

      „Sie haben Grummonds gesamtes Vermögen pfänden lassen.“

      „Durch Gerichtsbeschluß!“

      „Grummond sitzt im Gefängnis und kann nicht einmal die fünfzigtausend Dollar Kaution aufbringen. Ich möchte Ihnen vorschlagen, daß Sie diesen Betrag freigeben.“

      „Warum sollten wir das tun?“

      „Weil er ein anständiger Mensch ist, den aller Wahrscheinlichkeit nach keine Schuld an dem Unglück trifft. Sollte es aber wider alles Erwarten doch so sein …“

      „Was dann?“

      „Dann würde er Schadenersatz leisten. Dazu ist er aber nicht in der Lage, wenn er im Gefängnis sitzt und in der Zwischenzeit sein Baugeschäft pleite geht. Oder glauben Sie, daß eine Firma, deren Chef wegen Schulden eingelocht ist, hoch den geringsten Auftrag erhält.“

      Barlowe lachte ironisch.

      „Ihre Argumentation läßt sich sehr einfach zusammenfassen. Erstens habe ich die Äpfel nicht gestohlen, zweitens waren sie unreif und drittens bezahle ich sie.“

      „Sie sind bemerkenswert witzig.“

      „Und sie verkennen, daß wir nicht schuld daran sind, daß Grummond im Gefängnis sitzt. Er hätte das Seil nicht verschwinden lassen dürfen.“

      „Er war es nicht.“

      “Da bin ich anderer Ansicht. Warum waren seine Fingerabdrücke an der Tür? Warum ist der Schlüssel verschwunden, zu dem nur er Zugang hatte?“

      „Das spricht ja gerade für ihn, daß alle Indizien auf ihn weisen. Wäre er es gewesen, hätte er es geschickter angefangen.“

      „Nun, ich verkenne nicht, daß ein richtiger Verbrecher es geschickter angefangen hätte. Aber Grummond ist ja gar kein Verbrecher — er ist nur ein Mann, der grob fahrlässig gehandelt hat und dafür bezahlen muß.“

      Joe zuckte die Achseln.

      „Ihre Einstellung kenne ich zur Genüge, Mr. Barlowe. Was sagen Ihre Klienten dazu?“

      „Meine Klienten haben mich gebeten, sie zu beraten, und ich nehme nicht an, daß sie sich meinem fachlichen Rat verschließen werden.“

      Fillmore Diamond tauchte aus der Tiefe seines Sessels empor.

      „Quasseln Sie nicht soviel, Barlowe. Was Mr. Walker uns vorschlägt, ist Quatsch. Es gibt nicht den geringsten Grund, diesem Grummond einen Gefallen zu tun.“

      Joe sah ihn aufmerksam an. Fillmore sah aus wie der Bösewicht in einem Wildwestfilm. Ein Netz von Falten überzog sein gegerbtes Gesicht mit den tiefliegenden, leblosen Augen. Ihm fehlte nur der schwärze Hut.

      „Mir scheint, Sie haben nicht aufmerksam zugehört“, sagte Joe.

      „Und mir scheint, Sie haben noch nicht begriffen, daß Sie hier als störend empfunden werden“, sagte Fillmore.

      Barlowe grinste breit.

      „Sie sehen selbst, Walker, Ihr Besucl ist unerwünscht.“

      Joe nickte und erhob sich. An der Tür wandte er sich noch einmal um. Sein Blick wanderte über die Gesichter der Anwesenden. Nein, sympathisch wirkte der ganze Verein nicht — am ehesten noch Daphne. Aber ihre marmorne Schönheit spiegelte auch kein Gefühl wider.

      „Eine dritte Version haben wir noch nicht erwähnt“, sagte Joe. „Die erste ist: Fahrlässigkeit von Grummond. Die zweite: Sabotage eines Bauarbeiters. Die dritte wäre Mord. In dem Fall wäre danach zu fragen, wem Jack Diamonds Tod einen Vorteil bringt. Sie sind die gesetzlichen Erben, Ladys and Gentlemen. Halten Sie sich das vor Augen. Good bye.“

      *

      Verärgert verließ Joe das Gebäude. Seine letzte Bemerkung war ein Schuß ins Blaue gewesen. Beim Anblick dieser innerlich jubilierenden Erbenschar hatte er nur mit Mühe an sich halten können, nicht noch mehr zu sagen. Diese Leute waren allesamt durch Jack Diamonds Tod zu vielfachen Millionären geworden und benahmen sich wie die Racheengel, die ihre einzige Aufgabe darin erblickten, Bill Grummond fertigzumachen.

      Joe kannte Bill viel zu gut, um nicht zu wissen, daß Bill sich niemals einer Verpflichtung entziehen würde, wenn sie ihn wirklich traf. Deshalb glaubte er ihm auch, daß das Seil einwandfrei gewesen war, und deshalb würde er nicht eher ruhen, bis er den Verantwortlichen gefunden hatte.

      Er fuhr nach New Rhode hinaus, wo Bill Grummond sein Verwaltungsgebäude und sein Lager hatte. Vor dem Gebäude parkte ein Polizeiwagen, und im Büro traf er auf einen alten Bekannten: Leutnant Myers von der Mordkommission. Myers zog die Brauen bis zur Hutkrempe empor, als er Joe erblickte.

      „Nanu, was treibst du denn hier, Lauser?“

      „Ich spiele ein bißchen Konkurrenz“, grinste Joe.

      „Arbeitest du für Grummond?“

      „Grummond ist ein alter Freund von mir. Insofern bin ich euch eins voraus. Ich glaube ihm, was er sagt, und nehme es als Tatsache, mit der ich arbeiten kann.“

      „Die Polizei hat zum Glück keine Freunde“, sagte Myers. „Wir halten uns an die objektiven Tatsachen, und die sprechen eindeutig gegen deinen Freund. Ich sitze seit zwei Tagen hier und habe jeden Angestellten seiner Firma verhört.“

      „Und?“ fragte Joe.

      „Es gibt nur die eine Erklärung, daß er das Seil selbst gestohlen hat. Niemand sonst hatte einen Schlüssel zu der Baracke. Die Experten aber haben festgestellt, daß das Schloß mit dem Schlüssel und nicht etwa mit einem Dietrich geöffnet wurde. Ein Dietrich hätte Kratzspuren hinterlassen, die nicht festgestellt wurden. Grummond hatte einen Schlüssel.“

      „In seinem Schreibtisch, und der ist verschwunden.“

      „Richtig!“

      „Was ist mit der Möglichkeit, daß jemand den Schlüssel geklaut hat.“

      Myers schüttelte den Kopf.

      „Abwegig. Das Schreibtischfach seinerseits war mit einem Zahlenschloß versperrt, und niemand kannte die Kombination. Ich meine, das spricht eindeutig gegen die Theorie mit dem Saboteur. Dazu kommt, daß es nach meinen Ermittlungen niemanden gibt, der Grummond gehaßt hätte — etwa ein zu Unrecht entlassener Arbeiter.“

      „Es gibt keinen, den ihr kennt.“

      „Das dürfte ungefähr dasselbe sein.“

      „Es gibt aber doch etwas, was für die Theorie mit dem Saboteur spricht“, sagte Joe. „Das bist du selbst, Ron. Du bist von der Mordkommission, und Grummond werft ihr wohl keinen Mord vor, oder?“

      Myers grinste.

      „Jetzt wirst du spitzfindig, Privatdetektiv Joe Barry. Ich habe den Fall bekommen, weil immerhin die Möglichkeit bestand, daß Sabotage vorliegt und in dem Fall womöglich Mord in Frage gekommen wäre. Aber ich meine, das können wir ausschließen.“

      „Hast du herausgefunden, wo das Seil jetzt ist?“

      „Wir haben eine Haussuchung durchgeführt, aber ohne Ergebnis. Weiß der Kuckuck, wo Grummond es versteckt hat. Notfalls erheben wir auch ohne dieses Beweisstück Anklage gegen Grummond.“

      „Hoffentlich geratet ihr nicht