Gustav Weil

Die phantastische Welt der Literatur: 90+ Romane, Märchen & Zauberhafte Geschichten


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dem Weg nach dem goldenen Vogel, und wirst heut Abend in ein Dorf kommen, wo zwei Wirthshäuser einander gegenüber stehen. Eins ist hell erleuchtet, und es geht darin lustig her: da kehr aber nicht ein, sondern geh ins andere, wenn es dich auch schlecht ansieht.“ „Wie kann mir wohl so ein albernes Thier einen vernünftigen Rath ertheilen!“ dachte der Königssohn und drückte los, aber er fehlte den Fuchs, der den Schwanz streckte und schnell in den Wald lief. Darauf setzte er seinen Weg fort und kam Abends in das Dorf, wo die beiden Wirthshäuser standen: in dem einen ward gesungen und gesprungen, das andere hatte ein armseliges betrübtes Ansehen. „Ich wäre wohl ein Narr,“ dachte er, „wenn ich in das lumpige Wirthshaus gienge und das schöne liegen ließ.“ Also gieng er in das lustige ein, lebte da in Saus und Braus, und vergaß den Vogel seinen Vater und alle guten Lehren.

      Als eine Zeit verstrichen und der älteste Sohn immer und immer nicht nach Haus gekommen war, so machte sich der zweite auf den Weg und wollte den goldenen Vogel suchen. Wie dem ältesten begegnete ihm der Fuchs und gab ihm den guten Rath, den er nicht achtete. Er kam zu den beiden Wirthshäusern, wo sein Bruder am Fenster des einen stand, aus dem der Jubel erschallte, und ihn anrief. Er konnte nicht widerstehen, gieng hinein und lebte nur seinen Lüsten.

      Wiederum verstrich eine Zeit, da wollte der jüngste Königssohn ausziehen und sein Heil versuchen, der Vater aber wollte es nicht zulassen. „Es ist vergeblich,“ sprach er, „der wird den goldenen Vogel noch weniger finden als seine Brüder, und wenn ihm ein Unglück zustößt, so weiß er sich nicht zu helfen; es fehlt ihm am Besten.“ Doch endlich, wie keine Ruhe mehr da war, ließ er ihn ziehen. Vor dem Walde saß wieder der Fuchs, bat um sein Leben und ertheilte den guten Rath. Der Jüngling war gutmüthig und sagte „sei ruhig, Füchslein, ich thue dir nichts zu Leid.“ „Es soll dich nicht gereuen,“ antwortete der Fuchs, „und damit du schneller fortkommst, so steig hinten auf meinen Schwanz.“ Und kaum hat er sich aufgesetzt, so fieng der Fuchs an zu laufen, und da giengs über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als sie zu dem Dorfe kamen, stieg der Jüngling ab, befolgte den guten Rath und kehrte, ohne sich umzusehen, in das geringe Wirthshaus ein, wo er ruhig übernachtete. Am andern Morgen, wie er auf das Feld kam, saß da schon der Fuchs und sagte „ich will dir weiter sagen was du zu thun hast. Geh du immer gerade aus, endlich wirst du an ein Schloß kommen, vor dem eine ganze Schaar Soldaten liegt, aber kümmre dich nicht darum, denn sie werden alle schlafen und schnarchen: geh mitten durch und geradeswegs in das Schloß hinein, und geh durch alle Stuben, zuletzt wirst du in eine Kammer kommen, wo ein goldener Vogel in einem hölzernen Käfig hängt. Neben an steht ein leerer Goldkäfig zum Prunk, aber hüte dich daß du den Vogel nicht aus seinem schlechten Käfig heraus nimmst und in den prächtigen thust, sonst möchte es dir schlimm ergehen.“ Nach diesen Worten streckte der Fuchs wieder seinen Schwanz aus, und der Königssohn setzte sich auf: da giengs über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als er bei dem Schloß angelangt war, fand er alles so wie der Fuchs gesagt hatte. Der Königssohn kam in die Kammer, wo der goldene Vogel in einem hölzernen Käfig saß, und ein goldener stand daneben: die drei goldenen Äpfel aber lagen in der Stube umher. Da dachte er es wäre lächerlich, wenn er den schönen Vogel in dem gemeinen und häßlichen Käfig lassen wollte, öffnete die Thüre, packte ihn und setzte ihn in den goldenen. In dem Augenblick aber that der Vogel einen durchdringenden Schrei. Die Soldaten erwachten, stürzten herein und führten ihn ins Gefängnis. Den andern Morgen wurde er vor ein Gericht gestellt und, da er alles bekannte, zum Tode verurtheilt. Doch sagte der König er wollte ihm unter einer Bedingung das Leben schenken, wenn er ihm nämlich das goldene Pferd brächte, welches noch schneller liefe als der Wind, und dann sollte er obendrein zur Belohnung den goldenen Vogel erhalten.

      Der Königssohn machte sich auf den Weg, seufzte aber und war traurig, denn wo sollte er das goldene Pferd finden? Da sah er auf einmal seinen alten Freund, den Fuchs, an dem Wege sitzen. „Siehst du,“ sprach der Fuchs, „so ist es gekommen, weil du mir nicht gehört hast. Doch sei gutes Muthes, ich will mich deiner annehmen und dir sagen wie du zu dem goldenen Pferd gelangst. Du mußt gerades Weges fortgehen, so wirst du zu einem Schloß kommen, wo das Pferd im Stalle steht. Vor dem Stall werden die Stallknechte liegen, aber sie werden schlafen und schnarchen, und du kannst geruhig das goldene Pferd herausführen. Aber eins mußt du in acht nehmen, leg ihm den schlechten Sattel von Holz und Leder auf und ja nicht den goldenen, der dabei hängt, sonst wird es dir schlimm ergehen.“ Dann streckte der Fuchs seinen Schwanz aus, der Königssohn setzte sich auf, und es gieng fort über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Alles traf so ein, wie der Fuchs gesagt hatte, er kam in den Stall, wo das goldene Pferd stand: als er ihm aber den schlechten Sattel auflegen wollte, so dachte er „ein so schönes Thier wird verschändet, wenn ich ihm nicht den guten Sattel auflege, der ihm gebührt.“ Kaum aber berührte der goldene Sattel das Pferd, so fieng es an laut zu wiehern. Die Stallknechte erwachten, ergriffen den Jüngling und warfen ihn ins Gefängnis. Am andern Morgen wurde er vom Gerichte zum Tode verurtheilt, doch versprach ihm der König das Leben zu schenken und dazu das goldene Pferd, wenn er die schöne Königstochter vom goldenen Schlosse herbeischaffen könnte.

      Mit schwerem Herzen machte sich der Jüngling auf den Weg, doch zu seinem Glücke fand er bald den treuen Fuchs. „Ich sollte dich nur deinem Unglück überlassen,“ sagte der Fuchs, „aber ich habe Mitleiden mit dir und will dir noch einmal aus deiner Noth helfen. Dein Weg führt dich gerade zu dem goldenen Schlosse: Abends wirst du anlangen, und Nachts, wenn alles still ist, dann geht die schöne Königstochter ins Badehaus, um da zu baden. Und wenn sie hineingeht, so spring auf sie zu und gib ihr einen Kuß, dann folgt sie dir, und du kannst sie mit dir fortführen: nur dulde nicht daß sie vorher von ihren Eltern Abschied nimmt, sonst kann es dir schlimm ergehen.“ Dann streckte der Fuchs seinen Schwanz, der Königssohn setzte sich auf, und so gieng es über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als er beim goldenen Schloß ankam, war es so wie der Fuchs gesagt hatte. Er wartete bis um Mitternacht, als alles in tiefem Schlaf lag, und die schöne Jungfrau ins Badehaus gieng, da sprang er hervor und gab ihr einen Kuß. Sie sagte sie wollte gerne mit ihm gehen, bat ihn aber flehentlich und mit Thränen er möchte ihr erlauben vorher von ihren Eltern Abschied zu nehmen. Er widerstand anfänglich ihren Bitten, als sie aber immer mehr weinte und ihm zu Fuß fiel, so gab er endlich nach. Kaum aber war die Jungfrau zu dem Bette ihres Vaters getreten, so wachte er und alle anderen, die im Schloß waren, auf, und der Jüngling ward fest gehalten und ins Gefängnis gesetzt.

      Am andern Morgen sprach der König zu ihm „dein Leben ist verwirkt, und du kannst bloß Gnade finden wenn du den Berg abträgst, der vor meinen Fenstern liegt, und über welchen ich nicht hinaus sehen kann, und das mußt du binnen acht Tagen zu Stande bringen. Gelingt dir das, so sollst du meine Tochter zur Belohnung haben.“ Der Königssohn fieng an, grub und schaufelte ohne abzulassen, als er aber nach sieben Tagen sah wie wenig er ausgerichtet hatte, und alle seine Arbeit so gut wie nichts war, so fiel er in große Traurigkeit und gab alle Hoffnung auf. Am Abend des siebenten Tags aber erschien der Fuchs und sagte „du verdienst nicht daß ich mich deiner annehme, aber geh nur hin und lege dich schlafen, ich will die Arbeit für dich thun.“ Am andern Morgen als er erwachte und zum Fenster hinaus sah, so war der Berg verschwunden. Der Jüngling eilte voll Freude zum König und meldete ihm daß die Bedingung erfüllt wäre, und der König mochte wollen oder nicht, er mußte Wort halten und ihm seine Tochter geben.

      Nun zogen die beiden zusammen fort, und es währte nicht lange, so kam der treue Fuchs zu ihnen. „Das beste hast du zwar,“ sagte er, „aber zu der Jungfrau aus dem goldenen Schloß gehört auch das goldene Pferd.“ „Wie soll ich das bekommen?“ fragte der Jüngling. „Das will ich dir sagen,“ antwortete der Fuchs, „zuerst bring dem Könige, der dich nach dem goldenen Schlosse geschickt hat, die schöne Jungfrau. Da wird unerhörte Freude sein, sie werden dir das goldene Pferd gerne geben und werden dirs vorführen. Setz dich alsbald auf und reiche allen zum Abschied die Hand herab, zuletzt der schönen Jungfrau, und wenn du sie gefaßt hast, so zieh sie mit einem Schwung hinauf und jage davon: und niemand ist im Stande dich einzuholen, denn das Pferd läuft schneller als der Wind.“

      Alles wurde glücklich vollbracht,