Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Hände weg von Nancy


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folgte Baxter dem Befehl. Er stieg über die Leiter nach unten und stellte sich neben den Männern an der Reling auf.

      Ein Uniformierter trat neben den Leutnant.

      „Das sind alle; ich habe nachgesehen.“

      Der Leutnant nickte und musterte die Besatzung. Es waren neun Mann. Finster erwiderten sie seinen Blick.

      „Jetzt paßt mal gut auf“, sagte er. „Ich könnte euch auf der Stelle umlegen. Aber ich gebe euch eine Chance. Ihr dürft nach Hause schwimmen — wenn ihr es schafft.“

      Endlich begriff Jeff Baxter, was hier über die Bühne ging.

      „Das ist eine Falle!“ schrie er. „Ihr seid gar keine Cops.“

      „Stimmt“, sagte der Leutnant.

      „Ihr seid Gangster, die sich als Cops verkleidet haben.“

      „Keine Beleidigungen“, mahnte der Anführer. „Die kleine Maskerade hat sich ganz gut bewährt, wie ihr selbst gesehen habt. Wir wollen das Schiff und die Ladung; euch können wir nicht gebrauchen. Also, vorwärts! Ich zähle bis drei, und wer dann noch nicht im Wasser ist, wird mit Blei gespickt. — Eins …“

      In die Männer kam Bewegung. Fluchend wandten sie sich um und starrten auf die bleierne See. Die Küste war in der Dämmerung verschwunden.

      „Das ist Mord!“ schrie Baxter. „Hier wimmelt es von Haien. Bis zur Küste sind es fünf Meilen, und gegen die Strömung kommt keiner an. Ebensogut können Sie uns gleich erschießen.“

      „Das tue ich auch, wenn ihr nicht springt“, sagte der Anführer kalt. Schwimmend habt ihr wenigstens eine kleine Chance. Vielleicht findet euch ein Schiff. Wenn ich die Wahl hätte, wüßte ich, was ich tue.“ Er hob seine Waffe. „Zwei!“ sagte er.

      Der erste sprang ins Wasser. Baxter sah sich verzweifelt um. Das durfte nicht wahr sein! Das war ein wüster Traum!

      „Drei.“ Der Gangsterführer drückte ab. Ein Feuerstrahl schoß aus seiner Waffe.

      Baxter stieß sich ab, segelte durch die Luft und klatschte im Wasser auf. Es war warm und salzig. Er kam wieder an die Oberfläche und brachte wassertretend den Kopf in die Höhe. Er trieb rasch ab.

      Für einen geübten Schwimmer mochte es möglich sein, die fünf Meilen bis zur Küste zurückzulegen. Bei dieser tropischen Wassertemperatur konnte man es stundenlang aushalten. Aber da waren die Haie. Und selbst wenn man denen entkam, war es nicht zu schaffen. Baxter war ein viel zu guter Seemann. um die Strömung nicht zu kennen, die an diesem Teil der Küste herrschte und ins offene Meer hinaustrieb. Dagegen kam er nicht an. Verzweifelt stieß er sich ab. Aber er wüßte, daß es hoffnungslos war.

      Joe Barry, in gewissen Kreisen unter dem Namen Privatdetektiv Joe Barry so beliebt wie der Hecht unter den Karpfen, zog sich an einer Mauer in die Höhe und warf sich flach auf das Garagendach.

      Hinter ihm wuchtete sich eine massige Gestalt in die Höhe, und dann landete Captain Starr neben ihm.

      „Da drüben muß er irgendwo stekken“, brummte Tom und spähte ins Gelände. Vor ihnen erstreckte sich eine Lagerhalle. Zwischen zwei Mauern war ein Stück Pier zu sehen. Kräne und Aufbauten gerieten ins Blickfeld.

      Joe wies auf einen Lüftungsschacht, etwa zehn Meter vor ihnen.

      „Dahinter ist er!“

      Der Captain nickte.

      „Gib mir Feuerschutz!“ Joe stieß sich vom Boden ab, lief geduckt los und landete im Hechtsprung vor einem Kamin.

      Vor ihm blitzte es orangenrot auf. Die Einschläge ratterten über das Dach. Querschläger pfiffen mit häßlichem Singen durch die Luft. Die Kugeln steppten eine saubere Naht in die Dachpappe. Starrs schwere Waffe war in Aktion getreten und versah den Rand des Lüftungsschachtes mit einem Zickzackmuster.

      Joe zog sich in die Höhe und lief weiter.

      Er erreichte den Lüftungsschacht und hatte für Sekunden den Blick frei auf einen Mann im hellen Trenchcoat, der mit affenartiger Geschwindigkeit über eine Feuerleiter turnte.

      Seine Automatic bellte los, aber er kam um Sekundenbruchteile zu spät.

      Gleich darauf stand Tom neben ihm. Er überblickte die Lage und steckte seine Waffe weg.

      „Wir haben ihn“, sagte er. „Da unten kommt er nicht mehr ’raus. Wir brauchen kein Risiko mehr einzugehen. Ich rufe jetzt im Headquarters an und verlange kugelsichere Westen und Tränengas. Damit holen wir ihn ’raus.“

      Joe sah ihn an. Sein Gesicht war gegeschwärzt. Das Weiße in seinen Augen leuchtete.

      „Kannst du einen Kran bedienen?“ fragte er.

      „Ein Captain der New Yorker City Police kann alles“, versicherte Tom.

      Joe wies auf einen Kran, der neben ihm emporragte.

      „Versuchen wir es mit einer kombinierten Luftlandeaktion“, schlug er vor.

      Der Captain war sofort im Bilde.

      „Okay“, sagte er. „Aber sei vorsichtig.“

      „Es ist einen Versuch wert“, sagte Joe. „Würde uns eine Menge Scherereien ersparen.“

      Der Captain lief hinüber und erreichte mit einem Sprung den Kran. Keuchend kletterte er die Leiter hoch und schwang sich in die gläserne Kanzel. Sekunden später surrte der starke Elektromotor los. Der Ausleger des Krans senkte sich und schwenkte herum. Gleichzeitig rollte das Seil aus, und das Ladegeschirr pendelte über Joe.

      Er packte es und hängte sich ein, wurde hochgehoben und schwebte gleich darauf durch die Luft.

      Er hatte jetzt den Blick frei auf die Pier, wo mehrere Streifenwagen der City Police standen. Die Polizisten hatten sich verteilt und riegelten das Gelände ab. Jetzt sah er auch den Mann im hellen Trenchcoat wieder. Der Flüchtende hatte das Ende eines Ganges erreicht und kletterte über einen Kistenstapel, der den Weg zur Pier versperrte. Dort aber standen die Cops.

      Plötzlich erstarrte Joe. Über die Pier kam ein junges Mädchen. Sie trug ein einfaches schwarzes Fähnchen. Ihr dunkles Haar flatterte im Wind. Die Polizisten wandten ihr den Rücken zu und bemerkten sie nicht. Jetzt war sie an ihnen vorbei. Joe sah, wie die Cops stutzten und ihr etwas zuriefen. Aber sie schien es nicht zu beachten. Einer der Polizisten trabte an, aber das Mädchen war schneller.

      In diesem Augenblick entdeckte der Gejagte das Mädchen. Er schob sich an den Rand des Kistenstapels vor. Die Polizisten bemerkten ihn nicht. Joe sah den schußbereiten Revolver in der Hand des Mannes und erriet, daß der Verbrecher sich auf das Mädchen stürzen wollte, um es als Kugelfang zu benutzen.

      Joe winkte Tom zu. Der Captain verstand und ließ das Kranseil schnell auslaufen.

      Lautlos schwebte Joe heran.

      Das Mädchen passierte jetzt den Kistenstapel. In diesem Augenblick drückte sich der Mann im hellen Trenchcoat ab, sprang vor und packte sein Opfer. Er riß es herum und preßte es eng an sich.

      Die Polizisten erstarrten in ihren Bewegungen.

      „Alles zurück, oder ich bringe sie um!“ schrie der Mann.

      Das Mädchen war vor Schreck wie gelähmt. Willenlos ließ es sich festhalten.

      „Tempo!“ schrie der Mann. „Ich bringe die Puppe um, wenn ihr nicht verschwindet. Das ist keine leere Drohung.“

      Zögernd wichen die Cops zurück. Sie konnten nichts tun, ohne das Mädchen zu gefährden.

      In diesem Augenblick hing Joe genau über ihm.

      Sorgfältig nahm er Maß, dann sprang er ab. Im Fallen erwischte er einen Zipfel des Trenchcoats und riß den Mann nach hinten. Mit der Rechten packte er die Revolverhand des Gegners und schlug sie nach oben. Ein Schuß löste sich, aber die Kugel richtete keinen Schaden an.

      „Das