es Gott!« antwortete de Lorche. »Und wenngleich Zawisza besiegt wird, was leicht geschehen kann, gereicht es ihm doch zur Ehre, daß solch ein Kämpe wie Jan von Aragonien ihn zum Kampfe forderte, traun! Euerm ganzen Volke gereicht es zur Ehre!«
»Wir werden sehen,« bemerkte Zbyszko. »Ich sage nur: gebe Gott, daß wir alles mitanschauen dürfen!«
»Und ich stimme bei.«
Gleichwohl sollte sich ihr Wunsch diesmal nicht erfüllen, denn in alten Chroniken wird berichtet, daß der Waffengang Zawiszas mit dem hochberühmten Jan von Aragonien erst einige Jahre später zu Perpignan stattfand, wo in Gegenwart des Kaisers Sigmund, des Papstes Benedikt XIII., des Königs von Aragonien und vieler Fürsten und Kardinäle, Zawisza Czarny aus Garbow mit dem ersten Stoß seiner Lanze den Gegner vom Pferde warf und einen glänzenden Sieg über ihn davontrug. Indessen machten sich Zbyszko und de Lorche keine weitern Sorgen, denn sie dachten, wenn auch Jan von Aragonien sich nicht zur bestimmten Zeit stellen könne, würden sie dennoch bedeutende Ritterthaten sehen. Mangelte es doch in Polen nicht an tapfern Kämpen, die Zawisza wenig nachgaben, und unter den Gästen des Ordens waren immer die ersten der waffenkundigen Männer aus Frankreich, England, Burgund und Italien zu finden, welche bereitwillig den Kampf mit jedem aufnahmen.
»Höre,« sagte Zbyszko schließlich zu Herrn de Lorche, »ich fühle Sehnsucht nach meinem Oheim und ich muß nun eilen, ihn loszukaufen. Daher will ich mich morgen bei Tagesanbruch sogleich nach Plock aufmachen. Aber weshalb solltest Du hier bleiben? Wenn Du mein Gefangener bist, so kannst Du mich begleiten, dann wirst Du den König sowie den ganzen Hofstaat schauen.«
»Gerade wollte ich Dich darum bitten,« antwortete de Lorche, »denn längst schon wünschte ich die Polnischen Ritter zu sehen, und zudem hörte ich, daß die Frauen am königlichen Hofe eher Engeln als Bewohnern des Erdenthales gleichen.«
»Soeben erst sagtest Du etwas Aehnliches von Witolds Hofe,« bemerkte Zbyszko.
Drittes Kapitel.
Zbyszko machte sich im Innern Vorwürfe, daß er in seinem Schmerze des Oheims vergessen habe, und da er gewohnt war, rasch auszuführen, was er beschlossen hatte, brach er schon am folgenden Morgen bei Tagesanbruch mit Herrn de Lorche nach Plock auf. Die Wege an der Grenze waren sogar in Friedenszeiten nicht gefahrlos wegen der zahlreichen Räuberbanden, die unter der Kreuzritter Schutz und Schirm standen. Das ward auch dem Orden durch König Jagiello zum Vorwurf gemacht. Aber trotz der Klagen, welche bis nach Rom drangen, trotz der Drohungen und strengen gesetzlichen Maßregeln, gestatteten die benachbarten Komture häufig ihren Söldlingen, sich mit den Räuberbanden zu verbünden. Dabei verleugneten sie zwar diejenigen, welche das Unglück hatten, in die Hände der Polen zu fallen, gewährten aber den mit Beute und Gefangenen Zurückkehrenden nicht nur in den zu dem Orden gehörenden Dörfern, sondern auch in den Burgen Zuflucht.
In solch räuberische Hände gerieten Reisende und auch die Grenzbewohner häufig. Vornehmlich waren es die Kinder begüterter Leute, welche des Lösegeldes wegen weggeführt wurden. Aber die beiden jungen Ritter, von denen jeder ein beträchtliches Gefolge von bewaffneten Mannen zu Fuß und zu Pferd, sowie von Wagenlenkern hatte, befürchteten keinen Ueberfall und langten ohne Abenteuer in Plock an, wo ihrer eine angenehme Ueberraschung harrte.
In der Herberge trafen sie Tolima, welcher am Tage zuvor eingetroffen war. Dies verhielt sich folgendermaßen: der Starost des Ordens zu Lubowa, welcher gehört hatte, daß es dem Abgesandten, in dem Augenblicke, als man ihn in der Nähe von Brodnica ergriff, gelungen war, einen Teil des Lösegeldes zu verbergen, sandte ihn nach dieser Burg zurück, mit dem Auftrag an den Komtur, daß er ihn zwinge, anzugeben, wo das Geld sich befand. Aber Tolima benützte die günstige Gelegenheit und entfloh auf dem Wege dahin. Als die beiden Ritter sich wunderten, daß ihm die Flucht so gut gelungen war, erklärte er ihnen die Sache auf folgende Weise.
»Ihre Habsucht ist an allem Schuld. Der Komtur von Brodnica wollte mir nicht viele Leute zur Bewachung mitgeben, denn er wünschte keinen Lärm zu machen wegen des Geldes. Vielleicht hatte er mit dem Starosten von Lubowa verabredet, es zu teilen, und sie befürchteten, wenn Lärm gemacht werde, müßten sie einen beträchtlichen Teil davon nach Marienburg schicken oder alles an Arnold und Wolfgang von Baden abgeben. So ließ er mich denn nur durch zwei Männer geleiten, von denen der eine, ein vertrauter Knecht, mit mir die Ruder auf dem Drewenz führen sollte, der andere ein Schreiber war. Aber da sie wünschten, daß niemand uns sehen solle, wurden wir des Nachts weggeschickt und Ihr wißt, daß die Grenze ganz nahe ist. Sie gaben mir auch ein Ruder aus Eichenholz … nun – und Gott hat mir beigestanden … denn nun bin ich hier in Plock.«
»Wohl, aber sind die andern nicht zurückgekehrt?« rief Zbyszko aus.
Da erhellte ein Lächeln Tolimas grimmes Gesicht.
»Der Drewenz fließt in die Weichsel,« entgegnete er. »Wie können sie zurückkehren, wenn sie im Wasser liegen? In Torun werden die Kreuzritter sie vielleicht finden!«
Nach einer Weile fügte er, zu Zbyszko gewendet, hinzu: »Einen Teil des Geldes nahm mir der Komtur aus Lubowa, aber den Rest, welchen ich bei dem Ueberfall verbarg, habe ich wieder erlangt und es jetzt Eurem Knappen, Herr, zur Aufbewahrung übergeben. Er wohnt im Schlosse bei dem Fürsten, und dort ist es sicherer, als bei mir in der Herberge.«
»Mein Knappe ist hier in Plock? Was thut er hier?« fragte Zbyszko voll Verwunderung.
»Als er Zygfryd nach Spychow gebracht hatte, zog er mit der Jungfrau, welche sich dort befand, wieder aus und diese ist jetzt Hoffräulein bei der Fürstin hier. So sagte er mir gestern.«
Und Zbyszko, der durch den Schmerz um Danusia wie betäubt gewesen, der in Spychow nach nichts gefragt hatte und von nichts wußte, erinnerte sich jetzt erst, daß der Böhme mit Zygfryd vorausgesandt worden war – und von Groll und Rachedurst erfüllt, zog sich sein Herz bei diesem Gedanken krampfhaft zusammen.
»Ganz richtig, so ist es gewesen!« antwortete er. »Aber wo befindet sich jener Henker? Was ist mit ihm vorgegangen?«
»Erzählte es Pater Kaleb nicht? Zygfryd erhängte sich, und Ihr, Herr, müßt an seinem Grabe vorüber gekommen sein.«
Ein Augenblick des Schweigens folgte.
»Der Knappe sagte auch,« fügte Tolima hinzu, »daß er sich zu Euch begeben wolle, und daß er es schon längst gethan hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre, die junge Maid zu verlassen, welche erkrankte, als sie von Spychow hier anlangte.«
Gewaltsam die traurigen Erinnerungen von sich abschüttelnd, fragte Zbyszko wiederum wie in einem Traum befangen: »Welche junge Maid?«
»Ei, jene Maid,« entgegnete der Alte, »Euere Schwester oder Blutsverwandte, welche mit Ritter Macko in Männertracht nach Spychow kam und unterwegs unsern Herrn traf, der sich tastend seinen Weg suchte. Wäre nicht sie, wäre nicht Ritter Macko gewesen, so hätte auch Euer Knappe unsern Gebieter nicht erkannt. Unser Gebieter gewann sie nun sehr lieb, denn sie sorgte für ihn wie eine Tochter, und außer Pater Kaleb war sie die Einzige, die ihn verstand.«
Da riß der junge Ritter voll Erstaunen seine Augen weit auf.
»Pater Kaleb sagte mir nichts von einer jungen Maid, und eine Blutsverwandte habe ich nicht.«
»Er sagte nichts, Herr, weil Ihr durch Eueren Kummer alles um Euch her vergaßet und gar nichts mehr von der Gotteswelt wußtet.«
»Und wie nennt sich diese Maid?«
»Sie nennt sich Jagienka.«
Zbyszko glaubte, er träume. Daß Jagienka von dem fernen Zgorzelic nach Spychow gekommen war, vermochte er kaum zu fassen. Und aus welchem Grunde, warum hatte sie es gethan? Wohl war es ihm kein Geheimnis geblieben, daß die Maid ihn liebte, ihm in Zgorzelic ihr Herz zu eigen geworden war, aber er hatte ihr ja gestanden, daß Danusia seine Ehegemahlin werde – daher konnte er nimmermehr voraussetzen, daß Macko sie in der Absicht