Stefan Krätke

Wissensvernetzung und Metropolregion


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in vielen Fällen auf eine (Neu)-Kombination von Kompetenzen verschiedener Wirtschaftsakteure zurückzuführen sind.

      Empirisch ist es außerordentlich schwierig, den Wissensaustausch, der innerhalb der Netzwerke stattfindet, direkt zu messen. Paul Krugman hat darauf verwiesen, dass Wissensflüsse unsichtbar sind und sie keine Spuren hinterlassen, die man gegebenenfalls messen könnte (Krugman 1991, S. 53). Auch wenn in empirischen Studien gezeigt werden kann, dass durch den Austausch von Wissen und Ideen immer wieder Lernen ermöglicht wird und damit neues Wissen entsteht, ist es schwer zu bestimmen, welche der am Wissensaustausch beteiligten Parteien den größeren Nutzen davon trägt. Die Aneignung von Wissen im Kontext von Wissensnetzwerken hängt nicht zuletzt auch von der Absorptionskapazität der an den Kooperationsverflechtungen beteiligten Akteuren ab (Krätke 2011, S. 101). Wissenstransfer ist kein linearer Vorgang, sondern erfordert sowohl einen permanenten Prozess der Interaktion zwischen den Akteuren als auch die entsprechenden Verarbeitungskapazitäten, um sich fremdes Wissen produktiv aneignen zu können. Krätke plädiert daher auch dafür, dass die Rede vom Wissenstransfer oder von den Wissensflüssen mehr als Metapher „for an interaction of considerable complexity“ verstanden werden sollte (Krätke 2011).

      Metropolregionen sind prädestinierte Orte einer wissensbasierten Ökonomie, weil sie zum einen über eine große Akteursdichte und über die Diversität verfügen, aus denen sich regionale Wissensnetzwerke und regionale Kontexte des Lernens entwickeln. „Zum anderen tragen die Ressourcen eines differenzierten Arbeitsmarktes mit spezialisierten Wissensarbeitern zu der Entwicklung bei, aber auch die Kommunikations- und Personentransportinfrastrukturen: Flughäfen, Bahnanschlüsse, Telekommunikationsnetze sowie eine breite Palette von Angeboten wie Messen. Dies alles macht Metropolregionen zu großen Informationsmarktplätzen, zu Kreuzungen des Informations- und Wissensaustausches“ (Kilper, Kujath 2006). Neben der räumlichen und institutionellen Nähe der Akteure untereinander sowie der Verfügbarkeit impliziten Wissens trägt zu dieser Einschätzung auch die Reduktion von Risiken durch die in den urbanen Räumen vorhandene höhere Kommunikationsdichte bei (vgl. Bentlage, Thierstein, Lüthi 2014; Krätke 2005, Läpple 2003). Mit ihren besonderen Raumqualitäten und ihrer kritischen Masse verfügen die deutschen Metropolregionen zudem über günstige Voraussetzungen, um auch in einem europäischen Kontext wahrgenommen zu werden und entsprechend agieren zu können.

      Die in einer Metropolregion vorhandene große Akteursdichte und -vielfalt ermöglicht vielfältige persönliche Kontakte, wodurch enge regionale Kommunikationsnetze und damit die Entstehung regionaler Wissenskontexte und Lernprozesse begünstigt werden (vgl. Kujath 2005). Metropolregionen bieten zudem eine hohe Dichte und Diversität von Wissensressourcen. Diese Verdichtung stellt das ideale Umfeld für eine Wissensvernetzung dar. Den Metropolregionen gelingt es darüber hinaus am ehesten, eine Kopplung von regionalen und internationalen Ressourcen zu erreichen (Krätke 2007). Die räumliche Größe schafft zudem Verbundeffekte, die eine bessere Arbeitsteilung und größere Ausstrahlungskraft ermöglicht. Die vorhandene Dichte bedingt zudem eine räumliche Nähe, die für den Austausch von implizitem Wissen und für die Anbahnung von Kooperationen besonders vorteilhaft ist.

      Metropolregionen stellen einen hochwertigen Ressourcenpool in Hinblick auf qualifizierte Arbeitskräfte, Zuliefermärkte und eine gut ausgestattete Kommunikations- und Transportinfrastruktur dar. Als Knoten globaler Wissensnetzwerke bieten sie die erforderlichen Standortqualitäten für hochwertige Dienstleistungen wie Forschung und Entwicklung oder die Informations-, Medien- und Kreativindustrien (vgl. Bentlage, Thierstein 2013; Thierstein, Wiese 2011; Kujath 2005; Krätke 2002). Gerade bei den wissensintensiven Wirtschaftsaktivitäten lassen sich Konzentrationen auf einige wenige Standorte in Deutschland empirisch nachweisen (vgl. Bentlage, Thierstein, Lüthi 2014). Metropolregionen und große Städte repräsentieren die Standortzentren für neue wissensbasierte Wertschöpfungsketten sowie innovationsstarke Produktionscluster in wissensintensiven Industrien (IuK, Medientechnik, Biotechnologie, Medizintechnik etc.). Für den Zusammenhang zwischen Wissensgenerierung, Innovation, und Regionalentwicklung ist dabei entscheidend, dass den Netzwerken und Clustern im Sinne von regional vernetzten Ensembles von spezialisierten Unternehmen eine „kollektive Effizienz“ zugeschrieben wird, die aus Unternehmens-externen Skalenvorteilen der Produktion und aus Transaktionskostenersparnissen infolge räumlicher und kultureller Nähe der zusammenwirkenden Unternehmen hervorgeht (Krätke 2001).

      Metropolregionen bieten zudem besondere personenbezogene Standortqualitäten. Dazu tragen die vielfältigen Kultur- und Freizeitangebote ebenso wie die zahlreichen Bildungseinrichtungen bei. Ein urbanes Milieu, das Offenheit und Kreativität fördert, wird zunehmend als entscheidender Faktor der Standortattraktivität angesehen. Nach Florida (2005, 2001) sind dies Faktoren, die entscheidend dazu beitragen, qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen und am Standort zu halten. Florida (2002) hat am Beispiel des US-amerikanischen Stadtsystems gezeigt, dass eine urbane Vielfalt mit diversen Kultur- und Freizeitangeboten und einem offenen Klima eine große Anziehungskraft auf hochqualifizierte Arbeitskräfte ausübt. Diese Ergebnisse wurden auch weitgehend für das deutsche Stadtsystem bestätigt (vgl. Fritsch 2007, v. Einem 2009). Die Kernstädte der Metropolregionen bieten ein urbanes Milieu mit vielfältigen kulturellen Angeboten, das dazugehörige Umland verfügt über ergänzende Potenziale (Wohnen, Freizeit, Erholung). Metropolregionen üben, sofern sie sich nicht von globalen Kontexten abschotten, eine erhebliche Anziehungskraft auf Wissensarbeiter und Kapital aus (vgl. Thierstein, Wiese 2011; Fritsch 2007, Kujath 2005).

      Nicht zuletzt sind Metropolregionen ein „Wahrnehmungsraum“ mit Ausstrahlungseffekten, die nicht zuletzt im internationalen Rahmen eine erhöhte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ein gemeinsamer Wahrnehmungsraum findet international stärkere Beachtung als seine einzelnen Teilräume. In diesem Zusammenhang ist jedoch ein Akzeptanzvorteil von historisch gewachsenen gegenüber politisch konstruierten Metropolregionen zu konstatieren, wodurch sich z.T. auch die unterschiedlichen Entwicklungsstände der institutionalisierten Kooperation in den einzelnen Metropolregionen erklären lassen. In diesem Zusammenhang zeigt sich aber auch, dass die mit den Metropolregionen gegebenen Wahrnehmungsräume auch Möglichkeitsräume bilden, die durch das aktive Zusammenspiel der regionalen Akteure mit Leben zu füllen sind.

      Erkennbar ist auch eine deutliche Hierarchisierung der Metropolregionen. So sind vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen und Aktivitäten der wissensbasierten Ökonomie primär auf ausgewählte Großstadtregionen der „ersten Liga“ ausgerichtet. Dies zeigt sich europaweit mit London und Paris als führenden Standorten, aber auch innerhalb Deutschlands anhand der Vormachtstellung von Regionen wie Frankfurt/Rhein-Main, München, Hamburg oder Berlin. Innerhalb des Systems der Metropolregionen kommt es gleichzeitig zu sektoralen Spezialisierungen und zur Ausdifferenzierung von wirtschaftlichen Entwicklungspfaden (vgl. Krätke 2013, Krätke 2011, Krätke 2007). In Folge dessen können auch kleinere Metropolregionen, die als Ganzes nicht in vergleichbarem Maße stark positioniert sind, ganz im Sinne der zunehmenden internationalen Arbeitsteilung und Spezialisierung innerhalb bestimmter Sektoren eine europaweite Beachtung finden. Der Anspruch, Metropolregion