G.F. Barner

G.F. Barner Staffel 6 – Western


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der alte Jenkins zurück. »Das hier geht keinen Sheriff etwas an, sage ich dir. Die brauchen keinen. Irgendwas stimmt hier nicht, Mann, ich sage es dir. Paß scharf auf, sage es auch den anderen! Ich sehe mich mal um.«

      »Clay, du siehst Gespenster.«

      Der Alte antwortet nicht. Er reitet den Hang hoch, kommt an den Corral, umrundet ihn. Unten glitzert hinter der Biegung das Wasser im Staubecken. Links von ihm sind die Bäume an der Hütte.

      Gespenster? denkt der alte Clay Jenkins. Ich sehe Gespenster, was? Das verdammte Gefühl will nicht weichen, daß etwas im Anzug ist. Vielleicht haben sie mehr Geld, als Big Jim glaubt. Dann kommt Bill Cooley mit einem halben Dutzend rauher Burschen wieder, he? Oder sollte er doch wissen, wo Ray Thayer steckt? Ich hab’s Big Jim gesagt, daß er einen Fehler gemacht hat, als er die Sache anfing. Jetzt ist sie längst zu groß geworden, ein Zurück gibt es nicht mehr. Und wenn Cooley nun Ray geholt hat oder ihn sucht und herbringt, was dann? Hier oben kann schnell die Hölle losbrechen, verdammt schnell.

      Clay Jenkins sieht sich um.

      Nur die Rinder muhen.

      Nirgendwo ein Schatten zu sehen, kein Reiter.

      Der alte Vormann reitet zurück an die Herde. Als er fort ist, raschelt es im Gras. Der Schatten schiebt sich auf den Corral zu, kommt ganz langsam hoch, steht geduckt am Doppelpfosten des Gatters. Dann hebt er es aus, setzt es ab und lehnt es gegen die Pfosten.

      Jetzt wird das erste Pferd, das gegen das Gatter rennt, die Stangen umwerfen. Und dann kann es hinaus.

      Der Schatten schmilzt zusammen, dann ist er verschwunden.

      Nur das Gras raschelt noch. Ray Thayer ist schon da.

      *

      Die Rinder muhen, als Ferguson hinten am Wendepunkt auf seinen Partner Londsdale stößt.

      »Na?« fragt Londsdale. »Clay gesehen?«

      »Ja, er reitet herum und ist verdammt unruhig«, antwortet Ferguson achselzuckend. »Möchte wissen, was hier passieren soll. War er etwa auch bei dir?«

      »Ja, gerade«, erwidert Londsdale. »Er hat Adam gesagt, er solle die ganze Südflanke allein abreiten. Clay will sich gründlich umsehen Allmählich wird er alt und nervös, was?«

      »Er war nicht dafür«, sagt Ferguson. »Na ja, was geht es uns an? Wir führen Befehle aus, das ist alles. Dann paß auf, daß du nicht aus Versehen auf Clay feuerst.«

      Sie schwenken, kehren um. Hinter ihnen ist alles ruhig, auch am letzten Zaun zur Nordflanke hin, der das Tal sperrt. Dort drüben kommt jetzt Adam, der vierte Mann, von seinem Streifritt an den Wendepunkt. Er reitet weiter, als er Clay Jenkins in etwa sechzig Yards Entfernung an der anderen Hangseite im Zickzack reiten sieht.

      »So alt er ist, er zeigt keine Müdigkeit«, murmelt Adam leise vor sich hin. »Clay reitet jede Nacht über sechs Stunden, der gönnt sich keine Ruhe.«

      Clay Jenkins entfernt sich immer mehr. Er stößt jetzt in das Buschgelände vor und hält auf dem Weg. Von hier aus kann er das ganze Tal überblicken. Er sieht, wie Adam hinten mit Londsdale zusammentrifft und schwenkt. Dann nimmt der alte Clay die Zügel hoch.

      Der Bach, denkt der Alte, daß ich daran nicht gedacht habe. Wenn jemand an die Herde will, dann braucht er nur durch den Bach zu waten, ohne gesehen zu werden. Dort stehen Büsche genug, die ein halbes Hundert verbergen können.

      Der Alte lenkt sein Pferd herum, steigt am Bach ab und geht ans Ufer. Er ist etwa sechzig, Yards von den Rindern entfernt und sucht nach Spuren. Doch er findet keine. Träge und plätschernd sucht sich das Wasser seinen Weg in das Staubecken.

      »Komm«, sagt Jenkins und nimmt sein Pferd an die Zügel. »Gehen wir mal weiter, was? Vielleicht ist doch in der Nähe des Zaunes etwas? Verdammte Unruhe, ich werde sie nicht los.«

      Langsam nähert er sich dem Sperrzaun, der wie eine Barriere mitten durch den Bach verläuft. Einzelne Büsche stehen rechts und links. Der Alte versucht die Schatten zwischen ihnen zu durchdringen. Er zieht sein Pferd nach, ist auf zwanzig Yards an den Zaun heran und lauscht.

      Nur die Rinder muhen vor ihm. Er kann ihre dunkle Masse sehen und geht langsam weiter.

      Nichts, denkt er, nichts, was…

      Direkt hinter seinem Pferd wächst der Schatten blitzschnell hoch. Der Mann hat im Gras und unter Buschzweigen flach am Boden gelegen und den Gaul vorbei gelassen. Jetzt macht der Mann zwei lange, wilde Sätze.

      Im nächsten Moment steht er genau hinter dem alten Clay. Der hört irgend etwas, vielleicht einen raschelnden Zweig oder knisterndes Gras. Aber das können auch die Hufe des Pferdes verursachen.

      Das denkt er noch, der Alte. Aus dem Gefühl seiner Unruhe heraus wendet er den Kopf und sieht den Mann groß und breit hinter sich stehen.

      »Tut mir leid, Clay«, sagt der Mann zischelnd. »Warum kommt ihr her?«

      Und dann schießt seine Faust heran.

      Ray, denkt der alte Clay Jenkins, Ray Thayer.

      Der Schlag trifft ihn mit der Gewalt eines Schmiedehammers haargenau am Kinn. Einmal prustet das Pferd, als der alte Vormann von Big Jim

      Vance umkippt und in einen Busch stürzt. Doch es bleibt mit hängenden Zügeln stehen.

      Blitzschnell greift Ray Thayer nach den Zügeln. Er wirft nur einen kurzen Blick auf den alten Jenkins, dann bindet er das Pferd an einen Buschzweig und reißt den Alten hoch. Er trägt ihn zwischen einige Büsche, kniet neben ihm und zerrt ihm das Halstuch herab. Als er es ihm in den Mund gestopft und den Alten gebunden hat, macht Clay Jenkins wieder die Augen auf.

      Er sieht mitten in Ray Thayers Gesicht.

      »Aus für euch«, sagt Ray grimmig. »Clay, tut mir leid, ich schlage nicht gern einen alten Mann. Ich werde jetzt eure Herde aus meinem Tal jagen. Und ich werde es so rauh machen, daß ihr für alle Zeit das Wiederkommen vergeßt. Du bist immer ein kluger Mann gewesen, Clay. Warum hast du Jim nicht aufgehalten? Man kann nicht nur immer gehorchen und Befehle ausführen. Tut mir leid für dich, Alter.«

      Clay Jenkins sieht ihn nur an und friert erbärmlich, als sich Ray bückt und einen kleinen Packen aufhebt.

      Er ist allein, denkt der Alte verblüfft, der geht ganz allein auf uns alle los, genau wie sein Vater. Was hat er da? Großer Gott.

      Ray Thayer reißt den Packen auf. Er zieht etwas heraus, auf das der alte Jenkins voller Furcht und Entsetzen stiert. Jenkins möchte schreien, losbrüllen und die anderen warnen. Aber der Knebel sitzt zu fest. Das Frösteln packt den Alten stärker, als Ray unter die Decke kriecht, mit der der Packen umhüllt gewesen ist.

      Gleich danach kommt Ray wieder hoch. Er hat eine Zigarre im Mundwinkel und blickt den Alten an.

      »Jetzt lernt ihr es«, sagt er dumpf. »Ich fange an, Clay. Und wenn ich mit euch fertig bin, seid ihr entweder tot oder so weit gerannt, daß ihr für alle Zeit Frieden geben werdet. Jetzt fange ich es an, mein Freund.«

      Nein, nein, denkt der Alte, das kannst du nicht tun, Ray, das nicht. Du wirst die Herde… Nein, Ray.

      Aber der ist schon weg. Das Pferd des alten Clay schnaubt. Dann erscheint es für Augenblicke. Im Sattel sitzt Clay Thayer zusammengekauert und jetzt so klein wie der alte Jenkins.

      Sie erkennen ihn nicht, selbst nicht auf zwanzig Yards Distanz, fährt es dem Alten durch den Kopf. Sie werden glauben, daß ich es bin, der dort reitet. Großer Gott, sie haben keine Chance, er erledigt sie alle, wenn er will. Auf die Idee, daß ich es nicht sein könnte, der hier reitet, kommen Londsdale und Adam nie. Jetzt macht er aus diesem Tal eine Hölle.

      Die Herde ist verloren.

      *

      »Er sucht dahinten am Bach herum«, brummt Londsdale und wechselt einen Blick mit Adam. »Was er bloß finden will, hm? Nun gut, kehren wir um.«

      Sie schwenken. Der eine nimmt die Südflanke links, der andere reitet rechts