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Band 247
Die Welt jenseits der Zeit
Kai Hirdt
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Das Jahr 2090: Ein halbes Jahrhundert nachdem die Menschheit ins All aufgebrochen ist, bildet die Solare Union die Basis eines friedlich wachsenden Sternenreichs. Aber die Sicherheit der Menschen ist gefährdet: durch interne Konflikte und externe Gegner, zuletzt durch das mysteriöse Dunkelleben.
Eigentlich hat Perry Rhodan gehofft, diese Gefahr gebannt zu haben. Doch überall dort, wo der skrupellose Iratio Hondro aktiv ist, bleibt das Dunkelleben eine Bedrohung. Nun nimmt der Plophoser das Solsystem ins Visier.
Hondro setzt Jessica Tekener als unfreiwillige Helferin ein. Die junge Frau infiltriert NATHAN, die Künstliche Intelligenz auf dem Mond, mit sogenannten Technosporen.
Währenddessen betreten der Arkonide Sofgart, der Oxtorner Omar Hawk mit seinem Okrill Watson sowie der Mausbiber Gucky auf dem Mars einen Zeitbrunnen. Sie wollen so schnell zum Mond kommen, aber es verschlägt sie an einen Ort voller kosmischer Geheimnisse – auf DIE WELT JENSEITS DER ZEIT ...
1.
Sie konnte es nicht verhindern. Ihre Hand, ihr ganzer Körper tat nicht, was Jessica Tekener wollte, sondern, was Hondro befahl. Mit dem Daumen schnippte sie das Kästchen an ihrem Gürtel auf und entließ den unsichtbaren, todbringenden Inhalt.
NATHAN reagierte. Strahlend blauer Glanz blendete Jessica, als blicke sie an einem perfekten Sommertag in einen wolkenlosen Himmel. Von der Wahrheit hätte das nicht weiter entfernt sein können. Sie befand sich tief unter der Oberfläche des Erdmonds, eine hilflose Marionette des Puppenspielers Iratio Hondro.
Sie hatte die Technosporen freigesetzt, die in NATHANS Nervensystem eindringen sollten – falls diese Bezeichnung auf die anorganische Intelligenz überhaupt anwendbar war. Gelang der Plan, konnte Hondro die Hyperinpotronik unter seine Kontrolle zwingen, so wie er Jessica unter Kontrolle hatte. Sie musste jedweden Befehl von ihm ausführen.
Nicht widerspruchslos. Es amüsierte Hondro, wenn sie widersprach. Beugen musste sie sich am Ende trotzdem.
NATHAN wollte ein ähnliches Schicksal verständlicherweise vermeiden und hatte ein großvolumiges, blau gleißendes Energiefeld um Jessica und die nähere Umgebung errichtet. Reichte das als Schutz, nachdem alle anderen Abwehrmittel nichts gefruchtet hatten?
Jessica glaubte es nicht. »Es tut mir leid«, wimmerte sie.
»Das braucht es nicht.« NATHANS volle Samtstimme klang aus allen Richtungen zugleich, voller Wärme, voller Mitgefühl. Als er sprach, erschien vor Jessica das Hologramm eines blau leuchtenden Tetraeders in der Luft. »Sie tragen keine Verantwortung für die zurückliegenden Ereignisse.«
So fühlte es sich aber nicht an. Sie hatte die Waffe geführt, deren Strahlen NATHANS Verteidiger getötet hatte. Sie hatte ihre Begleiter zum Sterben zurückgelassen, um ans Ziel zu gelangen: zu NATHANS Herz, seinem Hirn, oder was auch immer die beste Analogie für diese völlig fremdartige Intelligenz sein mochte.
Finde heraus, was das Energiefeld soll, hörte sie Hondros Stimme in ihren Gedanken.
»Was geschieht jetzt?«, hörte sich Jessica sagen. Die rechte Hand hielt noch immer das Verderben bringende Sporenkästchen. Mit der Linken deutete sie in einer weiten Geste auf den gleißenden Schirm, der sie und die kreisrunde, schwarz wabernde Fläche des Zeitbrunnens in NATHANS Zentrum umschloss. Erst eine Minute war es her, dass ihr letzter Verfolger dort hineingestürzt war. Nichts an der schwarzen Fläche zeugte noch davon; keine sich ringförmig ausbreitenden Wellen erinnerten an den in Erfüllung seiner Pflicht gestorbenen Raumsoldaten Clyde Callamon.
Das Tetraederholo verwandelte sich in einen Würfel, dann in einen regelmäßigen Achtseiter. »Es versteht sich«, antwortete NATHAN, »dass die von Ihnen freigesetzten Sporen meine Kernsysteme nicht infiltrieren dürfen. Das Schutzfeld verhindert ihre Ausbreitung, während ich die Entsorgung vorbereite.« Ein Dodekaeder. Ein Ikosaeder. Und zurück auf Anfang zum Tetraeder.
Jessica hörte Hondro nicht in ihrem Kopf, aber sie spürte ihn. Sein Gefühl von Hohn und Genugtuung. Die Technosporen waren zäh. Egal was NATHAN gegen sie ins Gefecht führen wollte: Die Hyperinpotronik mochte viele von ihnen vernichten, aber es blieb immer etwas zurück – und jede einzelne konnte Keimzelle einer neuen Kolonie werden. Die Sporen würden auf ihre Chance warten, jahrelang, wenn es nötig war, und sich dann auf ihr Opfer stürzen. Keine Form von künstlicher oder anorganischer Intelligenz konnte sich ihnen widersetzen.
Jenseits des Zeitbrunnens, dieser mysteriösen, schwarzen Fläche, flackerte der blaue Schirm. Jessica erschrak. Hatten die Sporen schon einen Ausweg gefunden? Hatte Hondro so schnell gewonnen? Sie spürte ihr Entsetzen als Ziehen im Nacken.
Nein! Der Schirm wurde nicht durchbrochen, er änderte nur die Form. Eine Blase wölbte sich nach innen. Darin konnte sie schemenhaft eine Gestalt erkennen: eckig, technisch, definitiv nicht menschlich.
Die eingewölbte Blase erlosch, doch zuvor hatte der Schirm außen wieder seinen ursprünglichen Radius angenommen. NATHAN hatte offenbar kurzzeitig eine