Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Killer-Reigen


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zu Boden. Die Maschinenpistole polterte über den Abgrund. Der Schütze hatte auf der anderen Seite der Straße gestanden, um eine bessere Sicht auf den Felsen zu haben.

      Über sich hatte Camuro eine Höhlung entdeckt, die tief genug war, um sich darin den Blicken seiner Gegner zu entziehen. Jetzt richtete er sich auf und zog sich schnell höher. Er mußte die Verwirrung seiner Verfolger ausnutzen.

      Camuro hatte Glück. Er erreichte die rettende Deckung, bevor die anderen Gangster mit ihren Revolvern ein wütendes Feuer eröffneten. Hier konnte er sich verteidigen, solange seine Munition reichte.

      Die Gangster schienen einzusehen, daß sie an Camuro nicht herankommen konnten; sie gaben die Schießerei bald auf.

      Rod Camuro wartete. Langsam und zäh vertropften die Minuten. Dann hörte er einen Motor anspringen. Ein Wagen entfernte sich. Wollten sie ihn damit herunterlocken? — Camuro beschloß, das Tageslicht abzuwarten.

      Es wurde eine unbequeme Nacht für ihn. Die Stille machte den Gangster nervös. Als es endlich hell zu werden begann, atmete er erleichtert auf.

      Er riskierte einen Blick auf die Straße. Von seinen Gegnern und dessen Fahrzeugen war nichts mehr zu sehen. Hatten sie sich aus dem Staub gemacht?

      Er traute dem Frieden nicht. Da er hier auf dem Felsen aber nicht Wurzeln schlagen konnte, verstaute er seine Waffe und machte sich an den Abstieg. Ungehindert erreichte er die Straße. Er zog seinen Revolver wieder hervor und sah sich mißtrauisch um. Nichts rührte sich.

      Als er vor seinem Wagen stand, öffnete er die Tür. Aber er stieg nicht ein. Camuro konnte sich nicht vorstellen, daß man ihn die halbe Nacht verfolgt hatte, um ihn dann ungeschoren zu lassen. Irgend etwas war da faul.

      Er ließ die Wagentür wieder los. Vielleicht hatten sie ihm eine Bombe unter den Wagen praktiziert?

      Camuro bückte sich. Er wußte genau, wo man an einem Auto eine Sprengladung anbringen konnte. Doch er entdeckte nichts.

      Kopfschüttelnd erhob Camuro sich wieder. Er streckte die Hand aus, um die Wagentür wieder zu öffnen. Da spürte er den Schlag im Rücken. Bohrender Schmerz ergriff jeden Nerv sei nes Körpers und trieb ihm dunkle Schleier vor die Augen. Er versuchte, sich dagegen zu wehren, doch seine Kräfte reichten nicht aus. Langsam ging er in die Knie.

      *

      „Ist der Mann vernehmungsfähig?“ fragte Lieutenant Antony Starr den dienst habenden Arzt im Hartford-Main-Hospital.

      „Alles okay. Er bat Glück gehabt Die Kugel ist schräg aufgetroffen und wurde vom Schulterblatt abgelenkt.“ Neugierig blinzelten die kleinen grauen Augen des Doc Starr an. „Der Mann ist wohl wuchtig für Sie, weil Sie zwei Beamte hier auf gestellt haben? Meinen Sie, er will entwischen?“

      „Das nicht, Doc“, brummte der Captain. „Wir fürchten eher, daß die Leute, die ihm das Ding verpaßt haben, ihn noch mal in die Finger bekommen könnten.“

      Der Doc hätte gern mehr über die Geschichte erfahren, aber Antony Starr fand, daß er dem Knochenflicker genug erzählt hatte.

      „Ich gehe jetzt rauf zu Camuro“, sagte er kurz und wandte sich schnell ab.

      Wenig später si and er vor dom Bett des Gangsters.

      „Nun, Camuro, wie goht“s? — Der Doc sagt, sie hätten Glück gehabt.

      Der Gangster reagierte nicht. Stur sah er nach oben, als hinge an der Decke ein Pin-up-Girl.

      „Mach keine Mätzchen, Camuro, versuchte der Captain ihn aufzu muntern. „Oder hast du dir heute nacht die Stimmbänder erkältet?“

      Camuro warf Starr einen gehässigen Blick zu.

      „Laß mich in Ruhe, knurrte er bissig.

      „Machen wir uns nichts vor. Camuro.“ Starr griff in die Manteltasche und zog eine Zeitung hervor. „Wir wissen doch, wer hinter der Sache steckt. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, und in den Zeitungen steht es auch schon. Hier …“ Er hielt dem Gangster die Zeitung vor die Nase.

      „Der Gangster krieg geht wieder los“,

      lautete die Schlagzeile, und im Untertitel fragte das Blatt:

      „Hat sich Camuro gegen den großen Tu rber au fgelehnt?“

      Camuros Augen blickten jetzt, interessiert. Doch dann drehte er das Gesicht zur Wand.

      „Die Zeitungsschmierer spinnen“, sagte er verächtlich. „Wahrscheinlich haben, sie keinen anderen Stoff und nehmen jetzt harmlose Bürger aufs Korn.“

      „ … die sich nachts in den Bergen gegenseitig mit Blei bearbeiten“, ergänzte Starr grinsend. „Hör auf mit dem Theater! Wir wissen, daß du bei Turber die erste Geige gespielt hast.“

      „Was wollt ihr eigentlich von mir?“ Camuros Augen funkelten den Captain feindselig an. „Kann ich was dafür, wenn ich auf einer einsamen Straße von Landstreichern überfallen werde?“

      „Ich habe noch keine Landstreicher gesehen, die Tommyguns als Spazierstöcke benutzen“, erwiderte Starr. Sein Ton war jetzt um einige Grade schärfer. „Wir haben die Maschinenpistole gefunden.“

      „Ihre Anschauungen sind veraltet“, höhnte Camuro. „Heute gibt es eben Landstreicher mit Maschinenpistolen.“

      „Dann ist meine Annahme, daß harmlose Bürger nicht mit Revolvern in der Gegend herumballern, wohl auch veraltet, wie? — Du hast auf alle Fälle mitgemischt — natürlich in Notwehr!“

      Camuro leckte sich über die trockenen Lippen. Diese Wendung des Gesprächs gefiel ihm nicht.

      „Selbst wenn ich die Leute kenne, würde ich es Ihnen nicht sagen“, knurrte er.

      „Ich würde mir das noch mal überlegen. Wenn du uns einiges über Yul Turber erzählst, könnte ich vielleicht ein gutes Wort für dich einlegen. Immerhin ist ja bei dir auch noch einiges offen.“

      „Das habe ich nicht nötig“, antwortete Camuro kurz, aber Starr spürte doch, daß der Gangster angebissen hatte.

      „Du hast doch nicht etwa den Mann vergessen, der dir heute nacht im Weg war?“

      „Welchen Mann?“

      „Den Toten. Wir fanden ihn am Abhang unterhalb der Straße. Offensichtlich hat man ihn dort binuntergeworfen.

      „Und was habe ich damit zu tun?“ fragte Camuro. Doch seine Verständnislosigkeit. wirkte nicht sehr überzeugend. „Ich lag oben neben meinem Wagen, als ich gefunden wurde.“

      „Ich habe ja auch nicht gesagt, daß du ihn in die Schlucht geworfen hast“, grinste Starr. „Das taten die anderen. — Du hast ihn nur umgelegt.“

      „Ich soll …“

      „Wir fanden eine Kugel in seiner Brust. Eine Revolverkugel.“

      „Na und? — Jeder zweite hat doch heute eine Waffe in der Tasche.“

      Starr lächelte den Gangster mitleidig an.

      „Du vergißt nur, daß die Waffen sich alle voneinander unterscheiden. Und weißt du, Camuro, wenn man die Geschosse aus ein und derselben Waffe miteinander vergleicht, dann findet man dieselben charakteristischen Merkmale …“

      Rod Camuro sah seine Felle wegschwimmen. Die Ironie in der Stimme des Captains trieb ihm das Blut ins Gesicht. Er versuchte, seine Aufmerksamkeit wieder auf das nicht vorhandene Pin-up-Girl an der weißgetünchten Zimmerdecke zu konzentrieren.

      „Ich brauche dir wohl nicht zu erzählen, welche Kugeln wir miteinander verglichen haben“, fuhr Starr fort. „Du hast den Mann umgelegt, daran besteht kein Zweifel.“

      Camuro war nachdenklich geworden. Eine Weile herrschte Stille. Dann räusperte sich der Gangster.

      „Was soll ich tun?“ fragte er rauh.

      „Du könntest mir zum Beispiel einiges über Turber erzählen.“