Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke


Скачать книгу

Von jenem Anschlag auf dein Leben, mir

       Schon klar. – Der Jüngling war mein Freund, um seine

       Geheimste Absicht kann ich wissen. – Hier

       Auf dieser Stelle, eifersuchtgequält,

       Reizt' er mit bittern Worten mich, zu ziehen

       – Nicht mich zu morden, denn er sagt' es selbst,

       Er wolle sterben.

      AGNES: Seltsam! Gerade das

       Sagt' er mir auch.

      OTTOKAR: Nun sieh, so ists am Tage.

      AGNES:

       Das seh ich doch nicht ein – er stellte sich

       Wahnsinnig zwar, drang mir den Dolch auf, sagte,

       Als ich mich weigerte, ich hätt ihm einen

       Schon in das Herz gedrückt. –

      OTTOKAR: Nun, das brauch ich

       Wohl dir nicht zu erklären. –

      AGNES: Wie?

      OTTOKAR: Sagt ich

       Dir nicht, daß er dich heftig liebe?

      AGNES: – O

       Mein Gott, was ist das für ein Irrtum. – Nun

       Liegt er verwundet in dem Kerker, niemand

       Pflegt seiner, der ein Mörder heißt, und doch

       Ganz schuldlos ist. – Ich will sogleich auch gehen.

      OTTOKAR:

       Nur einen Augenblick noch. – So wie einer,

       Kann auch der andre Irrtum schwinden. – Weißt

       Du, was ich tun jetzt werde? Immer ists

       Mir aufgefallen, daß an beiden Händen

       Der Bruderleiche just derselbe Finger,

       Der kleine Finger fehlte. – Mördern, denk

       Ich, müßte jedes andre Glied fast wichtger

       Doch sein, als just der kleine Finger. Läßt

       Sich was erforschen, ists nur an dem Ort

       Der Tat. Den weiß ich. Leute wohnen dort,

       Das weiß ich auch. – Ja recht, ich gehe hin.

      AGNES:

       So lebe wohl denn.

      OTTOKAR: Eile nur nicht so;

       Wird dir Johann entfliehn? – Nun pfleg ihm nur,

       Und sag ihm, daß ich immer noch sein Freund.

      AGNES:

       Laß gut sein, werd ihn schon zu trösten wissen,

      OTTOKAR:

       Wirst du? Nun einen Kuß will ich ihm gönnen.

      AGNES:

       Den andern gibt er mir zum Dank.

      OTTOKAR: Den dritten

       Krieg ich zum Lohn für die Erlaubnis.

      AGNES: Von

       Johann?

      OTTOKAR: Das ist der vierte.

      AGNES: Ich versteh

       Versteh schon. Nein, daraus wird nichts.

      OTTOKAR: Nun gut;

       Das nächstemal geb ich dir Gift.

      AGNES (lacht): Frisch aus

       Der Quelle, du trinkst mit.

      OTTOKAR (lacht): Sind wir

       Nicht wie die Kinder? Denn das Schicksal zieht

       Gleich einem strengen Lehrer, kaum ein freundlich

       Gesicht, sogleich erhebt der Mutwill wieder

       Sein keckes Haupt.

      AGNES: Nun bin ich wieder ernst,

       Nun geh ich.

      OTTOKAR: Und wann kehrst du wieder?

      AGNES: Morgen.

      (Ab von verschiedenen Seiten.)

      Zweite Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Rossitz. Ein Zimmer im Schlosse. Rupert, Santing und Eustache treten auf

      RUPERT: Erschlagen, sagst du?

      EUSTACHE: Ja, so spricht das Volk.

      RUPERT:

       Das Volk – ein Volk von Weibern wohl?

      EUSTACHE: Mir hats

       Ein Mann bekräftigt.

      RUPERT: Hats ein Mann gehört?

      SANTING:

       Ich habs gehört, Herr, und ein Mann, ein Wandrer,

       Der her aus Warwand kam, hats mitgebracht.

      RUPERT:

       Was hat er mitgebracht?

      SANTING: Daß dein Johann

       Erschlagen sei.

      EUSTACHE: Nicht doch, Santing, er sagte

       Nichts von Johann, vom Herold sagt' er das.

      RUPERT:

       Wer von euch beiden ist das Weib?

      SANTING: Ich sage,

       Johann; und ists der Herold, wohl, so steckt

       Die Frau ins Panzerhemd, mich in den Weibsrock.

      RUPERT:

       Mit eignen Ohren will ichs hören. Bringt

       Den Mann zu mir.

      SANTING: Ich zweifle, daß er noch

       Im Ort.

      EUSTACHE (sieht ihn an): Er ist im Hause.

      RUPERT: Einerlei:

       Bringt ihn.

      (Santing und Eustache ab.)

      RUPERT (pfeift; zwei Diener erscheinen):

       Ruft gleich den Grafen Ottokar!

      EIN DIENER:

       Es soll geschehn, Herr. (Bleibt stehen,)

      RUPERT: Nun? was willst du?

      DER DIENER: Herr,

       Wir haben eine Klingel hier gekauft,

       Und bitten dich, wenn du uns brauchst, so klingle.

       (Er setzt die Klingel auf den Tisch.)

      RUPERT:

       's ist gut.

      DER DIENER: Wir bitten dich darum, denn wenn

       Du pfeifst, so springt der Hund jedwedes Mal

       Aus seinem Ofenloch, und denkt, es gelte ihm.

      RUPERT: – 's ist gut.

      (Diener ab. Eustache und ein Wanderer treten auf)

      EUSTACHE: Hier ist der Mann. – Hör es nun selbst,

       Ob ich dir falsch berichtet.

      RUPERT: Wer bist du, mein Sohn?

      DER WANDERER:

       Bin Hans Franz Flanz von Namen, Untertan

       Aus deiner Herrschaft, komm vom Wandern in

       Die Heimat heut zurück.

      RUPERT: Du warst in Warwand;

       Was sahst du da?

      DER