Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke


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Vollständ'ge Auskunft, schmeichl ich mir, erteilen:

       Stellt Euch, wenn Ihr die Güte haben wollt,

       Auf dieser Seite hier –

      Er bezeichnet die Örter auf seiner Hand –.

      Pharissa vor

       – Was eine Stadt ist, wie Ihr wissen werdet,

       So groß im Umfang, praeter propter,

       Um nicht zu übertreiben, wenn nicht größer,

       Als Theben. Hier geht der Fluß. Die Unsrigen

       In Schlachtordnung auf einem Hügel hier;

       Und dort im Tale haufenweis der Feind.

       Nachdem er ein Gelübd zum Himmel jetzt gesendet,

       Daß Euch der Wolkenkreis erzitterte,

       Stürzt, die Befehle treffend rings gegeben,

       Er gleich den Strömen brausend auf uns ein.

       Wir aber, minder tapfer nicht, wir zeigten

       Den Rückweg ihm, – und Ihr sollt gleich sehn, wie?

       Zuerst begegnet' er dem Vortrab hier;

       Der wich. Dann stieß er auf die Bogenschützen dort;

       Die zogen sich zurück. Jetzt dreist gemacht, rückt er

       Den Schleudrern auf den Leib; die räumten ihm das Feld

       Und als verwegen jetzt dem Hauptkorps er sich nahte,

       Stürzt dies – halt! Mit dem Hauptkorps ist's nicht richtig.

       Ich höre ein Geräusch dort, wie mir deucht.

      Zweite Szene

       Inhaltsverzeichnis

       Merkur tritt in der Gestalt des Sosias aus Amphitryons Haus. Sosias.

      MERKUR: für sich. Wenn ich den ungerufnen Schlingel dort Beizeiten nicht von diesem Haus entferne, So steht, beim Styx, das Glück mir auf dem Spiel, Das in Alkmenens Armen zu genießen, Heut in der Truggestalt Amphitryons Zeus der Olympische, zur Erde stieg.

      SOSIAS: ohne den Merkur zu sehn. Es ist zwar nichts und meine Furcht verschwindet, Doch um den Abenteuern auszuweichen, Will ich mich vollends jetzt zu Hause machen, Und meines Auftrags mich entledigen.

      MERKUR: für sich. Du überwindest den Merkur, Freund, oder Dich werd ich davon abzuhalten wissen.

      SOSIAS:

       Doch diese Nacht ist von endloser Länge.

       Wenn ich fünf Stunden unterwegs nicht bin,

       Fünf Stunden nach der Sonnenuhr von Theben,

       Will ich stückweise sie vom Turme schießen.

       Entweder hat in Trunkenheit des Siegs

       Mein Herr den Abend für den Morgen angesehn,

       Oder der lockre Phöbus schlummert noch,

       Weil er zu tief ins Fläschchen gestern guckte.

      MERKUR:

       Mit welcher Unehrbietigkeit der Schuft

       Dort von den Göttern spricht. Geduld ein wenig;

       Hier dieser Arm bald wird Respekt ihm lehren.

      SOSIAS: erblickt den Merkur. Ach bei den Göttern der Nacht! Ich bin verloren. Da schleicht ein Strauchdieb um das Haus, den ich Früh oder spät am Galgen sehen werde. – Dreist muß ich tun, und keck und zuversichtlich.

      Er pfeift.

      MERKUR: laut. Wer denn ist jener Tölpel dort, der sich Die Freiheit nimmt, als wär er hier zu Hause, Mit Pfeifen mir die Ohren vollzuleiern? Soll hier mein Stock vielleicht ihm dazu tanzen?

      SOSIAS:

       – Ein Freund nicht scheint er der Musik zu sein.

      MERKUR:

       Seit der vergangnen Woche fand ich keinen,

       Dem ich die Knochen hätte brechen können.

       Mein Arm wird steif, empfind ich, in der Ruhe,

       Und einen Buckel von des deinen Breite,

       Ihn such ich just, mich wieder einzuüben.

      SOSIAS:

       Wer, Teufel, hat den Kerl mir dort geboren?

       Von Todesschrecken fühl ich mich ergriffen,

       Die mir den Atem stocken machen.

       Hätt ihn die Hölle ausgeworfen,

       Es könnt entgeisternder mir nicht sein Anblick sein.

       – Jedoch vielleicht geht's dem Hanswurst wie mir,

       Und er versucht den Eisenfresser bloß,

       Um mich ins Bockshorn schüchternd einzujagen.

       Halt, Kauz, das kann ich auch. Und überdies,

       Ich bin allein, er auch; zwei Fäuste hab ich,

       Doch er nicht mehr; und will das Glück nicht wohl mir,

       Bleibt mir ein sichrer Rückzug dort – Marsch also!

      MERKUR: vertritt ihm den Weg. Halt dort! Wer geht dort?

      SOSIAS:

       Ich.

      MERKUR:

       Was für ein Ich?

      SOSIAS:

       Meins mit Verlaub. Und meines, denk ich, geht

       Hier unverzollt gleich andern. Mut Sosias!

      MERKUR:

       Halt! mit so leichter Zech entkommst du nicht.

       Von welchem Stand bist du?

      SOSIAS:

       Von welchem Stande?

       Von einem auf zwei Füßen, wie Ihr seht.

      MERKUR:

       Ob Herr du bist, ob Diener, will ich wissen?

      SOSIAS:

       Nachdem Ihr so mich, oder so betrachtet,

       Bin ich ein Herr, bin ich ein Dienersmann.

      MERKUR:

       Gut. Du mißfällst mir.

      SOSIAS:

       Ei das tut mir leid.

      MERKUR:

       Mit einem Wort, Verräter, will ich wissen,

       Nichtswürd'ger Gassentreter, Eckenwächter,

       Wer du magst sein, woher du gehst, wohin,

       Und was du hier herum zu zaudern hast?

      SOSIAS:

       Darauf kann ich Euch nichts zur Antwort geben

       Als dies: ich bin ein Mensch, dort komm ich her,

       Da geh ich hin, und habe jetzt was vor,

       Das anfängt, Langeweile mir zu machen.

      MERKUR:

       Ich seh dich witzig, und du bist im Zuge,

       Mich kurzhin abzufertigen. Mir aber kommt

       Die Lust an, die Bekanntschaft fortzusetzen,

       Und die Verwicklung einzuleiten, werd ich

       Mit dieser Hand hier hinters Ohr dir schlagen.

      SOSIAS:

       Mir?

      MERKUR:

       Dir, und hier bist dessen du gewiß.

       Was wirst du nun darauf beschließen.