Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke


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Verzeiht uns, Herr! Wir dulden diesen Kampf nicht,

       Amphitryons mit dem Amphitryon.

      AMPHITRYON:

       Was? Ihr – Ihr duldet nicht –?

      ERSTER FELDHERR:

       Ihr müßt Euch fassen.

      AMPHITRYON:

       Ist das mir eure Freundschaft auch, ihr Feldherrn?

       Das mir der Beistand, den ihr angelobt?

       Statt meiner Ehre Rache selbst zu nehmen,

       Ergreift ihr des Betrügers schnöde Sache,

       Und hemmt des Racheschwerts gerechten Fall?

      ERSTER FELDHERR:

       Wär Euer Urteil frei, wie es nicht ist,

       Ihr würdet unsre Schritte billigen.

       Wer von euch beiden ist Amphitryon?

       Ihr seid es, gut; doch jener ist es auch.

       Wo ist des Gottes Finger, der uns zeigte,

       In welchem Busen, einer wie der andre,

       Sich laurend das Verräterherz verbirgt?

       Ist es erkannt, so haben wir, nicht zweifelt,

       Das Ziel auch unsrer Rache aufgefunden.

       Jedoch solang des Schwertes Schneide hier

       In blinder Wahl nur um sich wüten könnte,

       Bleibt es gewiß noch besser in der Scheide.

       Laßt uns in Ruh die Sache untersuchen,

       Und fühlt Ihr wirklich Euch Amphitryon,

       Wie wir in diesem sonderbaren Falle

       Zwar hoffen, aber auch bezweifeln müssen,

       So wird es schwerer Euch, als ihm, nicht werden,

       Uns diesen Umstand gültig zu beweisen.

      AMPHITRYON:

       Ich euch den Umstand? –

      ERSTER FELDHERR:

       Und mit trift'gen Gründen.

       Eh wird in dieser Sache nichts geschehn.

      JUPITER:

       Recht hast du, Photidas; und diese Gleichheit,

       Die zwischen uns sich angeordnet findet,

       Entschuldigt dich, wenn mir dein Urteil wankt.

       Ich zürne nicht, wenn zwischen mir und ihm

       Hier die Vergleichung an sich stellen soll.

       Nichts von des Schwerts feigherziger Entscheidung.

       Ganz Theben denk ich selber zu berufen,

       Und in des Volks gedrängtester Versammlung,

       Aus wessen Blut ich stamme, darzutun.

       Er selber dort soll meines Hauses Adel,

       Und daß ich Herr in Theben, anerkennen.

       Vor mir in Staub, das Antlitz soll er senken.

       Mein soll er Thebens reiche Felder alle,

       Mein alle Herden, die die Triften decken,

       Mein auch dies Haus, mein die Gebieterin,

       Die still in seinen Räumen waltet, nennen.

       Es soll der ganze Weltenkreis erfahren,

       Daß keine Schmach Amphitryon getroffen.

       Und den Verdacht, den jener Tor erregt,

       Hier steht, wer ihn zuschanden machen kann. –

       Bald wird sich Theben hier zusammenfinden.

       Indessen kommt und ehrt die Tafel gütigst,

       Zu welcher euch Sosias eingeladen.

      SOSIAS:

       Mein Seel, ich wußt es wohl. – Dies Wort, ihr Herrn,

       Streut allen weitern Zweifel in die Lüfte.

       Der ist der wirkliche Amphitryon,

       Bei dem zu Mittag jetzt gegessen wird.

      AMPHITRYON:

       Ihr ew'gen und gerechten Götter!

       Kann auch so tief ein Mensch erniedrigt werden?

       Von dem verruchtesten Betrüger mir

       Weib, Ehre, Herrschaft, Namen stehlen lassen!

       Und Freunde binden mir die Hände?

      ERSTER FELDHERR:

       Ihr müßt, wer Ihr auch seid, Euch noch gedulden.

       In wenig Stunden wissen wir's. Alsdann

       Wird ungesäumt die Rache sich vollstrecken,

       Und Wehe! ruf ich, wen sie trifft.

      AMPHITRYON:

       Geht, ihr Schwachherz'gen! Huldigt dem Verräter!

       Mir bleiben noch der Freunde mehr, als ihr.

       Es werden Männer noch in Theben mir begegnen,

       Die meinen Schmerz im Busen mitempfinden,

       Und nicht den Arm mir weigern, ihn zu rächen.

      JUPITER:

       Wohlan! Du rufst sie. Ich erwarte sie.

      AMPHITRYON:

       Marktschreierischer Schelm! Du wirst inzwischen

       Dich durch die Hintertür zu Felde machen.

       Doch meiner Rach entfliehst du nicht!

      JUPITER:

       Du gehst, und rufst, und bringst mir deine Freunde,

       Nachher sag ich zwei Worte, jetzo nichts.

      AMPHITRYON:

       Beim Zeus, da sagst du wahr, dem Gott der Wolken!

       Denn ist es mir bestimmt, dich aufzufinden,

       Mehr als zwei Worte, Mordhund, sagst du nicht,

       Und bis ans Heft füllt dir das Schwert den Rachen.

      JUPITER:

       Du rufst mir deine Freund; ich sag auch nichts,

       Ich sprech auch bloß mit Blicken, wenn du willst.

      AMPHITRYON:

       Fort, jetzo, schleunig, eh er mir entwischt!

       Die Lust, ihr Götter, müßt ihr mir gewähren,

       Ihn eurem Orkus heut noch zuzusenden!

       Mit einer Schar von Freunden kehr ich wieder,

       Gewaffneter, die mir dies Haus umnetzen,

       Und, einer Wespe gleich, drück ich den Stachel

       Ihm in die Brust, aussaugend, daß der Wind

       Mit seinem trocknen Bein mir spielen soll.

      Ab.

      Sechste Szene

       Inhaltsverzeichnis

       Jupiter. Sosias. Die Feldherrn.

      JUPITER:

       Auf denn, ihr Herrn, gefällt's euch! Ehrt dies Haus

       Mit eurem Eintritt.

      ERSTER FELDHERR:

       Nun, bei meinem Eid!

       Dies Abenteur macht meinen Witz zuschanden.

      SOSIAS:

       Jetzt schließt mit dem Erstaunen Waffenstillstand,

       Und geht, und tischt, und pokuliert bis morgen.

      Jupiter