Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke


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Gewiß! Er kam, wenn er dir niederstieg, Dir nur, um dich zu zwingen ihn zu denken, Um sich an dir, Vergessenen, zu rächen.

      ALKMENE:

       Entsetzlich!

      JUPITER:

       Fürchte nichts. Er straft nicht mehr dich,

       Als du verdient. Doch künftig wirst du immer

       Nur ihn, versteh, der dir zu Nacht erschien,

       An seinem Altar denken, und nicht mich.

      ALKMENE:

       Wohlan! Ich schwör's dir heilig zu! Ich weiß

       Auf jede Miene, wie er ausgesehn,

       Und werd ihn nicht mit dir verwechseln.

      JUPITER:

       Das tu. Sonst wagst du, daß er wiederkömmt.

       Sooft du seinen Namenszug erblickst,

       Dem Diadem verzeichnet, wirst du seiner

       Erscheinung auf das innigste gedenken;

       Dich der Begebenheit auf jeden Zug erinnern;

       Erinnern, wie vor dem Unsterblichen

       Der Schreck am Rocken dich durchzuckt; wie du

       Das Kleinod von ihm eingetauscht; wer dir

       Beim Gürten hülfreich war, und was

       Beim Ortolan geschehn. Und stört dein Gatte dich,

       So bittest du ihn freundlich, daß er dich

       Auf eine Stunde selbst dir überlasse.

      ALKMENE:

       Gut, gut, du sollst mit mir zufrieden sein.

       Es soll in jeder ersten Morgenstunde

       Auch kein Gedanke fürder an dich denken:

       Jedoch nachher vergeß ich Jupiter.

      JUPITER:

       Wenn also jetzt in seinem vollen Glanze,

       Gerührt durch so viel Besserung,

       Der ewg' Erschütterer der Wolken sich dir zeigte,

       Geliebte! sprich, wie würdest du dich fassen?

      ALKMENE:

       Ach, der furchtbare Augenblick! hätt ich

       Doch immer ihn gedacht nur beim Altar,

       Da er so wenig von dir unterschieden.

      JUPITER:

       Du sahst noch sein unsterblich Antlitz nicht,

       Alkmene. Ach, es wird das Herz vor ihm

       In tausendfacher Seligkeit dir aufgehn.

       Was du ihm fühlen wirst, wird Glut dir dünken,

       Und Eis, was du Amphitryon empfindest.

       Ja, wenn er deine Seele jetzt berührte,

       Und zum Olymp nun scheidend wiederkehrt,

       So wirst du das Unglaubliche erfahren,

       Und weinen, daß du ihm nicht folgen darfst.

      ALKMENE:

       Nein, nein, das glaube nicht, Amphitryon.

       Und könnt ich einen Tag zurücke leben,

       Und mich vor allen Göttern und Heroen

       In meine Klause riegelfest verschließen,

       So willigt ich –

      JUPITER:

       Wahrhaftig? tätst du das?

      ALKMENE:

       So willigt ich von ganzem Herzen ein.

      JUPITER: für sich. Verflucht der Wahn, der mich hieher gelockt!

      ALKMENE:

       Was ist dir? zürnst du? Kränkt ich dich, Geliebter?

      JUPITER:

       Du wolltest ihm, mein frommes Kind,

       Sein ungeheures Dasein nicht versüßen?

       Ihm deine Brust verweigern, wenn sein Haupt,

       Das weltenordnende, sie sucht,

       Auf seinen Flaumen auszuruhen? Ach Alkmene!

       Auch der Olymp ist öde ohne Liebe.

       Was gibt der Erdenvölker Anbetung

       Gestürzt in Staub, der Brust, der lechzenden?

       Er will geliebt sein, nicht ihr Wahn von ihm. In ew'ge Schleier eingehüllt, Möcht er sich selbst in einer Seele spiegeln, Sich aus der Träne des Entzückens widerstrahlen. Geliebte, sieh! So viele Freude schüttet Er zwischen Erd und Himmel endlos aus; Wärst du vom Schicksal nun bestimmt So vieler Millionen Wesen Dank, Ihm seine ganze Fordrung an die Schöpfung In einem einz'gen Lächeln auszuzahlen, Würdst du dich ihm wohl – ach! ich kann's nicht denken, Laß mich's nicht denken – laß –

      ALKMENE:

       Fern sei von mir,

       Der Götter großem Ratschluß mich zu sträuben.

       Ward ich so heil'gem Amte auserkoren,

       Er, der mich schuf, er walte über mich,

       Doch –

      JUPITER:

       Nun? –

      ALKMENE:

       Läßt man die Wahl mir –

      JUPITER:

       Läßt man dir –?

      ALKMENE:

       Die Wahl, so bliebe meine Ehrfurcht ihm,

       Und meine Liebe dir, Amphitryon.

      JUPITER:

       Wenn ich nun dieser Gott dir wär –?

      ALKMENE:

       Wenn du

       – Wie ist mir denn? Wenn du mir dieser Gott wärst

       – – Ich weiß nicht, soll ich vor dir niederfallen,

       Soll ich es nicht? Bist du's mir? Bist du's mir?

      JUPITER:

       Entscheide du. Amphitryon bin ich.

      ALKMENE:

       Amphitryon –

      JUPITER:

       Amphitryon, dir ja.

       Doch wenn ich, frag ich, dieser Gott dir wäre,

       Dir liebend vom Olymp herabgestiegen,

       Wie würdest du dich dann zu fassen wissen?

      ALKMENE:

       Wenn du mir, Liebster, dieser Gott wärst – ja,

       So wüßt ich nicht, wo mir Amphitryon wäre,

       So würd ich folgen dir, wohin du gehst,

       Und wär's auch, wie Eurydike, zum Orkus.

      JUPITER:

       Wenn du nicht wüßtest, wo Amphitryon wäre.

       Doch wie, wenn sich Amphitryon jetzt zeigte?

      ALKMENE:

       Wenn sich Amphitryon mir – ach, du quälst mich.

       Wie kann sich auch Amphitryon mir zeigen,

       Da ich Amphitryon in Armen halte?

      JUPITER:

       Und dennoch könntst du leicht den Gott in Armen halten,

       Im Wahn, es sei Amphitryon.

       Warum soll dein Gefühl dich überraschen?

       Wenn ich, der Gott, dich hier umschlungen hielte,

       Und jetzo dein Amphitryon sich zeigte,