Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke


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ein falsches Kleid, ein Hausgerät,

       Doch einen Mann greift man im Finstern.

       Zudem, ist er uns allen nicht erschienen?

       Empfing ihn freudig an der Pforte nicht

       Das ganze Hofgesind, als er erschien?

       Tag war es noch, hier müßten tausend Augen

       Mit Mitternacht bedeckt gewesen sein.

      ALKMENE:

       Und gleichwohl dieser wunderliche Zug!

       Warum fiel solch ein fremdes Zeichen mir,

       Das kein verletzter Sinn verwechseln kann,

       Warum nicht auf den ersten Blick mir auf?

       Wenn ich zwei solche Namen, liebste Charis,

       Nicht unterscheiden kann, sprich, können sie

       Zwei Führern, ist es möglich, eigen sein,

       Die leichter nicht zu unterscheiden wären?

      CHARIS:

       Ihr seid doch sicher, hoff ich, beste Fürstin? –

      ALKMENE:

       Wie meiner reinen Seele! Meiner Unschuld!

       Du müßtest denn die Regung mir mißdeuten,

       Daß ich ihn schöner niemals fand, als heut.

       Ich hätte für sein Bild ihn halten können,

       Für sein Gemälde, sieh, von Künstlershand,

       Dem Leben treu, ins Göttliche verzeichnet.

       Er stand, ich weiß nicht, vor mir, wie im Traum,

       Und ein unsägliches Gefühl ergriff

       Mich meines Glücks, wie ich es nie empfunden,

       Als er mir strahlend, wie in Glorie, gestern

       Der hohe Sieger von Pharissa nahte.

       Er war's, Amphitryon, der Göttersohn!

       Nur schien er selber einer schon mir der

       Verherrlichten, ich hätt ihn fragen mögen,

       Ob er mir aus den Sternen niederstiege.

      CHARIS:

       Einbildung, Fürstin, das Gesicht der Liebe.

      ALKMENE:

       Ach, und der doppeldeut'ge Scherz, o Charis,

       Der immer wiederkehrend zwischen ihm

       Und dem Amphitryon mir unterschied.

       War er's, dem ich zu eigen mich gegeben,

       Warum stets den Geliebten nannt er sich,

       Den Dieb nur, welcher bei mir nascht? Fluch mir,

       Die ich leichtsinnig diesem Scherz gelächelt,

       Kam er mir aus des Gatten Munde nicht.

      CHARIS:

       Quält Euch mit übereiltem Zweifel nicht.

       Hat nicht Amphitryon den Zug selbst anerkannt?

       Als Ihr ihm heut das Diadem gezeigt?

       Gewiß, hier ist ein Irrtum, beste Fürstin.

       Wenn dieses fremde Zeichen ihn nicht irrte,

       So folgt, daß es dem Steine eigen ist,

       Und Wahn hat gestern uns getäuscht, geblendet; Doch heut ist alles, wie es soll.

      ALKMENE:

       Und wenn er's flüchtig nur betrachtet hätte,

       Und jetzt mit allen Feldherrn wiederkehrte,

       Und die Behauptung rasend wiederholte,

       Daß er die Schwelle noch des Hauses nicht betrat!

       Nicht nur entblößt bin ich von jedem Zeugnis, Ein Zeugnis wider mich ist dieser Stein. Was kann ich, ich Verwirrte, dem entgegnen? Wohin rett ich vor Schmerz mich, vor Vernichtung, Wenn der Verdacht der Männer ihn geprüft? Muß ich nicht eingestehn, daß dieser Zug Der Namenszug nicht des Amphitryon? Nicht eingestehn, daß ein Geschenk mir nicht Mit fremden Zeichen von ihm kommen kann? Ja, schwör ich auf den Altar gleich, daß er Mir das Gestein selbst gestern überreicht, Bin ich wohl sicher, sprich, daß ich auch gestern Das Zeichen, das hier steht, von ihm empfing?

      CHARIS:

       Faßt Euch. Hier ist er selbst. Jetzt wird sich's lösen.

      Fünfte Szene

       Inhaltsverzeichnis

       Jupiter. Die Vorigen.

      ALKMENE:

       Mein Herr und mein Gemahl! Vergönne mir,

       Daß ich dir knieend dieses Kleinod reiche.

       Ich lege treu mein Leben dir zu Füßen,

       Hast du mir diesen Stein, betracht ihn wohl,

       Mit eines fremden Namens Zug gegeben,

       So küß ich ihn vor Lust und wein auf ihn;

       Gabst du ihn nicht, und leugnest du ihn mir,

       Verleugnest ihn, so sei der Tod mein Los

       Und ew'ge Nacht begrabe meine Schmach.

      JUPITER:

       Mein schönes Weib! Werd ich den Stein ergreifen,

       Da solch ein Wert vor mir im Staube liegt.

       Erhebe dich. Was willst du? Fasse dich.

      ALKMENE:

       Mein zuversichtlich Wort hat dich beleidigt,

       Ich fühlte damals schuldlos mich und stark.

       Doch seit ich diesen fremden Zug erblickt,

       Will ich dem innersten Gefühl mißtrauen:

       Ich glaub's – daß mir – ein anderer – erschienen,

       Wenn es dein Mund mir noch versichern kann.

      JUPITER:

       Mein großes Weib! Wie sehr beschämst du mich.

       Welch eine Lüg ist deiner Lipp entflohen?

       Wie könnte dir ein anderer erscheinen?

       Wer nahet dir, o du, vor deren Seele

       Nur stets des Ein- und Ein'gen Züge stehn?

       Du bist, du Heilige, vor jedem Zutritt

       Mit diamantnem Gürtel angetan.

       Auch selbst der Glückliche, den du empfängst,

       Entläßt dich schuldlos noch und rein, und alles,

       Was sich dir nahet, ist Amphitryon.

      ALKMENE:

       O mein Gemahl! Kannst du mir gütig sagen,

       Warst du's, warst du es nicht? O sprich! du warst's!

      JUPITER:

       Ich war's. Sei's wer es wolle. Sei – sei ruhig,

       Was du gesehn, gefühlt, gedacht, empfunden,

       War ich: wer wäre außer mir, Geliebte?

       Wer deine Schwelle auch betreten hat,

       Mich immer hast du, Teuerste, empfangen,

       Und für jedwede Gunst, die du ihm schenktest,

       Bin ich dein Schuldner, und ich danke dir.

      ALKMENE:

       Nein, mein Amphitryon, hier irrst du dich.

       Jetzt lebe wohl auf ewig, du Geliebter,

       Auf diesen Fall war ich gefaßt.

      JUPITER: