Leb wohl! Leb wohl!
JUPITER:
Was denkst du?
ALKMENE:
Fort, fort, fort –
JUPITER:
Mein Augenstern!
ALKMENE:
Geh, sag ich.
JUPITER:
Höre mich.
ALKMENE:
Ich will nichts hören, leben will ich nicht,
Wenn nicht mein Busen mehr unsträflich ist.
JUPITER:
Mein angebetet Weib, was sprichst du da?
Was könntest du, du Heilige, verbrechen?
Und wär ein Teufel gestern dir erschienen,
Und hätt er Schlamm der Sünd, durchgeiferten,
Aus Höllentiefen über dich geworfen,
Den Glanz von meines Weibes Busen nicht
Mit einem Makel fleckt er! Welch ein Wahn!
ALKMENE:
Ich Schändlich-Hintergangene!
JUPITER:
Er war Der Hintergangene, mein Abgott! Ihn Hat seine böse Kunst, nicht dich getäuscht, Nicht dein unfehlbares Gefühl! Wenn er In seinem Arm dich wähnte, lagst du an Amphitryons geliebter Brust, wenn er Von Küssen träumte, drücktest du die Lippe Auf des Amphitryon geliebten Mund. O Stachel trägt er, glaub es mir, Den aus dem liebeglühnden Busen ihm Die ganze Götterkunst nicht reißen kann.
ALKMENE:
Daß ihn Zeus mir zu Füßen niederstürzte!
O G: ott! Wir müssen uns auf ewig trennen.
JUPITER:
Mich fester hat der Kuß, den du ihm schenktest,
Als alle Lieb an dich, die je für mich
Aus deinem Busen loderte, geknüpft.
Und könnt ich aus der Tage fliehndem Reigen
Den gestrigen, sieh, liebste Frau, so leicht
Wie eine Dohl aus Lüften niederstürzen,
Nicht um olymp'sche Seligkeit wollt ich,
Um Zeus' unsterblich Leben, es nicht tun.
ALKMENE:
Und ich, zehn Toden reicht ich meine Brust.
Geh! Nicht in deinem Haus siehst du mich wieder.
Du zeigst mich keiner Frau in Hellas mehr.
JUPITER:
Dem ganzen Kreise der Olympischen,
Alkmene! – Welch ein Wort? Dich in die Schar
Glanzwerfend aller Götter führ ich ein.
Und wär ich Zeus, wenn du dem Reigen nahtest,
Die ew'ge Here müßte vor dir aufstehn,
Und Artemis, die strenge, dich begrüßen.
ALKMENE:
Geh, deine Güt erdrückt mich. Laß mich fliehn.
JUPITER:
Alkmene!
ALKMENE:
Laß mich.
JUPITER:
Meiner Seelen Weib!
ALKMENE:
Amphitryon, du hörst's! Ich will jetzt fort.
JUPITER:
Meinst du, dich diesem Arme zu entwinden?
ALKMENE:
Amphitryon, ich will's, du sollst mich lassen.
JUPITER:
Und flöhst du über ferne Länder hin,
Dem scheußlichen Geschlecht der Wüste zu,
Bis an den Strand des Meeres folgt ich dir,
Ereilte dich, und küßte dich, und weinte,
Und höbe dich in Armen auf, und trüge
Dich im Triumph zu meinem Bett zurück.
ALKMENE:
Nun dann, weil du's so willst, so schwör ich dir,
Und rufe mir der Götter ganze Schar,
Des Meineids fürchterliche Rächer auf:
Eh will ich meiner Gruft, als diesen Busen,
Solang er atmet, deinem Bette nahn.
JUPITER:
Den Eid, kraft angeborner Macht, zerbrech ich
Und seine Stücken werf ich in die Lüfte.
Es war kein Sterblicher, der dir erschienen,
Zeus selbst, der Donnergott, hat dich besucht.
ALKMENE:
Wer?
JUPITER:
Jupiter.
ALKMENE:
Wer, Rasender, sagst du?
JUPITER:
Er, Jupiter, sag ich.
ALKMENE:
Er Jupiter?
Du wagst, Elender –?
JUPITER:
Jupiter sagt ich,
Und wiederhol's. Kein anderer, als er,
Ist in verfloßner Nacht erschienen dir.
ALKMENE:
Du zeihst, du wagst es, die Olympischen
Des Frevels, Gottvergeßner, der verübt ward?
JUPITER:
Ich zeihe Frevels die Olympischen?
Laß solch ein Wort nicht, Unbesonnene,
Aus deinem Mund mich wieder hören.
ALKMENE:
Ich solch ein Wort nicht mehr –? Nicht Frevel wär's –?
JUPITER:
Schweig, sag ich, ich befehl's.
ALKMENE:
Verlorner Mensch!
JUPITER:
Wenn du empfindlich für den Ruhm nicht bist,
Zu den Unsterblichen die Staffel zu ersteigen,
Bin ich's: und du vergönnst mir, es zu sein.
Wenn du Kallisto nicht, die herrliche,
Europa auch und Leda nicht beneidest,
Wohlan, ich sag's, ich neide Tyndarus,
Und wünsche Söhne mir, wie Tyndariden.
ALKMENE:
Ob ich Kallisto auch beneid? Europa?
Die Frauen, die verherrlichten, in Hellas?
Die hohen Auserwählten Jupiters?
Bewohnerinnen ew'gen Ätherreichs?
JUPITER:
Gewiß! Was solltest du sie auch beneiden?
Du, die gesättigt völlig von dem Ruhm,
Den einen Sterblichen zu Füßen dir zu sehn.
ALKMENE:
Was das für unerhörte Reden sind!
Darf ich auch den Gedanken nur mir gönnen?
Würd ich vor solchem Glanze nicht