E1 (geplanter Kaufpreis 650 Reichsmark) wurden bis 1944 nur gerade mal 500 Stück abgesetzt. Und zu gucken gab es, nachdem 1943 der Sender Witzleben bombardiert worden war, sowieso nichts mehr. Bis dahin waren immerhin noch Gruppenspiele der Deutschen Meisterschaft und ein Länderspiel gegen Spanien übertragen worden. Was es danach noch an Fernsehtechnik gab, wurde in Versuchsmodellen für intelligente Bomben verwendet.
Neuer Anstoß
Nach dem verlorenen Krieg lag Deutschland in Trümmern, wichtige Patente waren verloren gegangen und die einstmals führende Fernsehnation war nun hinter Großbritannien, Frankreich – und den Vereinigten Staaten sowieso – zurückgefallen.
Hans Bredow, der sich vor dem Krieg nicht nur mit der Idee einer nationalen Rundfunkabgabe profiliert hatte, legte 1947 einen Vorschlag für ein Rundfunkgesetz vor. Dieser Entwurf bestand aus 13 Paragrafen und bildete das Rückgrat des späteren Gesetzestextes. Bald entstanden die ersten neuen Rundfunkanstalten, wobei die Amerikaner das Prinzip „ein Land, eine Anstalt“ verfolgten, was uns den Hessischen und den Bayerischen Rundfunk neben dem Minisender Radio Bremen bescherte. Briten und Franzosen setzten auf Mehrländeranstalten, wobei aber der Koloss Nordwestdeutscher Rundfunk später in WDR und NDR aufgespalten wurde. Trotz aller öffentlich-rechtlichen Verfasstheit unterstanden die neugegründeten Institutionen in den ersten zehn Jahren den Alliierten. Das Gesetz Nr. 5 v. 21. Sep. 1949 über Presse und Rundfunk schränkte die deutsche Zuständigkeit ein.
Die Westalliierten zogen sich zwar mehr und mehr aus dem Alltagsbetrieb zurück, behielten sich aber das Recht vor, Akzente zu setzen, wenn es ihnen wichtig schien. Erst mit dem Deutschlandvertrag vom 5. Mai 1955 fiel der Rundfunk vollständig unter bundesdeutsche Zuständigkeit.
Die weitere Erforschung der Fernsehtechnik erlaubten die Alliierten aber bereits 1948. Der 22. September desselben Jahres ist somit ein wichtiges Datum für die Geschichte der ländergrenzenüberschreitenden Fußballberichterstattung. Denn hier wurde als Fernsehnorm eine Bildschirmwiedergabe von 625 Zeilen festgelegt. Erst durch diese Standardisierung war es möglich, Berichte auch aus dem Ausland zu übernehmen. (Dass heute selbst einfache Navis eine bessere Bildtechnik haben, tut in diesem Zusammenhang nichts zur Sache.)
Fortschritte in der Röhrentechnik bewirkten, dass die TV-Geräte weniger tief gebaut werden mussten, und allmählich sah es auch nicht mehr so aus, als hätte der stolze Fernsehgerätebesitzer einen gigantischen Safe in seinem Wohnzimmer aufgestellt.
Eine WM als Durchbruch
Ab 1951 gab es Fernsehgeräte zu kaufen, und Weihnachten 1952 war es dann so weit: Die ARD begann mit ihrem Sendebetrieb, und am zweiten Weihnachtsfeiertag waren auch gleich zwei Fußballspiele zu sehen. Im Norden lief ab 14:15 Uhr das Spiel St. Pauli gegen Hamborn 07 und im Westen 1. FC Köln gegen Roter Stern Belgrad. Ende 1952 gab es in der Bundesrepublik etwa tausend „Tischgeräte“, die so um die anderthalb Tausend Mark kosteten.
1953 folgten das erste Oberligaspiel und am 22. März das erste Länderspiel. Deutschland trat gegen Österreich in Köln an.
Der Durchbruch des Fernsehens kam mit der Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz. Diese WM wurde als erste im Rahmen der Eurovision übertragen. Als das Turnier begann, gab es auf dem ganzen Kontinent nicht mehr als vier Millionen Geräte, trotzdem sollen in ganz Europa 90 Millionen Zuschauer die Spiele vor dem Bildschirm verfolgt haben. Dabei war sich die ARD am Anfang nicht einmal sicher, ob sie die Übertragungsrechte wirklich haben wollte. Schließlich wurden für zehn Spiele 160.000 Mark bezahlt, aber auch das erst, nachdem der TV-Gerätehersteller Philips eine Ausfallgarantie übernommen hatte. Am Anfang des Jahres gab es in Westdeutschland etwas mehr als 10.000 TV-Geräte. Beim Anpfiff der WM waren es 27.000 und am Ende des Jahres fast 100.000. Während des Wettbewerbs konnten berühmte Marken wie Telefunken, Saba und Nordmende ihre Lager leerverkaufen.
Der Boom hatte natürlich auch damit zu tun, dass niemand mit einem Weiterkommen der deutschen Mannschaft gerechnet hatte. Es war ein bisschen so wie bei der Schlacht am Lech knapp 1.000 Jahre zuvor. Damals hätte auch jeder, der seine fünf Sinne beisammen hatte, auf die Ungarn gesetzt. Nun waren die letzten 1.000 Jahre der deutschen Geschichte gerade mal sieben Jahre her und wieder galten die Ungarn als die ungekrönten Könige der Fußballwelt.
In weiser Voraussicht hatten die Veranstalter die Spiele des deutschen Teams in die Nähe der deutschen Grenze gelegt. Das lohnte sich auch für die Schweizer, denn während des Wettbewerbs waren nur die Spiele mit deutscher Beteiligung ausverkauft. Aber nach der Klatsche gegen die Ungarn in der Vorrunde dachte jeder, dass das DFB-Team nach drei Spielen wieder nach Hause fahren müsste. So gab es vor dem späteren echten „Wunder von Bern“ noch jede Menge andere Mirakel. Der Sieg gegen die Jugoslawen lebte kurzzeitig unter dem Markenzeichen „Das Wunder von Genf“, bis der Sieg gegen Österreich „Das Wunder von Basel“ getauft wurde. Aber in der Zwischenrunde zeichnete sich ab, dass bei dieser Weltmeisterschaft tatsächlich die ganz große Sensation möglich war.
„Das Wunder von Bern“
Über die identitäts- und sinnstiftende Dimension des dann tatsächlich finalen „Wunders von Bern“ ist an anderen Orten bei anderen Gelegenheiten genug geschrieben worden, aber die ersten Nachwirkungen des Spiels waren für Deutschland eine Herausforderung.
Die geringsten Probleme hatten die Spieler, die als strahlende Helden mit dem Zug in die Heimat zurückkehrten, wo sie bejubelt und mit Motorrollern und Kühlschränken beschenkt wurden.
Aber trotz gegenteiliger Beteuerungen hat Sport auf internationaler Ebene immer mit Politik zu tun. Und weil große Teile des Publikums nach dem Sieg im Wankdorfstadion die erste Strophe des Deutschlandlieds angestimmt hatten, meldeten sich jenseits der Grenzen bald Stimmen, die fürchteten, dass die Deutschen, kaum dass man sie vor knapp zehn Jahren an allen Fronten geschlagen hatte, schon wieder von neuen Blitzsiegen träumten.
Herbergers Taktik – im Vorrundenspiel gegen die Ungarn mit einer B-Elf zu verlieren – schien plötzlich Sinnbild für eine politische Verschlagenheit zu sein, die man dem alten Fuchs Adenauer durchaus zutraute.
Plakat zur WM 1954 in der Schweiz
Und dass der siegestrunkene DFB-Präsident Peco Bauwens am 6. Juli 1954 – ausgerechnet im Münchner Löwenbräukeller – in seiner Rede dem Germanengott Wotan dankte und dem Führerprinzip gewisse positive Aspekte abgewinnen konnte, trug nicht dazu bei, diese Befürchtungen zu zerstreuen. Auch dass der Rheinländer Bauwens (der von „Dopping“ sprach, wenn er Doping meinte) in seiner Rede nicht wie sein Landsmann Goebbels, sondern eher wie ein Karnevalsprinz klang, half nichts.
Am Ende musste Bundespräsident Th eodor Heuss bei der Auszeichnung der Spieler in Berlin mit maßvollen und ausbalancierten Worten die Wogen glätten. Und als in Hannover ein Freundschaft sspiel gegen Frankreich stattfand, welches das DFB-Team verlor, soll Kanzler Adenauer dem Vernehmen nach sogar erleichtert gewesen sein.
Auch die DDR – für Adenauer und viele andere damals nicht viel mehr als die „Zoffj etzone“ – wurde durch den in Westdeutschland errungenen Weltmeistertitel vor Probleme gestellt. Versuchte man anfangs noch, den Sieg der anderen Deutschen madig zu machen – der Spieler Liebrich hätte in der Vorrundenbegegnung durch ein brutales Foul einen wichtigen ungarischen Spieler für das Finale ausgeschaltet –, schwenkte man später um und versuchte den sportlichen Erfolg von dem politischen Gegner zu trennen. Selbst Chefagitator Karl-Eduard von Schnitzler war sich nicht zu schade, dem Thema einen ganzen Kommentar zu widmen. Dabei verwechselte er zwar konsequent den Endspielort Bern mit dem politisch symbolträchtigeren Genf, aber auch er konnte seine Anerkennung nicht versagen. Manche Quellen behaupten sogar, dass der Weltmeistertitel des DFB-Teams die Führung in Ost-Berlin so sehr gewurmt hätte, dass sie bald darauf mit der planmäßigen Förderung des Leistungssports begann.
Ein Münzwurf entscheidet
Der Reporter bei der Fernsehübertragung des Endspiels hieß übrigens Dr. Bernhard Ernst. Er war