Charles Platt

Free Zone


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Fernsehen!«, schob seine Frau nach.

      »Schön«, sagte Dusty. Sie drehte sich zu Dr. Abo zurück, als die Hinckels abmarschierten. »Was sagten Sie?«

      Dr. Abo sah sich unbehaglich im Raum um. »Ich frage mich – kann man irgendwo etwas privater reden? In Ihrem Büro vielleicht?«

      »Dies ist mein Büro. Wissen Sie, wenn eine Regierung anfängt, ihren Kram unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu regeln, hört sie für gewöhnlich auch damit auf, dem Volk zu dienen, das sie gewählt hat. Aber wir können draußen hinterm Haus etwas spazieren gehen.«

      »Meinetwegen.« Dr. Abo verbeugte sich leicht. »Vielen Dank.«

      Hinterm Haus war die Betonversiegelung aufgebrochen worden und durch einen Gemüsegarten ersetzt. Ein altersgebeugter Mann in den Siebzigern beschäftigte sich mit einigen der Pflanzen, sein langes weißes Haar wehte im Wind. »Der treibt hier etwas Forschung«, erklärte Dusty. »Versucht, Gemüsesorten mit UV-Resistenz zu züchten. Gensplicing – das ist doch Ihr Feld?«

      Dr. Abo zwinkerte. »Woher wissen Sie das denn?«

      Dusty zuckte die Achseln und sah auf Lucky hinunter. »Das ist Ihr Hund?«

      »Ja. Genau deshalb bin ich zu Ihnen gekommen.« Er zögerte. »Sie haben recht, ich bin Gentechniker.«

      »Aus Hawaii?«

      Er sah sie scharf an. »Ich stamme von Hawaii. Japaner der zweiten Generation. Amerikanischer Bürger.«

      »Aber Sie gingen woandershin?«

      Dr. Abo zögerte. Wenn Dusty McCullough zwei Sachen über ihn wusste, wer könnte da wissen, was sie noch alles schon herausgefunden hatte? Die Wahrheit zu sagen, oder wenigstens einen Teil davon, schien die einzig taugliche Option zu sein. »Ich war Forschungsleiter bei Sow Lok Fok, einem Unternehmen in Hongkong«, erzählte er ihr mit bewusst leiser Stimme. »Durch eine Reihe glücklicher Zufälle kam ich auf einen Spleiß, der das Sprachzentrum des Gehirns bestimmter Säugetiere vergrößert. Insbesondere bei Hunden. Zugleich arbeitete mein Stab an der Vervollkommnung eines chirurgischen Eingriffs zur Veränderung des Hundekehlkopfs.«

      Dusty nickte zum Hund hin. »Bei seinem?«

      »Ganz recht. Er hat einen Wortschatz von vielleicht fünftausend Wörtern.«

      Sie sah ihn skeptisch an. »In echt?«

      Dr. Abo ging neben dem Cockerspaniel in die Hocke. »Sag Hallo zu Dusty.«

      Lucky ging zu ihr, stellte sich auf die Hinterpfoten und stützte sich mit den Vorderpfoten auf ihren Oberschenkel. »Hallo, Dusty«, sagte er. »Wie geht es dir?«

      Dusty lachte. »Phantastisch!«

      »Seit Jahrhunderten werden Papageien als sprechende Haustiere gehalten«, sagte Dr. Abo. »Können Sie sich vorstellen, was für ein Potenzial im Markt für sprechende Hunde steckt?«

      Dusty hielt nachdenklich inne. »Wie viel versteht er tatsächlich?«

      »So viel wie jeder normale Hund. Der Unterschied ist, dass Lucky die Fähigkeit hat, in einer Weise zu antworten, die wir verstehen können.«

      Dusty sah Lucky in die ausdruckslosen Augen. »Wie geht’s dir, Lucky?«

      »Gut«, sagte Lucky. »Und wie geht es dir?« Er fiel wieder auf alle vier Beine und schnüffelte in der Luft. »Ich will Kaninchen jagen.«

      Dusty drehte sich wieder zu Dr. Abo hin. »Okay, reden wir übers Geschäft. Was haben Sie, und was brauchen Sie?«

      Dr. Abos Stirn war schweißnass vor Nervosität. Er wischte sie sich mit dem Taschentuch. »Ich benötige ein Kühlhaus, in dem ich Gewebeproben lagern kann, die ich von Hongkong mitgebracht habe, wo mein Unternehmen von den Behörden geschlossen wurde. Ich möchte meine Forschungen hier fortsetzen. Ich kann in Goldmünzen bezahlen.« Reflexhaft fasste er den Griff seines Aktenkoffers fester.

      »Die haben Sie dichtgemacht?«

      »Meine Forschungen an Säugetieren verletzten Richtlinien der Festlandchinesen. Sie könnten wohl auch hiesige Bundesgesetze zur rekombinanten DNA verletzen. Von einem Freund hörte ich, dass Ihre Free Zone so etwas womöglich zulässt.« Er sah sie hoffnungsvoll an.

      Dusty zuckte die Achseln. »Solange es keine Gefahr für die Gemeinschaft darstellt … Aber wir haben Leute, die das überprüfen können.« Sie hielt inne. »Es gibt ein altes Lagerhaus für Fleisch, das könnte für Ihre Zwecke geeignet sein. Da ist Kühlung installiert, die noch funktionieren dürfte. Sofern es nicht schon Vandalen zum Opfer gefallen ist. Wollen Sie es sich ansehen?«

      Dr. Abo entspannte sich sichtlich. »Danke. Ich bin Ihnen sehr dankbar.«

      Dusty nickte. »Kommen Sie mit.« Sie führte ihn zurück ins Gebäude.

      »Dusty!«, rief jemand. »Anruf für dich auf zehn. Wichtig.«

      »Einen Moment«, entschuldigte sie sich bei Dr. Abo. Sie ging zu ihrem Schreibtisch und nahm das Telefon auf. »Ja?«

      Dr. Abo blieb stehen und sah zu. Während sie der Stimme am anderen Ende der Leitung zuhörte, veränderte sich ihr Ausdruck. Ihre Muskeln spannten sich an, es zuckte kurz in einer Wange.

      »Das ist lächerlich, und das wissen Sie«, sagte sie schließlich. »Wir zahlen schon so viel, wie wir können.« Weitere Pause. »Das muss ich nicht mit einem Referendum klären. Es kommt überhaupt nicht infrage. Und drohen Sie mir bloß nicht!« Sie knallte den Hörer auf, stand einen langen Moment und sah schweigend vor sich hin.

      »Entschuldigen Sie«, wagte sich Dr. Abo vor, »wenn ich hier zu so unpassender Zeit hereinplatze.«

      Sie schien die Stimmung abzuschütteln, die sie erfasst hatte. »Schon gut. Sind Sie mit dem Auto hier?«

      »Ja doch.«

      Sie hielt die Hand auf. »Geben Sie mir die Schlüssel. Ich fahre.«

      Dr. Abo saß auf dem Beifahrersitz, hielt nervös den Aktenkoffer auf den Knien, Lucky hüpfte hinten hinein. Dusty beschleunigte auf der Straße, winkte ein paar Einwohnern zu, die sie erkannten und ihr »Hi!« zuriefen.

      »Das war der Bürgermeister von Los Angeles am Telefon«, erzählte sie Dr. Abo, als der kleine Wagen den schlaglöcherigen Highway entlangschaukelte. »Gestern Abend ist was passiert. Ein paar Ortsfremde haben unsere Grenze durchbrochen und wurden ziemlich übel zugerichtet von Einheimischen. Der Bürgermeister will mehr Geld.«

      »Ach ja?«, sagte Dr. Abo, der offensichtlich nicht verstand, wovon sie redete.

      »Wir zahlen dem Schweinehund schon eine Million die Woche.«

      »Für Waren und Dienstleistungen?«

      »Scheiße, nein! Schutzgeld. Damit er nicht mit der Nationalgarde hier einmarschiert und uns alle umbringt.« Sie kurvte scharf nach links, um an einem toten Maultier vorbeizukommen, das mitten auf der Straße lag.

      »Sie sind sehr direkt«, sagte Dr. Abo.

      »Die einzige Art, die ich kann.« Sie schaltete in den vierten Gang und passierte mit gleichmäßigen fünfzig eine Folge toter Verkehrsampeln. Vernagelte Ladenfronten huschten vorbei.

      »Ich bedaure«, sagte Dr. Abo, »aber ich weiß nicht einmal Ihre offizielle Amtsbezeichnung. Oder wie genau diese Free Zone eigentlich entstanden ist.«

      »Ich hab’ keinen Titel – es sei denn, Sie zählen Queen der Freeps als solchen, so nennen mich die Leute, wenn sie zu Späßen aufgelegt sind. »Freeps, das sind die Free People«, schob sie erklärend nach. »Aber ich hab’ hier keinerlei Macht. Jeden Tag wird ein TV-Referendum abgehalten zu dem, was zu entscheiden ist, die Einwohner können Einspruch erheben gegen was auch immer wir vorbringen, sie können auch das zukünftige politische Vorgehen verändern, wenn ihnen danach ist.« Sie fuhr langsamer, als sie sich einer Straße näherten, an der Marktstände aufgeschlagen waren und sich Einwohner mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs eindeckten.

      »Aber