ermöglicht, welche wiederum die Grundlage für konkrete sprachliche Äußerungen auf der Ebene des Sprachgebrauchs (parole) bildet: Verbindet etwa eine Person einen konkreten Gegenstand in der Natur mit dem Konzept eines Baumes, stellt sich bei ihr unweigerlich das entsprechende Lautbild /baum/ ein, das diese daraufhin in einer konkreten Lautkette wiedergeben kann. Diese Lautkette kann wiederum von einer anderen Person mit dem entsprechenden Lautbild in Verbindung gebracht werden, sodass dieser schließlich ihrerseits die Bedeutung bzw. das Konzept des Baums bewusst wird. Diese Fähigkeit zu bzw. Möglichkeit der sprachlichen Kommunikation fasst de Saussure als langage zusammen.
Während das Zeichenmodell von de Saussure mit Ausdruck und Bedeutung zwei Komponenten umfasst und daher auch als bilateral charakterisiert wird, werden innerhalb des Modells der Briten Charles Kay Ogden und Ivor Armstrong Richards (1923; dt. 1974) drei Komponenten angesetzt; es wird daher auch als semiotisches Dreieck oder als trilaterales Zeichenmodell charakterisiert (vgl. Abb. 211b). Das Modell erscheint graphisch als gleichschenkliges Dreieck, an dessen Ecken Faktoren und an dessen Kanten Relationen des Gebrauchs von (sprachlichen) Zeichen angegeben werden. Dabei werden nach gängiger Interpretation Symbol als der Ausdruck und Thought or Reference als die Bedeutung eines (sprachlichen) Zeichens angesehen; unter Referent werden schließlich die Gegenstände und Sachverhalte der (außersprachlichen) Wirklichkeit zusammengefasst (zu dieser und einer alternativen Interpretation des semiotischen Dreiecks vgl. Roelcke 2017: 25–29).
Zeichenmodell von Ogden und Richards (1923: 11)
Zwischen Ausdruck, Bedeutung und Wirklichkeit bestehen nach Ogden und Richards drei verschiedene Beziehungen: Ausdruck (Symbol) und Bedeutung (Thought or Reference) stehen dabei in einem unmittelbaren Zusammenhang, da sie einander (durch Arbitrarität und Konventionalität) zugeordnet sind. Die beiden Autoren gehen hier von einer kausalen Beziehung (causal relation) aus, die entweder zutreffend (correct) oder nicht zutreffend ist (abhängig davon, ob der betreffende Ausdruck in Bezug auf die Bedeutung richtig gewählt ist). Ein unmittelbarer Zusammenhang besteht im Weiteren auch zwischen der Bedeutung und der Wirklichkeit (Referent); dieser Zusammenhang erweist sich in Bezug auf das Erfassen der Wirklichkeit durch das Denken als zulänglich (adequate) oder nicht. Anders verhält es sich mit der dritten Beziehung, also derjenigen zwischen Ausdruck und Wirklichkeit: Hier wird nur ein mittelbarer, indirekter Zusammenhang angenommen (imputed), da zwischen beiden weder ein Kausalzusammenhang noch eine Ähnlichkeitsbeziehung bestehe.
Übung 211a
Konzeptionen wie die hier vorgestellten, dass Bedeutungen eigenständige Einheiten darstellen, dürfen in der Regel nicht mit einem naiven Begriffsrealismus gleichgesetzt werden, der die Existenz von kognitiven oder mentalen Entitäten postuliert, die letztlich unabhängig von einzelnen Sprachen sind. Der philosophische oder linguistische Ansatz eigenständiger Bedeutungseinheiten lässt zumeist den epistemologischen Status von Bedeutung oder Begriff offen und nutzt diese Einheiten oder Termini insbesondere als hermeneutische Größen, die dazu beitragen sollen, Zeichen und Kommunikation zu modellieren. Dies gilt auch für einschlägige Modelle der kognitiven Semantik (Croft/Cruse 62010; Dabrowska/Divjak 2015; Rickheit/Weiss/Eikmeyer 2010; Schwarz 32008) – etwa der Prototypen- und Stereotypensemantik (vgl. Kap. 2.2.3) oder der Frame- und Skriptsemantik (vgl. Kap. 2.2.4), die sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie nicht Bedeutungen unmittelbar als mentale Phänomene erfassen und beschreiben, sondern vielmehr anhand von kommunikativen Erscheinungen mittelbar auf die Suche nach mentalen Spuren gehen.
Ein wichtiges Beispiel für einen eher methodisch als epistemologisch, jedoch durchaus begründeten Begriffsrealismus findet sich in der modernen Terminologielehre bzw. Terminologiearbeit. Um den Gebrauch von Fachwörtern national und international festlegen zu können, wird hier von kognitiven Einheiten ausgegangen, denen jeweils Ausdrücke verschiedener Sprachen zuordnet werden (vgl. Arntz/Picht/Schmitz 72014: 48–56; zu fachsprachlichen Definitionen vgl. Kap. 2.2.1). In DIN 2342, einer der terminologischen Grundsatznormen des Deutschen Instituts für Normung, wird dabei Begriff wie folgt bestimmt: „Denkeinheit, die aus einer Menge von Gegenständen unter Ermittlung der diesen Gegenständen gemeinsamen Eigenschaften mittels Abstraktion gebildet wird.“ Und weiter heißt es dort: „Begriffe sind nicht an einzelne Sprachen gebunden, sie sind jedoch von dem jeweiligen gesellschaftlichen und/oder kulturellen Hintergrund einer Sprachgemeinschaft beeinflusst.“
Ungeachtet solch verschiedener Konzeptionen werden die Wörter Bedeutung, Begriff und Wort nicht allein in der Sprache des Alltags, sondern durchaus auch innerhalb der Sprachwissenschaft oftmals nicht trennscharf verwendet. Daher seien im Folgenden einige terminologische Gebrauchsweisen vorgeschlagen (vgl. Roelcke 32010: 62), die sich in der semantischen Praxis im Allgemeinen bewährt haben und im Folgenden verwendet werden:
Ausdruck = formale (schriftliche oder lautliche) Seite eines (lexikalischen) Zeichens;
Bedeutung = funktionale (inhaltliche) Seite eines (lexikalischen) Zeichens;
Wort = (lexikalisches) Zeichen als Einheit aus Ausdruck und Bedeutung mit Betonung der Ausdrucksseite;
Begriff = (lexikalisches) Zeichen als Einheit aus Ausdruck und Bedeutung mit Betonung der Bedeutungsseite.
2.1.2 Bedeutung als Gebrauch von Zeichen
Die Annahme, Bedeutungen seien eigenständige Einheiten, ist aus Sicht vieler Vertreterinnen und Vertreter aus Sprachphilosophie, Semiotik und Linguistik derart problematisch, dass sie selbst auf deren Ansatz als hermeneutische Größe verzichten: Der Status der Konzepte bzw. Termini Begriff und Bedeutung sei hiernach in einem so hohen Maße unbestimmt, dass diese konzeptionell nicht haltbar seien und deren wissenschaftlicher Gebrauch daher abgelehnt werden müsse.
Vor diesem Hintergrund fordert bereits Charles S. Peirce (1878), nicht die konzeptionelle Intension von Begriffen selbst zum Ausgangspunkt wissenschaftlicher Untersuchungen zu machen, sondern die pragmatische Relevanz der Gegenstände und Sachverhalte, auf die durch solche Begriffe jeweils Bezug genommen wird: Ein Begriff bzw. eine Bedeutung spiegele sich in der Art und Weise wider, wie der damit erfasste Gegenstand oder Sachverhalt verwendet werde; diese Verwendungsweise zu erfassen, mache die Beschreibung von so etwas wie Begriffen oder Bedeutungen hinfällig. Stark vereinfacht lässt sich dies am Beispiel des Worts oder Begriffs Hammer zeigen: Dieser Gegenstand kann intensional als ein Werkzeug aufgefasst werden, das dazu dient, Gegenstände an Wänden usw. zu befestigen; seine Verwendungsweise besteht dagegen darin, Nägel in Flächen usw. zu schlagen.
Für die Sprachwissenschaft bedeutsam wurde ein solcher Ansatz mit der Philosophie des späteren Ludwig Wittgenstein (1958/77: 236), der die Bedeutung eines (lexikalischen) Zeichens mit dessen Gebrauchsweise bzw. mit deren Beschreibung bzw. Erklärung gleichsetzt: „‚Die Bedeutung des Wortes ist das, was die Erklärung der Bedeutung erklärt‘. Das heißt: willst du den Gebrauch des Worts ‚Bedeutung‘ verstehen, so sieh nach, was man ‚Erklärung der Bedeutung‘ nennt.“ Die Bedeutung eines Wortes wie Hammer wird hiernach nicht durch Beschreibung seines (kognitiven, mentalen oder konzeptionellen) Inhalts erfasst, sondern durch die Beschreibung seiner (pragmatischen) Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch. Seinen Niederschlag fand Wittgensteins Philosophie etwa in der pragmatischen Semantik der 1970er Jahre oder in der Sprechakttheorie von John L. Austin (1962) und John Searle (1969).
Eine konsequente Ablehnung erfährt das Konzept der Bedeutung im Rahmen des Behaviorismus