Edmond Hamilton

Captain Future 08: Im Zeitstrom verschollen


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zu schmalen Schlitzen.

      »Wovon reden Sie? Wo lebt dieses Volk, von dem Sie sprechen?«

      Melton schluckte. »Sie leben einhundert Millionen Jahre in der Vergangenheit.«

      Captain Future musterte den jungen Erdling skeptisch.

      »Sie können nicht erwarten, dass ich Ihnen das ohne handfesten Beweis abnehme. Wie sollte ein Volk, das einhundert Millionen Jahre in der Vergangenheit lebt, mit Ihnen Kontakt aufnehmen?«

      Meltons Blick flackerte.

      »Ich weiß auch nicht, wie das möglich war«, gab er zu.

      »Sie wissen es nicht?«, explodierte Otho. »Feinde des Pluto, ist das ein verdammter Scherz? Wenn dem so ist …«

      »Warte, Otho«, gebot Curt ihm Einhalt. Seine grauen Augen glitten zu dem aufwühlten Gesicht des jungen Erdlings. »Unten im Mondlaboratorium können wir ruhiger über alles reden. Folgen Sie mir, Melton.« Der hochgewachsene Curt führte sie zu den in das Mondgestein eingelassenen Stufen. Das Gehirn glitt neben ihm her und Brad Melton folgte ihnen, rechts und links von dem jungen Erdling gingen der scheppernde Roboter und der geschmeidige Androide. Sie stiegen durch die Luftschleuse in das große Hauptlabor hinunter, das sich unter dem Kuppelfenster im Kraterboden befand.

      Melton sah sich verblüfft um. Ihm war klar, dass er sich glücklich schätzen konnte, einer der wenigen Außenstehenden zu sein, die das legendäre Mondlaboratorium der Futuremen betreten durften.

      Die große, helle, aus dem Felsen gehauene Kammer rief aus gutem Grund Verblüffung hervor. Es handelte sich um das am besten ausgestattete Labor des ganzen Interplanetaren Systems. Große Generatoren, Transformatoren, Atomwandler, Sprachgeneratoren und Öfen standen an den Wänden. Plumpe, massive Elektronenteleskope wölbten sich groß und glänzend in der Kammer. Bei den übrigen Ausrüstungsgegenständen wusste Melton nicht, worum es sich handelte. Aber das war nicht ungewöhnlich, schließlich entwickelten die Futuremen ständig neue wissenschaftliche Instrumente, die kein anderer Wissenschaftler je zu Gesicht bekommen hatte.

      Curt Newton nahm den Helm ab und legte ihn beiseite. Zwei gezähmte Haustiere schlenderten herbei und untersuchten ihn genauer. Bei dem einen Tierchen handelte es sich um ein Meteoriten-Mimentier, eine fette, kleine weiße Kreatur, die sich urplötzlich in die exakte Kopie des Helms verwandelte.

      Seine Körperzellen transformierten sich wie durch Zauberhand, es handelte sich um eine Tarnfähigkeit dieser seltsamen Spezies. Bei dem anderen handelte es sich um einen kleinen Mondwelpen, ein spitznasiges graues Tier mit Perlenaugen, eine Spezies, die keinen Sauerstoff benötigte und sich von Mineralien und Metallen ernährte.

      Curts scharfe Stimme holte Brad Melton, der das unterirdische Labor fasziniert inspizierte, in die Gegenwart zurück.

      »Sie sagten, dass Sie eine Nachricht von einem Volk überbrächten, das Hilfe braucht – von einem Volk, das in der Vergangenheit lebt. Wie sind Sie an diese Nachricht gekommen?«

      »Ich war mit einigen anderen Erzschürfern auf dem Asteroiden 221«, erklärte Brad Melton stammelnd. »Dort lagen alte, zerbrochene Steine herum. Als ich sie untersuchte, muss ich in eine Art unsichtbaren Strahl getreten sein, denn plötzlich hörte ich eine Stimme in meinem Kopf.«

      »Na klar«, schnaubte Otho ungläubig, »der Schnaps, den ihr Minenarbeiter so gern trinkt, würde jeden dazu bringen, Stimmen zu hören.«

      »Ich habe so was noch nie zuvor erlebt«, fügte Melton eilig hinzu. »Es war eine Stimme in meinem Kopf, die immer wieder dieselbe Nachricht wiederholte. Sie sagte, dass sie Darmur gehöre, einem Wissenschaftler aus Katain …«

      »Katain?«, wiederholte Captain Future verblüfft.

      »Haben Sie schon mal davon gehört?«, fragte Melton verwundert.

      Curt nickte beiläufig, doch seine Augen begannen zu funkeln.

      »Ja, ich habe davon gehört. Was hat die mentale Stimme gesagt?«

      »Ich kann mich nicht an alles erinnern«, gestand Melton verwirrt. »Dieser Darmur sagte, dass er seine Worte mithilfe eines Strahls in die Zukunft schickte. Er bat zukünftige Generationen um Hilfe, weil sein Volk dazu verdammt wäre, entweder zugrunde zu gehen oder irgendeinem unbekannten tragischen Schicksal zum Opfer zu fallen. Er bete, dass jemand in der Zukunft seine Nachricht hören würde, dem es gelungen wäre, das Rätsel um das Reisen in der Zeit zu lösen, und dass derjenige in die Vergangenheit reisen würde, um ihm und seinem Volk zu helfen … Ich konnte nicht anders, als diesen Hilferuf ernst zu nehmen. Ich habe einmal einen Wissenschaftler sagen gehört, dass vor einhundert Millionen Jahren ein Volk in jenem Teil des Systems ausgelöscht worden ist. Dieser Hilferuf war so herzzerreißend, dass ich etwas tun musste. Der alte Nilga sagte mir, dass Captain Future die einzige Person wäre, die möglicherweise das Geheimnis des Zeitreisens kennen könnte, deshalb kam ich her …«

      Meltons Stimme verstummte. Ihm war selbst klar, wie unglaubwürdig sich seine Geschichte anhörte. Er erwartete halb, dass Captain Future in Gelächter ausbrechen würde, doch der hochgewachsene grauäugige junge Raumfahrer lachte nicht. Stattdessen presste er angespannt die Lippen zusammen. In seinen Augen flackerte großes Interesse, als er dem Gehirn einen Blick zuwarf.

      »Hast du das gehört, Simon? Ein Hilferuf aus Katain! Er könnte echt sein. Auch wenn die Katainier das Gesetz des Zeitschubs noch nicht entdeckt hatten, könnten sie in der Lage gewesen sein, mithilfe eines achronischen Trägerstrahls eine elektronisch-telepathische Nachricht in die Zukunft zu senden!«

      Brad Melton verstand nicht, wovon Captain Future sprach, aber das Gehirn schien zu wissen, was er meinte. Simon Wrights Linsenaugen tauschten einen Blick mit Curt aus.

      »Ja, mein Junge, das ist möglich«, erklang die langsame, kratzige Stimme des Gehirns. »Und dennoch …«

      Otho schien aus der Verwunderung nicht mehr herauszukommen.

      »Sag mir, Chef, wovon redet ihr da eigentlich?«, beschwerte er sich. »Was ist dieses Katain genau?«

      »Katain«, erwiderte Curt, »war der zehnte Planet unseres Sonnensystems, seine Umlaufbahn lag zwischen Mars und Jupiter. Der Planet explodierte vor einhundert Millionen Jahren. Seine Fragmente bilden nun die Asteroidenzone.«

      »Bei den Sonnenkobolden!«, rief Otho aus. »Dann glaubst du also, dass die Nachricht, die Melton gehört hat, wirklich echt ist und aus der Zeit stammt, als Katain noch existierte?«

      »Möglich wär’s«, erwiderte Curt nachdenklich. »Eine Botschaft aus der Vergangenheit, die verzweifelte Bitte um Hilfe von einem Volk, dessen Heimat von der Auslöschung bedroht ist.« Er drehte sich abrupt zu Simon herum. »Simon, ich werde dieser Sache nachgehen. Ich beabsichtige, den Asteroiden 221 zusammen mit Melton zu besuchen und mir die Botschaft mit eigenen Ohren anzuhören.«

      »Und wenn die Botschaft echt ist?«, fragte das Gehirn. »Was willst du dann tun?«

      »Du erinnerst dich doch sicher an die Zeitschub-Experimente, die wir vor zwei Jahren durchgeführt haben?«, erwiderte Curt. »Womöglich finden wir einen Weg, um zu helfen.«

      Othos grüne Augen blitzten aufgeregt. »Die Maschine, die du dazu verwendet hast, kleine Lebewesen durch die Zeit zu schicken? Springende Kobolde des Jupiter! Willst du damit sagen, dass wir vielleicht dazu in der Lage wären, durch die Zeit nach …«

      »Katain zu reisen?«, beendete Curt seinen Satz. »Ich weiß es nicht, Otho. Wenn die Botschaft echt ist, dann braucht womöglich ein Volk, das in einer anderen Zeitdimension lebt, unsere Hilfe. Da wir wissen, dass ihre Welt zerstört wurde, ist klar, dass die Gefahr tatsächlich existierte. Und die Botschaft bekräftigt das noch einmal.«

      Seine grauen Augen begannen vor Aufregung zu leuchten, als würde sein Blick zu den lockenden Horizonten des Unbekannten schweifen.

      »Wenn