Matthias Bauer

Die dunklen Bücher - Der Fluch des alten Bergwerks


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Schaller, Augustas Mutter, schob sich ihre blonden Haare aus dem Gesicht – eine Geste, die ihre ältere Tochter in letzter Zeit immer öfter unbewusst nachahmte. „Euer Onkel Andreas besitzt dort eine Almhütte. Ein gemeinsamer Urlaub ist genau das, was diese Familie braucht.“ Ihr Blick schweifte zu Michael Schaller, einem großen Mann mit dunklen Haaren, der mit einer Hand über die Oberfläche seines Handys wischte. Die Gabel Spaghetti in seiner anderen Hand schwebte unbeachtet in der Luft.

      „Außerdem ist es höchste Zeit, Onkel Andreas wieder einmal zu besuchen“, fuhr die Mutter fort. „Das letzte Mal wart ihr noch ganz klein.“

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      „Das darf doch nicht wahr sein“, murmelte Augustas Vater jetzt und schüttelte den Kopf. Augusta wusste, dass er gar nicht zugehört hatte. Wahrscheinlich gab es wieder Stress in der Firma wo er arbeitete.

      „Findest du nicht auch, dass der Urlaub eine gute Idee ist, Michael?“, hakte Augustas Mutter nach.

      Der Vater reagierte nicht, seine Augen waren immer noch auf das Handy gerichtet.

      „Michael Schaller!“

      Jetzt zuckte er zusammen, dabei fiel ihm die Portion Nudeln von der Gabel genau auf das Handy. Ärgerlich wandte er sich Franziska zu. „Bravo! Gerade jetzt, wo ich –“

      „‚Quod erat demonstrandum‘, Augusta.“ Manchmal würzte Franziska Schaller, die stundenweise an der Universität arbeitete, ihre Redeweise mit lateinischen Zitaten. Meist dann, wenn ihr etwas besonders ernst war. „Das ist lateinisch und bedeutet ‚Was zu beweisen war‘. Euer Vater ist mit seinen Gedanken nur mehr bei seiner Arbeit und du bist fast immer mit deinen Freundinnen unterwegs.“

      „Und was soll daran falsch sein?“, murrte Augusta. „Ist ja schließlich Sommer.“

      „Was ist mit mir? Ich bin doch immer da.“ Alle wandten sich Julia zu, die vor einem sauber leergegessenen Teller saß. Ihre Augen blickten treuherzig, ihre langen braunen Haare waren wie immer ordentlich zusammengebunden. Aber Augusta kannte ihre ach so brave Schwester und wettete, dass diese heimlich ein Buch auf dem Schoß liegen hatte.

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      Die Mutter lächelte. „Das stimmt zwar, aber dir würde mehr frische Luft auch guttun.“

      Sie beugte sich zu Julia, nahm ihr einen dicken Schmöker vom Schoß und legte ihn auf den Tisch. „Und was habe ich über Lesen beim Essen gesagt?“

      Julia wurde rot. Augusta grinste in sich hinein.

      Michael Schaller legte die Stirn in Falten. „Ich kann nicht so einfach weg.

      Was ist mit meiner Arbeit?“

      „Als ob du keinen Urlaub hast.

      Da müssen doch noch fünf Wochen allein vom letzten Jahr übrig sein“, entgegnete Franziska.

      „Und was ist mit Vicki und Karla? Klettern? Internet?“ Augusta fuchtelte mit ihrem Handy herum. „Und unsere Serien, die ich immer mit Vicki und Karla ansehe? Auf einer Hütte gibt’s das doch alles nicht.“

      „Sehr richtig, das gibt’s dort nicht.“ Augustas Mutter stemmte die Hände in die Hüften. „Drei Wochen kommst du sicher sehr gut ohne das alles aus.“

      „Aber –“, setzte der Vater an.

      „Aber –“, setzte die Tochter an.

      „Nichts aber!“ Die Mutter stand auf. „Wir fahren! Punkt, aus!“

      Sie nahm ihren Teller und trug ihn in die Küche.

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      „Also, ich find’s super. Auf einer Hütte hab ich sicher noch mehr Zeit zum Lesen.“ Julia strahlte.

      Michael und Augusta sahen Julia an, sahen sich gegenseitig an und schüttelten den Kopf, einen gemeinsamen Seufzer ausstoßend …

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      Autofahrt mit Hindernissen

      „Zumindest Nerv-Max hätten wir zuhause lassen können.“ Augusta blickte aus dem Rückfenster des Autos. Nicht weit hinter ihnen fuhr Tante Lisa mit ihrem fünfjährigen Sohn Max, dem seine Cousinen nicht zu Unrecht den Spitznamen verpasst hatten.

      „Eure Tante braucht eine Auszeit. Seit Onkel Ben weg ist, hatte sie es alles andere als leicht.“ Der Ton von Augustas Mutter verriet, dass sie zu Tante Lisa, wie auch zu dem ganzen Urlaub, keine Diskussion mehr duldete.

      Augusta wischte sich die widerspenstige blonde Strähne, die immer einen Weg aus dem Pferdeschwanz zu finden schien, aus der Stirn. Ihr war langweilig.

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      Julia las, der Vater konzentrierte sich auf die Fahrbahn, die Mutter auf die Landschaft, die an ihnen vorbeizog. Die Eltern sprachen nur wenig miteinander, denn Augustas Vater hatte seit der Abfahrt mehrmals betont, dass er wegen eines neuen Auftrags eigentlich gar keine Zeit hatte, Urlaub zu machen. Und dass er vielleicht auf der Hütte arbeiten müsse. Daraufhin hatte sich der Mund von Augustas Mutter zu einem schmalen Strich zusammengezogen und seitdem herrschte Funkstille.

      Augusta checkte ihr Handy. Keine Nachrichten. Ihre grünen Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen, wie immer, wenn sie etwas ärgerte. Vicki und Karla waren entweder beim Bouldern oder im Schwimmbad. Oder sie sahen sich bei Vicki, deren Eltern den größten Fernseher besaßen, eine neue Serie an und tranken dazu eisgekühlten Orangensaft. Und das alles ohne sie, Augusta Schaller, dem ärmsten Mädchen auf diesem Planeten.

      Augusta entfuhr ein laut vernehmlicher Seufzer.

      Julia blickte von ihrem Buch auf. „Keine Nachrichten aus dem Paradies?“

      Augusta boxte ihrer Schwester spielerisch auf die Schulter. „Ruhig, Bücherwurm. Nur weil ich Freundinnen habe, brauchst du nicht stänkern.“

      „Aua. Mama, Augusta hat mich geschlagen!“

      „Hört auf zu streiten.“ Michael Schaller verdrehte die Augen. „Außerdem habt ihr doch keine Ahnung, was schlagen bedeutet.“

      „Aber du schon, Papa?“ Augusta grinste. Sie konnte sich ihren Vater so gar nicht bei Handgreiflichkeiten vorstellen.

      „Darauf kannst du wetten.“ Er blickte über den Rückspiegel nach hinten. „Mit eurem Onkel Andreas habe ich als Kind dauernd gerauft. Kein Tag, an dem einer von uns nicht mindestens einen neuen blauen Fleck hatte.“

      „Michael Schaller, der große Rowdy.“ Augustas Mutter lächelte. Offenbar hatte sie genug von der gespannten Stimmung und versuchte diese jetzt aufzulockern.

      Der Vater nickte. „Und was für einer. Nimm dich nur in Acht!“

      „Ich erzittere vor Angst.“

      Augusta und Julia blickten sich an und verdrehten die Augen. Es war schon schlimm genug, wenn sich die Eltern hie und da stritten. Aber noch schlimmer war, wenn sie rumalberten. Oder, am schlimmsten, sich küssten. Zwar sprachen Augusta und ihre Freundinnen viel über Jungs und Serien und die Teenager-Romanzen, die darin vorkamen, aber Eltern hatten sich in Bezug auf Küsse und alles Weitere rauszuhalten. Punkt, aus!

      Michael Schaller bog von der Autobahn ab. „So, jetzt wird’s kurvig. Julia, leg das Buch weg, beide Mädchen auf die Straße sehen, sonst wird euch wieder übel.“

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      „Ja genau“,