Jana Reeds

Faithless Love


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Payaso!“

      „Ach komm, da stehst du doch drüber! Das ist ja nicht das erste Mal, dass ein Typ dich anmacht. Ich meine, daran solltest du mittlerweile gewöhnt sein. Zumindest regst du dich sonst nicht so darüber auf, du gehst ja nicht mal auf solche tollpatschigen Flirtversuche ein.“

      „Tollpatschige Flirtversuche? Wenn es mal das wäre! Der Typ ist so dermaßen überzeugt von sich – es wundert mich, dass er mit seinem Ego überhaupt in einen geschlossenen Raum passt.“

      Carlos lachte auf. „Und trotzdem findest du ihn heiß …“

      Ich glaubte, mich verhört zu haben. Wie kam er denn auf das schmale Brett? „Was? Ich finde ihn nicht …“

      Carlos unterbrach mich. „Das klang eben noch ganz anders. Hot as hell – oder wie hast du es genannt?“

      Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, aber schloss ihn gleich wieder. Das hatte ich im Leben nicht gesagt – oder etwa doch? War es mir im Eifer des Gefechts tatsächlich herausgerutscht? Was hatte ich mir dabei nur gedacht? Ach ja, richtig – ich hatte gar nicht mehr gedacht, sondern mich unbeherrscht über unseren Zeugen ausgelassen. Vor meinem Chef! Auch wenn Carlos und ich ein freundschaftliches Verhältnis pflegten, bei der Arbeit war er noch immer mein Vorgesetzter und mein Verhalten absolut unprofessionell. Obwohl die Worte der Wahrheit entsprachen. Dieser Juan war definitiv heiß! Unter anderen Umständen wäre er auf jeden Fall ein Kandidat gewesen, bei dem ich mir vorstellen könnte, mit ihm ein bisschen Spaß zu haben.

      „Okay, sorry, du hast recht. Ich sollte mich nicht so aufregen. Ich bin nur echt frustriert, weil dieser Besuch im Krankenhaus uns kein Stück weitergebracht hat.“ Seufzend ließ ich mich gegen die Rückenlehne meines Stuhls sinken und schaute, ruhiger mittlerweile, zu Carlos auf. Der nickte verständnisvoll.

      „Ja, ich weiß, wie du dich fühlst. Aber wer weiß – vielleicht war da gar nicht mehr als das, was wir bereits wissen. Vielleicht stimmt die Geschichte so, wie sie uns von den Mitgliedern der Crew erzählt wurde. Wir sollten den Fall zu Ende bringen. Die Piraten sitzen ein und ihnen wird der Prozess gemacht. Wenn sie nicht reden wollen, sollen sie es lassen. Wir haben genug Beweise, um sie einzubuchten.“

      Ich nickte schweigend. Natürlich stimmte es, was er sagte. Dennoch hatte mich dieser Besuch im Krankenhaus auch in einem anderen Punkt nicht weitergebracht. Ich hatte es auf diese Konfrontation angelegt, um endlich den benötigten Abstand zu dem Fall – und zu Juans Rettung – zu bekommen. Und dieser Schuss war ganz klar nach hinten losgegangen.

      Nun fiel mir nur noch eins ein, um mich abzulenken und hoffentlich wieder ohne Albträume schlafen zu können: Ich musste mich in irgendeiner Form richtig auspowern. Und ich wusste auch schon genau wie. Zum Glück hatte ich die nächsten beiden Tage frei, das kam meinem Vorhaben absolut zugute.

      Wieder ein wenig zuversichtlicher widmete ich mich dem Bericht und den Akten auf meinem Schreibtisch. Als der Feierabend nahte, freute ich mich darauf, meinen Plan in die Tat umzusetzen.

      6

      Juan

      „Juan, möchtest du noch einen Tee?“

      Lou stand im Türrahmen, sie lächelte mich strahlend an. In der Hand eine Vase mit Blumen. Die Vase, die sie mir auf den Nachttisch hatte stellen wollen.

      „Nein, danke, Lou. Das ist wirklich nicht nötig“, antwortete ich und versuchte, freundlich zu klingen. Es gelang mir nur mit Mühe. Seit ich endlich aus diesem verfickten Krankenhaus rausgekommen war, gluckte Lou um mich herum wie eine Henne. Allein heute Morgen hatte sie mir das Frühstück ans Bett gebracht, danach ein Glas und einen Krug mit Wasser, damit ich jederzeit etwas zum „Hydrieren“ hatte. Dann scheuchte sie mich auf. Ich musste mich in einen der Sessel setzen, natürlich mit einer Scheißdecke über den Knien wie ein Hundertjähriger, während sie mir die Kissen aufschüttelte. Die Krönung war dann der letzte Auftritt, bei dem sie mir die Blumen gebracht hatte. Um meinen Raum ein wenig freundlicher zu gestalten.

      Mierda.

      Der Tag, an dem ich mir so einen verdammten Strauß auf den Nachttisch stellen ließ, war der Tag, an dem ich abkratzen würde. So viel war sicher.

      Meine höfliche, aber deutliche Ablehnung hatte sie verletzt. Woraufhin ich mich natürlich schlecht fühlte. Ich mochte Lou. Sonst hätte ich mir wohl kaum eine Kugel eingefangen, die für sie bestimmt gewesen war. Trotzdem wollte ich verdammt sein, wenn ich diesen Zirkus weiter erlaubte.

      „Na gut, aber du sagst Bescheid, sobald du etwas brauchst. Nicht wahr? Um halb eins bringe ich dir das Mittagessen. Versuche bis dahin …“

      „Lou“, unterbrach ich sie, bevor sie mir noch sagen konnte, ich solle ein Schläfchen halten. „Ich weiß deine Fürsorge zu schätzen. Aber ich werde nachher zum Mittagessen aufs Deck kommen. Und bitte, hör auf, dich so um mich zu sorgen. Mir geht es gut. Ich bin ein erwachsener Mann, und wenn ich etwas brauche, hole ich es mir selbst.“ Okay, der letzte Teil klang vielleicht ein wenig harsch, doch mir war wichtig, dass sie verstand, worauf ich hinauswollte.

      „Aber du musst dich noch schonen, Juan. Der Arzt hat gesagt, du darfst dich nicht überanstrengen.“

      „Scheiß auf das, was der Doc gesagt hat. Ich werde nicht die ganze Zeit im Bett liegen.“ Nur um ihr zu beweisen, wie ernst ich es meinte, stand ich auf. Was ich sofort bereute, denn mir wurde schwarz vor Augen. Entschlossen, das nicht zu zeigen, biss ich die Zähne zusammen und wartete darauf, wieder etwas sehen zu können.

      „Juan!“ Lou stürzte an meine Seite und fasste mich am Ellbogen, um mich zu stützen. Möglicherweise schwankte ich ein wenig.

      Trotzdem blieb ich noch einen Moment stehen. Es wurde etwas besser. Na also. Dennoch ließ ich mich wieder in den Sessel fallen. Lou klebte die ganze Zeit über an meiner Seite.

      „Siehst du. Der Arzt hatte recht.“

      „Ein, zwei Schritte hätte ich tun können“, brummte ich. „Außerdem ist mir scheißegal, was der Arzt sagt. Ich werde jedenfalls nicht den ganzen Tag lang im Bett liegen.“ Ich sah zu Lou auf. In ihren wunderschönen Augen sah ich die Sorge um mich. Ihr Blick brachte mein versteinertes Herz fast zum Schmelzen. Aber nur fast. „Lou, hör mir zu. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dich so um mich bemühst. Aber das macht mich verrückt. Ich bin es nicht gewohnt, krank zu sein. Nicht das tun zu können, was ich tun will. Ich bin schlecht gelaunt, mürrisch und absolut nicht dafür geeignet, die Gesellschaft anderer Menschen zu ertragen. Nimm es bitte nicht persönlich, aber ich will nicht bemuttert werden. Das wurde ich nie und ich will es auch jetzt nicht.“

      Lou schluckte. Eine Träne rann aus ihrem Augenwinkel. „Tyler hat schon so etwas angedeutet, dass das mit deiner Familie schwierig ist. Das tut mir so leid, Juan.“

      Scheiße! Das war es, was sie aus meiner Rede rausgehört hatte? Dass ich nie bemuttert worden war?

      Ich schüttelte den Kopf.

      „Darum geht es doch jetzt gar nicht. Ich ertrage es nur sehr schwer, wenn ich körperlich nicht fit bin und dann auch noch ständig so behandelt werde, als sei ich ein Invalide.“

      Lou setzte sich in den Sessel, der meinem gegenüberstand. Die Vase stellte sie auf das Tischchen zwischen uns. Hoffentlich vergaß sie die nicht, sonst musste ich sie aus dem Bullauge werfen, und das würde ich tun, egal, wie sehr ich Lou mochte.

      „Juan, es macht mir nichts aus, wenn du schlecht gelaunt und knurrig bist. Wirklich. Das ist okay. Du hast mir das Leben gerettet und das werde ich dir niemals vergessen. Bitte, lass mich ein wenig von dieser Schuld abtragen.“

      „Schuld?“ Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich aufgesprungen. So aber fuhr ich mir nur mit einer Hand durch die Haare. „Welche Schuld, verdammt noch mal? Dieses Arschloch wollte dich abknallen und ich …“

      „Und du bist dazwischengegangen und hast die Kugel abbekommen, und dann wurdest du auch noch …“ Ihre Schultern