Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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ich mir vorstellen«, merkte Atlan an. »Du klingst, als wärst du schon dort gewesen?«

      »War ich, und ich muss sagen, der Umgang mit den Ingenieuren war stellenweise alles andere als einfach. Einerseits leben sie arkonidische Tradition wie eine Religion, andererseits pochen sie auf Selbstbestimmung. Sie mögen es nicht, wenn man ihnen reinredet. Wie passt das denn bitte zu ihrer Verherrlichung der Imperatorenzeit, als Arkoniden noch richtige Arkoniden waren?«

      Atlan schmunzelte. »Das ist nicht so unvereinbar, wie du anscheinend denkst. Man kann die Werte einer gewissen Epoche – selbst, wenn es sie vielleicht nur in einer romantisierten Sicht gibt – für gut halten, ohne sich die Epoche selbst zurückzuwünschen. Unter Terranern wird gerne der Kodex mittelalterlicher Ritter als moralische Richtschnur zitiert, ohne dass jemand sich ernsthaft in dieses von Dreck, Elend und Willkür geprägte Zeitalter würde zurückversetzen lassen wollen.«

      Gucky seufzte hörbar. »Warn mich vor, falls jetzt ein historischer Exkurs aus deiner Zeit als Einsamer von Terra kommt. Dann schaue ich nämlich derweilen nach meiner Mohrrübenzucht.«

      Atlan winkte ab. »Keine Sorge, ich kann mich beherrschen. – Aro, ich nehme an, du weist uns aus einem bestimmten Grund auf diesen Planeten hin?«

      Der Strategietheoretiker bestätigte mit einer Geste. »Ich denke, dort finden wir die Waffe, die uns einen Vorteil im Kampf gegen da Nardonn verschafft.«

      4.

      BOSTICH I

      20. April 2046 NGZ

      Jarak de Nardonn beugte sich vor. Sein von unzähligen Holokontrollen umgebener Flottenkommandantensitz lag deutlich erhöht direkt hinter dem Sitz des Kommandanten und gewährte ihm den Überblick über die gesamte Zentrale der BOSTICH I, seines Flaggschiffs, das er nach dem letzten echten Imperator Arkons benannt hatte.

      Gleichzeitig war jeder Arkonide, der sich ihm näherte, bestenfalls auf Augenhöhe mit ihm, niemals aber darüber. Im Moment war es der Kommandant des Flaggschiffs, der seinen Sitz verlassen hatte, um seinem Anführer Meldung zu erstatten.

      »Von Murnark? Absolut sicher?«, fragte da Nardonn nach.

      »Absolut«, bestätigte Vorak da Minterol. »Der Absender hat sich allerdings nicht identifiziert. Er hat lediglich gemeldet, dass innerhalb der nächsten Tonta ein Kurierschiff nach Zalit startet, mit den Plänen einer Neuentwicklung, die unseren Gegnern einen entscheidenden Vorteil verschaffen könnte. Sie brauchen die Zustimmung und Mittelbewilligung des Flottenrats, um die Produktion zu beginnen.«

      »Keine Information darüber, um welche Waffe es sich handelt?«

      »Es hieß, es sei eines der zu deiner Zeit in Auftrag gegebenen Projekte. Eines, an dem dir besonders gelegen gewesen wäre.«

      Da Nardonn runzelte die Stirn. »Ich habe eine Reihe Projekte lanciert, allerdings dachte ich bei keinem, dass es vor der Wiederherstellung des Imperiums Produktionsreife erreichen würde. Ich hatte schließlich nicht vor, meine Gegner zu stärken. Vermutlich hat Atlan eines davon vorantreiben lassen, vielleicht sogar mithilfe seiner Busenfreunde aus der Liga der ach so freien Galaktiker.«

      »Egal, was es ist, ich denke, wir können es uns nicht leisten, die Warnung zu ignorieren«, sagte da Minterol. »Ist das Schiff erst einmal gestartet, kann es in einem Sprung das Vogasystem erreichen und wird wenig später auf Zalit landen. Dann ist die Chance zum Einschreiten vertan.«

      Da Nardonn vertraute da Minterol und dessen Urteilsvermögen. Der Kommandant seines Flaggschiffs war von Anfang an maßgeblich an der Planung des Umsturzes beteiligt gewesen. Er war ein Musterbeispiel für den Erfolg des von da Nardonn in seiner Zeit als Mascant schleichend wieder eingeführten Prinzips, nur Angehörigen des Hochadels die allerhöchsten Ränge zugänglich zu machen.

      Zum einen war da Nardonn tatsächlich überzeugt, dass nur im Hochadel die Gabe zur Führerschaft bereits mit der Muttermilch eingesogen wurde, selbst wenn das nicht hieß, dass diese Gabe sich bei jedem Hochadeligen entfaltete. Zum anderen hatte er sich auf diese Weise einige einflussreiche Khasurne verpflichtet – eine willkommene Erweiterung seiner Hausmacht. Seine gute Vernetzung ermöglichte ihm außerdem immer wieder Überraschungscoups wie diesen.

      »Also gut«, sagte er. »Es kostet nichts, nachzusehen. Fangen wir das Kurierschiff in einem Überraschungsschlag kurz nach dem Start ab, bevor es Sprunggeschwindigkeit erreicht hat. Wir holen uns diese Pläne selbst.«

      »Aber auf Murnark wird man die Waffe trotzdem weiter bauen können.«

      Da Nardonn schürzte die Lippen. »Falls sie uns tatsächlich gefährlich werden kann, müssen wir eben versuchen, unsere Sympathisanten auf Murnark zu aktivieren. Entweder sorgen sie dafür, dass die Information niemand anderem mehr in die Hände fallen kann, oder wir tun es auf unsere Art.«

      »Verstanden«, sagte da Minterol. Die Implikation in da Nardonns Worten schien ihm keinerlei Unbehagen zu bereiten. Er hob die Faust zur Brust und rief: »Für das neue Imperium und seinen Imperator!«

      Das zustimmende Echo von den Stationen in der Zentrale entlockte da Nardonn ein zufriedenes Lächeln.

      *

      Das Warten zehrte an den Nerven des Mannes, der sich bereits als Imperator sah. Mit annähernd halber Lichtgeschwindigkeit jagten sie durch den interstellaren Raum und warteten auf den richtigen Zeitpunkt für den Sprung. Eine nahe Murnark stationierte Sonde würde ihnen Zeichen geben, sobald das Kurierschiff die Startsequenz einleitete.

      Es würde mehrere Zentitontas für das Verlassen der Atmosphäre brauchen. Anschließend kam die Beschleunigungsphase bis zur Mindestgeschwindigkeit für eine Transition, die ebenfalls ungefähr der halben Lichtgeschwindigkeit entsprach. Genug Zeit für die BOSTICH I, selbst mit einem Sprung dem Schiff den Weg zu verlegen.

      Aber erst hieß es warten, was dem ehemaligen Mascanten immer schwererfiel. Der Krieg zog sich für sein Empfinden ohnehin bereits viel zu lange hin. Mit den Naats und den Ladhonen an der Seite war er sicher gewesen, den Thantur-Baron innerhalb weniger Tage entmachten zu können.

      Er hatte nicht vorgehabt, ihn zu töten, aber Larsav da Ariga würde sich für seine verräterische Amtsführung einem – von da Nardonn handverlesenen – Gericht stellen müssen. Er hatte die Liste der Richter längst parat, damit die Sache nicht zu viel Zeit kosten würde.

      Aber dann war dieser Kerl aufgetaucht ... dieser Atlan. Und er hatte behauptet, der echte Atlan zu sein, was immer das bedeuten mochte. Dank der verwirrenden Datenlage gab es unzählige Mythen, die sich um einen Unsterblichen namens Atlan rankten. Sicherlich war vieles davon völlig aus der Luft gegriffen, wie diese Reise in die Dys-Chrone Region oder wie das immer geheißen haben sollte, oder die Begegnung mit allmächtigen Kosmokraten und das Herumspielen mit den genetischen Informationen des Universums in einem Kosmonukleotid.

      Selbst wenn nur ein Funken Wahrheit in dem Ganzen steckte, war der echte Atlan eine beeindruckende und fähige Person gewesen. Letzteres musste man auch dem aktuellen Atlan zugestehen – andernfalls hätte er einen schweren Stand gehabt, sich als oberster Befehlshaber über eine Menge verdienter Admirale zu erheben und diese Position zu halten, Ernennung hin oder her.

      Ob er beeindruckend war, konnte da Nardonn nicht beurteilen. Die kurze Begegnung auf dem Weg zur Außenschleuse der ZIRAKINZA hatte ihm keinen Eindruck gegeben, und er hatte nicht weiter auf das Geschwätz des Mannes geachtet, während er mit seiner Flucht aus der Schleuse beschäftigt gewesen war. Vielleicht hätte er sich doch die Zeit nehmen sollen, sich ein wenig mit seinem Verfolger zu unterhalten, ehe er seinen modifizierten Körper dem Weltall anvertraute.

      Vergangene Tage, verpasste Chancen. All das zählte nicht mehr. Vielleicht würde es eine neue Gelegenheit geben, sich direkt mit dem Gegner zu messen.

      »Ich frage mich, warum dieser Atlan beim ersten Mal vorgegeben hat, ein Doppelgänger zu sein«, sinnierte er laut.

      Da Minterol drehte den Sessel. »Vielleicht wegen der Ladhonen. Es muss einen Grund geben, warum sie so vehement seine Auslieferung gefordert haben. Möglich,