bekam und dann Warnungen aussprechen konnte. Leider war diese Fähigkeit ungesteuert, und es hatte durchaus schon viele Situationen höchster Gefahr gegeben, vor denen sie nicht gewarnt hatte. Zumindest gab es aber überhaupt eine Chance auf Warnung.
Die Erwähnung des TARA-Psi irritierte Mava eigentlich mehr. Sie hatte zwar die Bezeichnung gehört, als der Kampfroboter vor fünf Tagen gemeinsam mit Gucky und dem terranischen Geschwisterpaar angekommen war, ihn aber nicht mit Psi-Kräften in Verbindung gebracht. Bei dem Gedanken, dass solch ein Machtfaktor technisch umsetzbar sein sollte, war ihr nicht wohl. Allerdings war im Moment nicht der geeignete Moment für Fragen dazu.
Atlan wiegte den Kopf. »Mit zwei Terranern, einem Ilt, einer Arkonidin und einem Roboter ist aber das transgalaktische Flair recht begrenzt«, stellte er fest.
Gucky zeigte seinen Nagezahn. »Stimmt, selbst wenn Donn wieder zurückkommt, trägt er nichts Neues dazu bei. Aber vielleicht bekomme ich Neseese Gaazkin dazu, mitzumachen. Streng gesehen wären wir dann sogar schon intergalaktisch, da die Cairaner ja aus einer anderen Galaxis stammen.«
»Eine Cairanerin in deinem Mutantenkorps? Würde das nicht einen zu großen Interessenkonflikt darstellen?«, gab Atlan zu bedenken.
Gucky stieß hörbar die Luft aus. »Neseese ist im Moment ein Kind und lange noch nicht bereit für eine Korps-Karriere! Ist doch klar, dass das Zukunftsmusik ist für die Zeiten, wenn der ganze Blödsinn mit dem Transuniversellen Tor vorbei ist und die Cairaner kapiert haben, dass es besser ist, einfach mit uns zusammenzuleben. Und apropos transuniversell: Warte nur ab, bis Shinae wiederkommt – mit einer anerkannten Bürgerin von Allerorten wäre auch mein Korps transuniversell!«
Jetzt musste Atlan lachen. Mava sah, wie gut es ihm tat, und dankte dem Ilt innerlich. Als habe er ihre Gedanken gelesen, zwinkerte er ihr zu.
»Jetzt werdet aber mal ernst!«, mahnte er, als hätte nicht er selbst den Anstoß zur Heiterkeit gegeben. »Wir haben Pläne zu schmieden.«
*
»Es ist der Nachteil des Verteidigers, dass er schnell zum reinen Reagieren verdammt wird«, sagte Atlan. »Seit Beginn des Krieges springen wir nur von einem Brandherd zum anderen in der Hoffnung, die Invasoren am weiteren Vordringen zu hindern. Bislang konnten wir zwar wegen unserer technischen Überlegenheit alle diese Brände löschen, aber jedes Mal war inzwischen irgendwo anders ein neuer Funke geflogen. Unsere Gegenspieler sind uns zahlenmäßig einfach überlegen, auch wenn wir im Schnitt die bessere Technik haben. Wenn wir weiter lediglich reagieren, artet das alles zu einer reinen Materialschlacht aus.«
Mava runzelte die Stirn. »Haben wir denn Alternativen? Ich meine, seien wir ehrlich – theoretisch könnte der Gegner auch direkt nach Zalit springen, und es gäbe nichts, was wir dagegen tun könnten. Die Naats könnten wir vielleicht noch mit Linearraumtorpedos stoppen, aber die Ladhonen sind ebenso schlau wie wir und haben rein auf Transition gesetzt, was natürlich auch auf da Nardonns paar Hundert Unterstützerschiffe zutrifft. Wenn die komplette Flotte der Ladhonen entscheiden würde, einfach zeitgleich ins Vogasystem zu transitieren, müssten wir reagieren, egal wie ausgefeilt unsere sonstigen Pläne sind.«
»Ganz genau«, stimmte Atlan zu. »Wir werden dem Gegner weiterhin keine Welt kampflos überlassen. Die kurzen Entfernungen im Sternhaufen haben den Vorteil, dass wir fast umgehend reagieren können, egal wo er auftaucht.«
»Von Zalit aus können wir fast jeden Punkt in Thantur-Lok mit nur einem Sprung erreichen, wenn das notwendig ist.« Mava war nicht sicher, wieweit dem lange Verschollenen die neueren technischen Entwicklungen bewusst waren. »Unsere Lafeta-Transitionstriebwerke haben bei vollem Einsatz der Rha'Nostol-Kompressoren eine Sprungreichweite von fünfzig Lichtjahren. Nur die Beschleunigung bis zur Übertrittgeschwindigkeit bestimmt die Reaktionszeit.«
»Bekannt«, sagte Atlan, neigte aber leicht den Kopf, als wollte er sich dennoch bedanken. »Die Triebwerke heißen nicht umsonst Laktrot'Ferm-Taàrk, überlegener Transitionsantrieb. Der Verbrauch an Hyperkristallen ist aber immens, weshalb wir solche Direktsprünge wirklich nur in Notfällen einsetzen dürfen, solange nicht sicher ist, wie lange sich dieser Konflikt hinziehen wird. «
Ma-Anlaan ergänzte: »Wir dürfen keine Materialengpässe riskieren, die unsere Beweglichkeit einschränken, denn nur in dieser Beweglichkeit sehe ich unsere Chance, das Patt vorzeitig zu durchbrechen, Wir müssen mehr Energie in die Aufklärung stecken, um herauszufinden, wo da Nardonn als Nächstes auftritt. Er ist der Drachenkopf, der abgeschlagen werden muss, um alles auseinanderfallen zu lassen.«
Atlan wischte ablehnend mit der Hand durch die Luft. »Ich bezweifle, dass es so einfach sein wird. Erstens haben wir schon einmal geglaubt, da Nardonn sei tot, und dann ist er wieder aufgetaucht. Wenn das noch einmal passiert, erhält er einen Nimbus der Unsterblichkeit, der unsere Sache eher schwächen würde. Es sind Männer und Frauen mit solchen mystifizierten Glorienscheinen, die sich viele Leute als Herrscher wünschen, ohne zu begreifen, was sie damit aufgeben.«
Mava dachte kurz darüber nach, wie viel mystifizierter Glorienschein eigentlich Atlan umgab. Genug jedenfalls, um den Thantur-Baron da Ariga zu veranlassen, ihm die in Kriegszeiten zweithöchste Position der Kristallbaronien zu verleihen. Und es hatte funktioniert: Die Reihen der Flotte hatten sich unter Atlans Führung schon nach wenigen erfolgreichen Gefechten so eng geschlossen wie schon lange nicht mehr. Sogar die seltsame Scharade mit dem angeblichen Doppelgänger im Rahmen des misslungenen Putsches nahm man ihm angesichts seiner unbestreitbaren Fähigkeiten nicht mehr übel.
»Zweitens«, fuhr Atlan fort, »können wir nicht sicher sein, dass die Gos'Pothora ohne ihn zusammenbricht. Sie hat auch seinen ersten angeblichen Tod in deutlich besserem Zustand überstanden, als wir gedacht hatten. Womöglich wird er zum Märtyrer stilisiert, falls wir ihn wirklich erwischen, und dem Drachen wächst lediglich ein neuer Kopf, der daraus Profit schlägt.«
Gucky seufzte. Er hatte sich quer in einen der Sessel gelümmelt und wirkte äußerst gelangweilt. Der Ilt, von Atlan manchmal auch »Mausbiber« genannt, war offensichtlich eher ein Wesen der Tat als der langen Pläne. »Dann holen wir ihn uns halt einfach und lassen ihn leben. Schick mich und mein Korps in den Einsatz und wir machen das schon.«
Kurz schien Atlan darüber nachzudenken, doch dann schüttelte er den Kopf. »Ihr seid zu wertvoll, um euch auf eine so gefährliche Mission zu schicken. Nicht, solange es andere Optionen gibt. Aber wir behalten das auf jeden Fall als Plan B im Hinterkopf – allerdings nicht ohne die Unterstützung einiger Agenten aus den Reihen des arkonidischen Geheimdienstes.«
»Du bedenkst hoffentlich, dass das dieser Tage deine besonderen Freunde die Kralasenen sind, oder?« fragte Gucky.
Atlan hob einen Mundwinkel. »Namen, Gucky. Nur Namen. Bei der Zusammenführung aller Geheimdienst-Restbestände hatte man die Wahl zwischen mehreren Namen, und man entschied sich für den, von dem man sich den höchsten Respekt versprach. Larsav hat mir aber versichert, dass ihre Einstellung zur Gewalt eher unseren Standards entspricht – nicht mehr als notwendig.«
Mava hüstelte. »Notwendig ist ein äußerst dehnbarer Begriff«
Der Mascant hob die Schultern. »Es ist mehr, als ich je einen früheren Kralasenen hätte sagen hören. Bei denen herrschte die Meinung, der Zweck heilige jedes Gewaltmittel, Kollateralschäden wären irrelevant, da ohnehin niemand unschuldig sei, und man müsse bei einem am Boden liegenden Feind immer nachtreten, damit er sich sicher nicht mehr erhebt.«
»Nun ... ich denke, du hast recht. So weit würden unsere Kralasenen nicht gehen. Aber ihre Gangart ist definitiv härter als das, was man zum Beispiel über den Nachrichtendienst Ephelegon sagt.«
Gucky rieb sich die Nase. »Klingt eher etwa so wie Monkeys USO.«
Atlan wirkte, als habe er auf etwas Saures gebissen. »Möglich. Aber USO ist ein gutes Stichwort.«
Unvermittelt setzte Gucky sich auf. »Ha! Rückst du endlich mit Plan A heraus? Ein Agenteneinsatz?«
»Soweit man es einen Plan nennen kann. Bislang ist es mehr eine Skizze, die in einzelnen Aspekten moralische Grauzonen berührt. Wenn jemand ein Problem damit haben könnte, wäre