Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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      Zusätzlich kämpfte die Tato immer wieder mit ihrer Zeremonialkleidung.

      Für eine Frau ihrer Stellung forderte die murnarkonidische Tradition anscheinend ein so enges Kleid und so hohe Schuhe, dass es an einer jüngeren Frau mit normalem Körperbau aufreizend gewirkt hätte. An der stämmigen kleinen Markane da Chao dagegen war es eine mittlere Katastrophe und sorgte zudem dafür, dass sie sich nur in langsamen, gemessenen Trippelschritten zu bewegen wagte.

      Als das Drama in neun Akten endlich vorbei war, ließ die Tato sich zunächst entschuldigen, da sie dringend die Kleidung wechseln musste. Obwohl es weitere Wartezeit bedeutete, war da Nardonn dankbar dafür.

      Endlich kehrte sie in einer sachlichen, mausgrauen Uniform zurück, an der lediglich einige goldene Tressen ihren Rang bekundeten. Im palasteigenen Hangar bestiegen sie einen Regierungsgleiter und machten es sich in zwei Sesseln im Passagierraum bequem. Für da Nardonns Gardetrupp aus zehn Raumlandesoldaten war ein zweiter Gleiter zur Verfügung gestellt worden. Lediglich der kommandierende Orbton, ein Mondträger aus dem Khasurn der ter Kerusan, stieg auf einen Wink von da Nardonn mit in den Regierungsgleiter und ließ sich im Hintergrund nieder.

      Inzwischen war bereits der halbe Tag verstrichen, und da Nardonn befiel eine gewisse Nervosität. Entsprechend dankbar war er dafür, dass ihm zumindest ein Triumphzug durch jubelnde Bürgermassen erspart blieb. Nach dem Verlassen des grauen Trichterbaus, in dessen oberster Ebene die Gleiterhangars für die verschiedenen Verwaltungsabteilungen lagen, schwenkten die Gleiter direkt auf einen hohen Südkurs.

      Während sie die von Grünanlagen und Wäldchen durchzogene Hauptstadt überflogen, gab da Nardonn sich seinen Gedanken hin. Er glaubte nicht, dass Atlan jemand war, der eine Niederlage so ohne Weiteres hinnahm. Der Mascant würde wiederkommen, und wenn es so weit war, wollte da Nardonn zurück im Orbit sein und die Flotte befehligen. Er wollte das System zumindest so lange halten, bis er die Pläne der neuen Waffe gesichert hatte. Vielleicht blieb er sogar, bis die BOSTICH I mit einem Exemplar ausgestattet war, aber das hing von vielen Faktoren ab.

      »Wir besuchen als Erstes die Chao-Werft, die sich seit unzähligen Generationen im Besitz meiner Familie befindet«, drang Markane da Chaos Stimme in seine Gedanken. »Dort findet die Fertigung von ...«

      »Entschuldige, wenn ich dich unterbreche, Tato«, sagte da Nardonn, »aber wie du verstehen wirst, muss ich möglichst bald zu meinen Leuten im Orbit zurück. Ich ersuche dich daher, die Besichtigung auf die wichtigsten Punkte zu beschränken. Ist nicht die Talur-Werft die älteste und traditionsreichste Werft des Planeten? Sie würde mir als einziger Besuchspunkt genügen.«

      Die Tato wirkte pikiert. »Aber die Chao-Werft ist eine der bedeutendsten Produktionsstätten des Planeten. Sie ...«

      »Ich bin eher an Entwicklung als an Produktion interessiert, wie dir völlig klar sein sollte.«

      Sie blinzelte. »Wie meinen?«

      Jarak da Nardonn beugte sich in seinem Sessel vor. »Werte Tato. Niemand schafft es auf diesem von sturen Traditionalisten dominierten Planeten, die Zügel in die Hand zu bekommen, wenn er nicht äußerst intelligent zu taktieren weiß. Also stell dich nicht dumm, denn das beleidigt meine Intelligenz so sehr wie deine. Du weißt genau, warum ich hier bin, und ich möchte wissen, warum ich das Gefühl bekomme, hingehalten zu werden.«

      Sie starrte ihn kurz an, senkte dann die Lider und seufzte. »Ich wusste, dass das nicht lange gut geht. Aber mein Cousin ...«

      »Was ist mit deinem Cousin?«, fragte da Nardonn scharf, als die Tato verstummte.

      »Er ... er ist der Hochingenieur auf der Talur-Werft. Und er ist ... nun ja, ein sehr eigener Mann, mit sehr eigenen Überzeugungen.«

      »Und was für Überzeugungen sind das?«

      Die Hände fest ineinander verhakt sah sie nun wieder auf. »Er ist ein Atlan-Anhänger. Nicht Baronatsgetreuer oder loyal zu da Ariga, sondern einfach ein Bewunderer des Mascanten. Und ich fürchte, er stellt dir in der Werft eine Falle.«

      9.

      Battement en tournant

      »Können wir uns auf deine Cousine verlassen?«

      Vadkuin wiegte den Kopf. »Na ja, Frauen sind notorisch unzuverlässig, und dazu ist sie noch Politikerin, das darf man nie vergessen. Aber innerhalb dieser Parameter würde ich sie als verlässlich bezeichnen.«

      Salkis warf die Hände in die Luft. Manchmal trieb der Mann sie wirklich in den Wahnsinn. »Vadkuin! Deine Cousine würde nie etwas tun, was andere dazu veranlassen würde, dir zu schaden!«

      »Richtig. Das Recht dazu reserviert sie sich selbst.«

      »Ich habe nie erlebt, dass unsere Tato ein gegebenes Wort nicht eingehalten hätte, außer wenn die Dinge ihrem Griff entglitten sind«, gab Salkis ihrer Überzeugung Ausdruck. »Aber das lässt sie nicht zu.«

      Vadkuin schnaubte. »Stimmt. Macht entgleitet ihr nicht. Und das ist der Punkt, der mir ein kleines bisschen Sorge bereitet: Was tut sie, falls sie an da Nardonns Seite Potenzial für mehr Macht sieht?«

      Salkis verdrehte die Augen. »Wenn du so über sie denkst, warum hast du dann zugestimmt, sie dieses Ablenkungsmanöver einfädeln zu lassen?«

      »Hatten wir denn eine Wahl?«, knurrte der Hochingenieur. »Sie ist die Tato. An ihr vorbei hätten wir überhaupt nichts machen können.«

      Atlan hob beschwichtigend die Hände. »Das hätte ich auch gar nicht gewollt. Was hier passiert, kann nicht an einer planetaren Regierung vorbei getan werden, ohne unverzeihliche Gefahr heraufzubeschwören. Das ist sicher nicht das, was wir im Auge hatten, als wir diesen Plan entwickelt haben.«

      Vadkuin musterte den Mascanten. »Und hat der formidable Plan auch eine Variante, die den Fall berücksichtigt, dass meine Cousine uns verrät?«

      Salkis seufzte, sagte aber nichts. Sie war sicher, dass Vadkuin wie üblich übertrieb. Ihr eigener Eindruck von Markane war immer der einer äußerst integren Frau gewesen, der nicht daran lag, mehr Macht zu gewinnen als die, die sie bereits hielt. Vadkuin kannte sie zwar schon länger, aber sein Hang zur Misogynie schien seinen Blick zu trüben.

      »Natürlich«, antwortete Atlan. »Ein guter Plan ist wie ein gutes Programm: Er schließt unzählige mögliche und auch ein paar unmögliche Entwicklungen mit ein und enthält Abfangroutinen dafür, damit das große Ganze weiterlaufen kann. Andernfalls würde man viel zu viel Zeit damit verplempern, den Plan immer wieder neu anzupassen. Jedes ›Wenn – Dann‹ mehr, das im Vorfeld berücksichtigt worden ist, reduziert die Möglichkeit böser Überraschungen.«

      »Aber mitunter ergeben sich zweifellos selbst für dich unerwartete Wendungen.«

      Der Mascant zuckte die Achseln. »Ich habe eine Menge Erfahrung in diesen Dingen, und seit es Kontra-Computer gibt, die auch die unwahrscheinlichen Wendungen abklopfen, kann mich kaum mehr etwas überraschen. Aber es gibt natürlich Varianten, die zum kontrollierten Abbruch führen. Weil aber auch der durchgeplant ist und alle notwendigen Vorbereitungen getroffen wurden, können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit hinterher den nächsten Plan angehen.«

      Ein Signal ertönte. Vadkuin verzog das Gesicht. »Nachricht mit Priorität eins. Wenn sich da nur einer wichtigmachen will ...«

      Er nahm das Gespräch an. Das Gesicht eines jungen Mannes erschien. »Hochingenieur da Chao, die Tato ist auf dem Weg hierher.«

      »Wann kommt sie an?«

      »In zwei Stunden.«

      »Danke.« Vadkuin schaltete ab und sah zu Atlan. »Und nun? Was ist der Plan, wenn der Usurpator sich nicht so lange hinhalten lässt wie gehofft?«

      Atlan warf einen Blick auf sein Kombiarmband. »Gucky und der TARA sind unterwegs. Wir können also nicht zum nächsten Schritt übergehen, ohne sie zu gefährden.«

      »Also?«

      Der Mascant lächelte. »Zeit für das Feuerwerk.«