Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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wiederholte Rhodan ungläubig.

      »Wir nennen es so. Eigentlich befindet er sich im Zustand der Suspension. Du weißt, was das bedeutet?«

      Selbstverständlich wusste er das. Diese Technologie war in seinem Raumschiff, der RAS TSCHUBAI, zuerst eingesetzt worden. »Heißt das, ihr habt eine Möglichkeit gefunden, die Suspensionstechnologie für Fernreisen auch hier ...«

      »Nein«, fiel Lee ihm ins Wort. »Fernreisen sind ein elend langweiliges Geschäft – unsere Hochleistungslineartriebwerke bewältigen knapp fünfundzwanzig Lichtjahre pro Etappe, ehe wir die Raumschiffe mehrere Stunden lang neu justieren und außerdem die nächste Etappe sondieren müssen. Suspension wäre wegen der Hyperimpedanz in großem Maßstab sowieso unvorstellbar. Es geht darum, dem Advisor das Leben zu retten.« Ein Räuspern, dann: »Das ist der Posten, den Adams bekleidet. Hatte ich das schon erwähnt?«

      »Ich habe es mir gedacht. Aber warum das Leben retten? Was ist mit ihm?«

      »Ich weiß nicht, ob ich ...«

      Perry Rhodan stand auf und stützte die Hände auf das Tischchen. Er hatte nicht die geringste Lust auf weitere Verzögerungen in diesem Café. »Nun red endlich!«

      »Bleib ruhig!« Lee erhob sich ebenfalls. »Vergiss nicht, dass wir dir und deinen Leuten das Leben gerettet haben. Du bist hier Gast, egal wie dein Rang anderswo sein mag. Ist das klar?«

      »Völlig.« Rhodan blieb stehen, entspannte seine Haltung jedoch ein wenig. Ja, er konnte keine Rechte einfordern, aber er würde sich nicht länger hinhalten lassen – seine Geduld war am Ende.

      Muntu Ninasoma, der dem Gespräch und seiner Eskalation schweigend zugehört hatte, ergriff das Wort. »Von Kommandant zu Kommandant – ich bitte dich, versetz dich in unsere Situation.«

      Hanko Lee atmete tief durch. »Niemand hat euch gezwungen, hierherzukommen. Oder auch nur darum gebeten. Aber gut. Das Problem liegt beim Zellaktivator des Advisors. Noch mal – ich bin kein Fachmann, das gilt ebenso in dieser Hinsicht. Ich weiß allerdings, dass dieses Gerät bald nach der Ankunft in diesem Teil des Dyoversums versagt hat. Damit es sich regeneriert, muss es in Suspension versetzt werden, und Adams natürlich genauso. Es tritt alle paar Jahrzehnte auf – dann geht er für einige Wochen in den Alkoven. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Vielleicht sollten wir dieses Gespräch als beendet ansehen. Gabril da Gonozal ist unterwegs, um sich mit euch zu treffen.«

      »Da Gonozal?«, fragte Rhodan verblüfft.

      »Ein offizieller Abgesandter der Regierung. Ein passenderer Gesprächspartner als ich.«

      »Er ist Arkonide?« Den wichtigeren Gedanken verschwieg er: Aus derselben Adelsfamilie wie Atlan?

      »Terrarkonide aus Neu-Atlantis. Sie stellen traditionell einige Regierungsämter.«

      »Ich danke dir für die Auskunft und die Kooperation«, sagte Rhodan versöhnlich.

      Er dachte bereits über etwas anderes nach. Homers Zellaktivator hatte also auf die hiesigen Gegebenheiten reagiert ... ob es seinem eigenen früher oder später ebenso ergehen würde? »Nur eine Frage noch.«

      »Die letzte«, verlangte Lee abweisend.

      Rhodan wollte wissen, ob sich die CISTOLO KHAN nur rein zufällig in der Nähe aufgehalten und deshalb die TESS QUMISHA so rasch hatte retten können. Aber er kam nicht dazu, es auszusprechen.

      Der Servoroboter verließ seinen Platz hinter der Theke und hielt eine bauchige Flasche, gefüllt mit goldklarer Flüssigkeit, wohl um den Gästen davon anzubieten. Doch nach wenigen Schritten schmetterte die Maschine die Flasche gegen die Wand. Das Glas zerbarst. Tropfen und Splitter spritzten weg. Scherben klirrten auf dem Boden, und es stank nach Alkohol.

      »Was ...«, setzte Hanko Lee an, offenbar ebenso überrascht wie Rhodan.

      Eine Frau rannte in den Raum. Sie trug eine weinrote Borduniform mit einem einfachen schwarzen Streifen über dem Oberkörper. Und hielt einen Handstrahler schussbereit.

      Rhodan stieß Ninasoma zur Seite. Der Kommandant krachte auf den Tisch und riss ihn mit sich. Rhodan sprang, rammte gegen Hanko Lees Schulter, und beide fielen hin.

      Die Angreiferin schoss. Die energetische Entladung traf die Sitzbank, deren Rückenlehne in Flammen aufging.

      Die Frau schrie verärgert. Ihre Waffenhand zitterte, und sie feuerte eine ganze Salve ab – diesmal eindeutig mit Perry Rhodan als Ziel.

      Sie war jedoch so langsam, dass er sich nach seinem Sturz abrollen konnte und wieder auf die Beine kam.

      Hanko Lee hatte ebenfalls schnell reagiert und war zuerst bei ihr. Er schlug ihr die Waffe aus der Hand und drehte ihr den Arm auf den Rücken.

      »Was ist in dich gefahren?«, herrschte er die Angreiferin an.

      Der Strahler lag dicht an der Wand, nahe beim Ausgang.

      Die Frau ächzte und krümmte sich. »Angriff«, sagte sie laut, aber mit zitternder Stimme und scheinbar unmotiviert.

      Rhodan rechnete damit, dass weitere Leute den Raum stürmten, doch er irrte sich.

      Muntu Ninasoma erkannte es zuerst: »Der Roboter!«

      Die Servomaschine eilte mit zwei raschen Schritten ihrer metallenen Beine zu Lee und stieß ihm den gezackten Überrest der Flasche zwischen die Schulterblätter. Der Kommandant schrie auf. Die Uniform zerriss, Blut rann über den Rücken.

      Die Frau kam frei, wollte sich auf den Strahler stürzen, aber Rhodan war bereits dort und nahm sie an sich.

      Der Roboter stampfte auf ihn zu, seine improvisierte Waffe erhoben.

      Rhodan schoss, und der Rumpf der Maschine explodierte. Der Metallkopf überschlug sich in der Luft, krachte auf eine Tischplatte, rutschte darüber, kippte über den Rand, prallte auf und blieb liegen.

      Während Hanko Lee trotz seiner Verletzung erneut die Angreiferin packte, behielt Rhodan den Eingang im Auge, aber niemand stürmte mehr hindurch.

      »Ich glaube, wir müssen reden«, sagte er.

      *

      Lee führte die Frau an den Trümmern eines Tisches vorbei und stieß sie auf die Sitzbank. Er blutete noch immer zwischen den Schulterblättern, aber die Wunde war nicht besonders tief.

      Muntu Ninasoma baute sich vor der Attentäterin auf.

      »Ich will genau wissen, was soeben passiert ist, Leutnant!«, herrschte Hanko Lee die Angreiferin an.

      »Es ist Rhodan!«, stieß sie aus.

      »Du gehörst zu den Vanothen?«

      Sie schwieg zu dem Begriff, den Rhodan nie zuvor gehört hatte.

      »Bist du allein hier an Bord?«

      »Ich bin Leutnant Errin Lhorga«, sagte sie mit monotoner Stimme. »Stationiert auf der CISTOLO KHAN.«

      »Werden andere angreifen?«

      Sie starrte stur geradeaus. »Ich bin Leutnant Errin Lhorga. Stationiert auf der CISTOLO KHAN.«

      »Wenn du erlaubst.« Rhodan stellte sich neben Hanko Lee, sah den Kommandanten an. »Ihr Angriff war offensichtlich ungeplant. Sie hat spontan eine Chance gesehen und auf die Schnelle das wahrscheinlich einzige Hilfsmittel ausgenutzt, auf das sie zugreifen konnte – den Servoroboter zur Ablenkung. Samt einer recht kreativen Bewaffnung. Eine verzweifelte Attacke.«

      »Nicht verzweifelt«, stieß die Frau aus, die ihrer eigenen Aussage nach Errin Lhorga hieß. »Sondern genau, wie du zuerst gesagt hast – es war eine Möglichkeit, die ich ergreifen musste! Ich hätte der Menschheit einen Gefallen getan, wenn es mir gelungen wäre, dich spontan zu beseitigen.«

      »Das sehe ich naturgemäß anders«, entgegnete Rhodan gelassen. »Dir ist doch klar, dass es nach dem Attentat keine Chance für dich gab, zu entkommen.«

      Kurz zitterten ihre Lippen.