platzen, und die allerklügsten lauerten darauf, früh einzusteigen und schnell genug auszusteigen, um große Gewinne mitzunehmen und dem anschließenden Chaos zu entgehen.
Um 2007/2008 schlossen der Peak Oil und andere Ressourcengrenzen die Zapfhähne des Wachstums, aber die Nöte der Durchschnittsbürger schienen ganz andere Ursachen zu haben: Arbeitsplatzverluste und kollabierende Immobilienpreise.
In den fieberhaften Jahren zwischen 2002 und 2006 verließen sich Millionen Amerikaner auf steigende Immobilienpreise als Einkommensquelle, sie nutzten ihre Häuser gewissermaßen als Geldautomaten (um die damals so oft gebrauchte Formulierung noch einmal zu strapazieren). Solange die Preise weiter kletterten, fühlten Hausbesitzer sich berechtigt, mit geliehenem Geld Küche und Bad zu modernisieren, und die Banken gaben gerne Kredit. Unterdessen fanden die Zauberer an der Wall Street Mittel und Wege, ausfallgefährdete Hypotheken in Scheiben zu schneiden und neu zu verlockenden CDOs (besicherten Schuldverschreibungen) zusammenzusetzen, die sie mit Gewinn an Investoren verkaufen konnten – mit wenig oder ganz ohne Risiko! Schließlich galt als ausgemacht, daß die Immobilienpreise immer weiter steigen würden. Gott schafft nicht mehr Land, lautete die Binsenweisheit.
Kredite und Schulden expandierten in der Euphorie des leichten Geldes. Der sprühende Optimismus brachte mehr Arbeitsplätze in der Bau- und Immobilienbranche und verschleierte, daß in der Produktion kontinuierlich Arbeitsplätze verlorengingen.
Ein paar starrköpfige Finanzexperten beschrieben die Situation mit Begriffen wie »Kartenhaus«, »Pulverfaß« und »Dynamit«. Es fehlte nur der sprichwörtliche Windstoß oder Funke, der die Katastrophe auslösen würde. Der extreme Ölpreisanstieg Mitte 2008 führte dazu.
Tatsächlich wirkte die Immobilienblase selbst nur wie eine lange Zündschnur: Das gesamte Wirtschaftssystem war mittlerweile abhängig von nichteinlösbaren Erwartungen an anhaltendes Wachstum und mußte unweigerlich explodieren. Das Geld war an Kredite geknüpft, und die Kredite waren an Wachstumserwartungen geknüpft. Als das Wachstum 2008 einbrach, setzte eine Kettenreaktion von Insolvenzen und Bankrotten ein: Wir erlebten eine Explosion in Zeitlupe.
Inzwischen haben die Regierungen hart dafür gearbeitet, daß das Wachstum wieder anspringt. In sehr bescheidenem Maße und nur vorübergehend waren die Bemühungen Ende 2009 und 2010 erfolgreich, aber man übersah dabei geflissentlich den grundlegenden Widerspruch im Zentrum unseres gesamten ökonomischen Systems: die Annahme, wir könnten in einer endlichen Welt unendliches Wachstum haben.
Was kommt nach dem Wachstum?
Die Erkenntnis, daß wir den Punkt erreicht haben, an dem das Wachstum nicht weitergehen kann, ist unbestreitbar deprimierend. Aber haben wir diese psychische Hürde erst einmal überwunden, erwarten uns halbwegs gute Nachrichten. Das Ende des Wirtschaftswachstums bedeutet nicht automatisch, daß es keine qualitativen Verbesserungen unseres Lebens mehr geben wird.
Nicht alle Ökonomen sind dem Glauben verfallen, daß das Wachstum für alle Zeit so weitergehen wird. Es gibt ökonomische Denkschulen, die die Grenzen der Natur anerkennen. In politischen Kreisen ignoriert man diese Denkschulen weithin, doch sie haben inzwischen Pläne entwickelt, die sich als hilfreich bei der Anpassung der Gesellschaft erweisen könnten.
Wir können die grundlegenden Faktoren, die bestimmen werden, was nach der Wachstumswirtschaft kommt, identifizieren. Damit Gesellschaften überleben und über lange Zeit gedeihen können, müssen sie mit dem vorhandenen Angebot des Planeten an nachhaltig nutzbaren Ressourcen auskommen. Das bedeutet, selbst wenn wir nicht im Detail wissen, wie eine wünschenswerte Wirtschaft und Lebensweise in der Nach-Wachstums-Ära aussehen werden, wissen wir genug, um ohne Verzug darauf hinarbeiten zu können.
Wir müssen herausfinden, wie das Leben in einer nichtwachsenden Wirtschaft erfüllend, interessant und sicher sein kann. Das Fehlen von Wachstum bedeutet nicht automatisch, daß sich nichts mehr ändern oder verbessern läßt. In einer nichtwachsenden oder im Gleichgewicht befindlichen Wirtschaft kann es immer noch eine kontinuierliche Weiterentwicklung praktischer Fertigkeiten, des künstlerischen Ausdrucks und bestimmter Arten von Technologien geben. Tatsächlich sagen manche Historiker und Sozialwissenschaftler, das Leben in einer Gleichgewichtsökonomie könne besser sein als das Leben in einer rasch wachsenden Wirtschaft: Zwar schafft das Wachstum Chancen für einige Menschen, aber es verstärkt auch die Konkurrenz – es gibt große Gewinner und große Verlierer, und die Qualität der Beziehungen innerhalb einer Gemeinschaft kann dadurch leiden (wie in den meisten boomenden Städten). In einer nichtwachsenden Volkswirtschaft ist es möglich, die positiven Wirkungen zu maximieren und die negativen zu reduzieren, aber das verlangt, daß die richtigen Ziele verfolgt werden: Statt mehr zu wollen, müssen wir Besseres wollen; statt wirtschaftliche Betätigung um ihrer selbst willen zu propagieren, müssen wir die wirtschaftliche Betätigung fördern, die die Lebensqualität erhöht, ohne den Konsum anzuheizen. Ein Weg dahin ist, das Wachstum an sich neu zu erfinden und neu zu definieren.
Der Übergang zu einer Wirtschaft ohne Wachstum (oder einer, in der Wachstum grundsätzlich anders definiert wird) ist unvermeidlich, aber er wird viel besser verlaufen, wenn wir ihn planen, statt daß wir nur mutlos zusehen, wie Institutionen versagen, auf die wir uns seit langem verlassen, und dann versuchen, ohne diese Institutionen eine Überlebensstrategie zu improvisieren.
Wir müssen eine wünschenswerte »neue Normalität« schaffen, die den Einschränkungen Rechnung trägt, die uns die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen auferlegt. An der »alten Normalität« festzuhalten ist keine Alternative; wenn wir nicht neue Ziele finden und unseren Übergang von einer wachstumsbasierten Wirtschaft zu einer gesunden Gleichgewichtsökonomie planen, werden wir mit einer sehr viel weniger wünschenswerten »neuen Normalität« dastehen. Tatsächlich erkennen wir ihre Umrisse bereits in Form anhaltend hoher Arbeitslosigkeit, einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich und immer häufigeren und schlimmeren Umweltkrisen – all das bringt viele Belastungen quer durch die Gesellschaft.
Eine Anleitung für dieses Buch
Am Anfang dieses Buches stand eine plötzliche Erkenntnis am Morgen des 16. September 2008 (dem Tag nach der Pleite von Lehman Brothers). Ich saß in einer Konferenz von rund 40 Leitern und Geldgebern von Nonprofit-Organisationen und hörte zu, wie ein ehemaliger Geschäftsführer von JP Morgan erklärte, was Derivate sind und warum die Finanzwelt sich gerade in diesem Augenblick aufzulösen schien. Einer der Geldgeber nahm einen Anruf auf seinem Handy entgegen, und danach flüsterte er: »Ich habe gerade 40 Millionen Dollar verloren.« Mir ging durch den Kopf: Wir erleben den Anfang vom Ende des Wirtschaftswachstums. Ich wußte, daß das Ende unvermeidlich war, aber nun wirkten Ereignisse in der Finanzwelt mit ökologischen Grenzen zusammen, und das beschleunigte und verstärkte die Entwicklung sehr viel mehr, als irgend jemand vorausgeahnt hätte.
Dieser Gedanke wäre mir nicht gekommen, wenn ich nicht darauf vorbereitet gewesen wäre – weil ich vor Jahrzehnten Die Grenzen des Wachstums gelesen hatte, aber vorbereitet auch durch die allmähliche Erschöpfung der Ressourcen in den Jahren danach. Der Gedanke setzte sich fest, und in den folgenden Monaten drehte und wendete ich ihn und prüfte, ob er vernünftig, verfrüht oder schlichtweg falsch war.
Ich diskutierte darüber mit Ökonomen, Unternehmensberatern, Energieexperten und auf Ressourcen spezialisierten Analysten. Ich las viele Stunden über Wirtschaftsgeschichte und die Ursachen der sich entfaltenden Finanzkatastrophe. Ich sprach mit meinen Kollegen beim Post Carbon Institute und fragte sie: Selbst wenn es stimmt – daß die Welt aus der Möglichkeit weiteren Wachstums »herausgewachsen« ist –, sollte man diese Botschaft dann der Welt verkünden, oder sollte ich lieber weiter über Energie- und Ressourcenthemen schreiben? Mitte 2010 wurde schließlich klar (aus Gründen, auf die ich in Kapitel 7 näher eingehen werde), daß die Geschichte vom Ende des Wachstums erzählt werden mußte.
Die Erkenntnis, daß das Wachstum sein Ende erreicht haben dürfte, wirft viele Fragen auf. Werden die finanziellen Auswirkungen inflationär