Mario Leis

Corpus Delicti von Juli Zeh: Reclam Lektüreschlüssel XL


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      Heinrich Kramer

      »Santé« (S. 15). So grüßt der aus den Medien allseits bekannte Bestsellerautor, Journalist und verheiratete Vater zweier Kinder, der Anfang 40 ist. Das im Kapitel »Das Vorwort« (S. 7 f.) zitierte Vorwort stammt aus seinem Buch Gesundheit als Prinzip staatlicher Legitimation, und am Ende von Corpus Delicti behält er das letzte Wort: Der von ihm so geschätzten METHODE kann sich Mia nicht mehr entziehen; Kramer und seine Mitstreiter haben Mias Widerstand schließlich gebrochen. Kramer ist ein arroganter und kaltblütiger Mensch, der davon überzeugt ist, keiner sei so klug wie er. Lediglich seine Gegnerin Mia Holl kann ihm (zunächst) Paroli bieten. »Trotzdem bleibt der gegenseitige Respekt, die Anziehungskraft zwischen den beiden Figuren erhalten. Beide sind verliebt in intellektuelle Brillanz, in die eigene und in die des jeweils anderen.«4

      Als überzeugter MethodenfreundAnhänger und mutmaßlicher Pressesprecher der METHODE wäscht er standesgemäß schmutzige Wäsche – im Fall Moritz Holl als »dreckige[r] Kläffer[]« (S. 31) und im Fall Mia Holl als »schwanzwedelndes Hündchen« (S. 178).

      Kramer, der sich als »Überzeugungstäter« (S. 180) im Namen der METHODE bezeichnet, wird bei Mia Holls Güteverhandlung hellhörig. Weitsichtig, eine Story witternd, wagt sich der »Geschichtenjäger« (S. 118) in die Höhle der »Löwin« (S. 192). Mia ist skeptisch, weil sie ihn für den »Moritzʼ MörderMörder [ihres] Bruders« (S. 30) hält. Bald aber gelingt es dem Journalisten, ihr Vertrauen zu gewinnen. Als er genügend Informationen über sie gesammelt hat, verwendet er diese, um Mia in die Enge zu treiben, ähnlich dem Historische Vorbilderhistorischen Heinrich Kramer, dem Autor des berüchtigten Hexenhammers (1486) und einem der Wegbereiter der Hexenverfolgung.

      Die ideale Geliebte

      »Red keinen Scheiß« (S. 28) sind die ersten Worte von Mias Alter Ego. Als PhantasieproduktPhantasieprodukt ihres Bruders trägt »die Schöne« (S. 25), die »mit Materie wenig gemeinsam« (S. 26) hat, weibliche Züge. Sie ist ein ›Zusatzgewissen‹, das Mias Verhalten auf einer Metaebene, d. h. auf einer übergeordneten Ebene, reflektiert und kritisiert. Sie prüft Mias Verhalten, ermahnt sie und zeigt ihr alternative Ideen und Handlungsmöglichkeiten auf.

      Das »Hirngespinst« (S. 46) ist für alle anderen Menschen außer Moritz und Mia unsichtbar. Dies führt zu Missverständnissen, wenn Mia in Gesellschaft anderer mit der idealen Geliebten redet: Kramer glaubt, dass sie Selbstgespräche führt (S. 38), und Rosentreter, dass Mia ihn meint (S. 108). Der idealen Geliebten gefällt Mias Verteidiger besser als Heinrich Kramer, den sie als »Arschloch« (S. 31), »Maschine« (S. 37), »Fanatiker« (S. 47) und »Monster« (S. 122) bezeichnet.

      Die ideale Geliebte spendet Moritz im Gefängnis Trost; er überlässt Mia sein »Hirngespinst« (S. 46) nicht ohne Hintergedanken: »Die ideale Geliebte wird dich zu mir zurückführen.« (S. 45) An Moritz’ Stelle setzt sie sich mit Mia auseinander und redet ihr – als seine Stellvertreterin – ins Gewissen. Als Mias Mias SinneswandelSinnenwandel vollzogen und damit der Auftrag der idealen Geliebten erfüllt ist (S. 189), verschwindet sie. Kurz darauf wird bei Mias zweiter Festnahme deutlich, dass es sich bei ihrer Wahnvorstellung, die stets auf der Couch lag und sie manchmal mütterlich in den Arm nahm (S. 47, 189), um ein personifiziertes Sofakissen handelt (S. 192).

      Juli Zeh stellt sich dieses »Hirngespinst« so vor: »Ich habe mir die ideale Geliebte immer üppig, nackt und rothaarig vorgestellt, ein bisschen wie eine Jugendstilfigur von Gustav Klimt. Oder wie eine bezaubernde Hexe.«5

      Abb. 4: Gustav Klimt: Danaë (1907/08)

      Dr. Lutz Rosentreter

      Mias Mias RechtsanwaltAnwalt, ihr von Sophie bestellter Pflichtverteidiger, ist – wie es wiederholt heißt – »ein netter Junge« (S. 70). Das so benannte Kapitel beschreibt ihn ausführlich (S. 70–76). Mia ist ihm gegenüber zwischen Ab- und Zuneigung hin- und hergerissen. Er erscheint ihr zunächst tölpelhaft und unprofessionell (S. 72). Sein Verhalten macht Mia rasend: »Sie haben mir versprochen, diese Scheiße zu beenden. Und was machen Sie? Reiten mich noch tiefer rein.« (S. 107)

      Auch Sophie und Bell nehmen Rosentreter nicht ernst (S. 99). Vor Kramer hat er Angst (S. 117). Doch als unglücklich Verliebter wird er zum »Krieger« (S. 113). In Mias Verteidigung sieht er eine Chance, »der METHODE ein Bein zu stellen« (S. 115).

      Rosentreter entpuppt sich als Methodenfeind: »der größtmögliche Triumph« (S. 171) im Beruf – er deckt den Justizirrtum im Fall Moritz Holl auf, den er verbotenerweise mit dem ersten Alkohol seines Lebens begießt – stürzt ihn privat in eine Krise: Seine Geliebte, die der METHODE treu ergeben ist, trennt sich von ihm. Dennoch möchte Rosentreter seine Traumfrau – und auch sich selbst – schützen, weshalb er Mias Verteidigung Aufgabe der Verteidigungaufgibt. Doch dank seiner Weitsicht gibt der Präsident des Methodenrats letztlich dem zuvor schon eingereichten Antrag Rosentreters statt, was Mia vor dem Einfrieren bewahrt.

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