Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Mord im Bunny-Club


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wurde hart.

      „Zunächst werde ich eine alte, längst fällige Sache erledigen. Und dann, tja, dann werde ich lange, über Ihre Worte nachdenken, Sir. Und vielleicht – vielleicht werde ich mich wirklich bessern.“

      Der Direktor, drückte auf den Summer.

      „Bitte, keine Witze so früh am Morgen“, sagte er. „Davon bekomme ich immer Sodbrennen.“

      *

      Der Paternoster im Gebäude der City Police in der Centre Street von Manhattan beförderte einen hochgewachsenen Mann in die vierte Etage. Der Mann ging den Flur entlang, stieß eine Tür auf, fand, daß das Vorzimmer dahinter leer war, öffnete die nächste Tür und stand vor dem Schreibtisch von Lieutenant Antony Starr, dem Chef der Mordkommission C/II.

      Der Captain grunzte unwillig. Es war spät am Abend, und seine kräftigen Finger umklammerten einen Stift, mit dem er an dem fälligen Jahresbericht seiner Abteilung herumbosselte.

      „Der Tag geht“, sagte der0020Captain. „Der Tag geht, Joe Barry kommt!“

      „Smooth“, sagte Joe. „Still going strong! Ich störe doch nicht?“

      „Schon die Art der Fragestellung sollte dir bestätigen, daß du’s tust. Aber da du schon einmal da bist – wie formuliert man die Tatsache, daß es im abgelaufenen Jahr mehr Morde gab als je zuvor, während gleichzeitig unsere Aufklärungsquote zurückging. Ich meine, wie formuliert man es so, daß es umgekehrt klingt.“

      „Mal nachdenken“, sagte Joe. „Wie wär’s mit folgendem: ,Auch in diesem Jahr setzte sich die ansteigende Te ndenz auf dem Sektor der Kapitalverbrechen fort. Die Aufklärungsquote ist nach wie vor gut, wenngleich auf dem polizeilichen Sektor Engpässe zu überwinden waren, was bei erhöhtem persönlichen Einsatz in der Zukunft jedoch gelingen sollte.‘“

      „Hervorragend!“ sagte Antony und schrieb eifrig. Dann warf er den Stift weg. „Es ist bald Mitternacht. Wo brennt’s bei dir?“

      Joe nahm eine Packung Chesterfield aus der Tasche. Er riß sie mit dem Daumennagel auf, klopfte sich eine Zigarette heraus, stekte sie an und blies den Rauch in die Luft. Er sah Antony an.

      „Viktor Louis wurde heute, früh aus Scranton entlassen“, sagte er.

      „Teufel, Teufel!“ schnaufte Tom. „Sind die vier Jahre schon vorbei?“

      „Yeah“, sagte Joe gedehnt. „Vier Jahre, zwei Monate und acht Tage. Ich hatte mir den Tag im Kalender angestrichen, aber natürlich hatte ich ihn längst vergessen. Dodson hat mich vorhin angerufen, du weißt doch, der dicke Sergeant von Scranton.“

      „In Scranton entlassen sie um acht Uhr früh“, sagte Tom. „Demnach ist Viktor Louis schon seit sechzehn Stunden auf freiem Fuß. Bei Gott, der Gedanke gefällt mir nicht. Der Bursche kann längst hier in New York sein,“

      „Er ist bereits in der Stadt“, sagte Joe.

      „Woher weißt du das?“

      „Meine Spitzel haben lange Ohren. Viktor Louis wurde in Scranton von Dolly Sternberger, dem Strafverteidiger, abgeholt, der ihn damals vor Gericht verteidigte. Sie fuhren sofort nach New York, wo sie kurz vor zwölf Uhr mittags eintrafen. Hier aßen sie zusammen im Bnnny-Club in der Lexington Avenue. Anschließend fuhr Sternberger in seine Kanzlei in der Madison Avenue.“

      „Und Viktor Louis?“

      „Verschwand spurlos.“

      „Was soll das heißen?“

      „Die Lifeboard Insurance hatte einen Detektiv engagiert, der ihm nicht von den Fersen weichen sollte. Offenbar hat man geglaubt, Viktor Louis werde schnurstracks in den Wald rennen, ein Loch in den Boden buddeln und die Kiste mit den achthunderttausend Dollars herausholen, die damals die Versicherung bezahlt hat.“

      „Und du sagst, der – hm – Kollege hat ihn verloren?“

      „Nach vier Stunden“, sagte Joe düster. „Eine Affenschaude, welche Stümper sich heutzutage in unserer Branche versuchen.-Daß der Bunny-Club einen zweiten Ausgang hat, sollte sich allmählich herumgesprochen haben.

      Wahrscheinlich hat Viktor Louis sich kaputtgelacht, als er ihn benutzte, während sein Schatten vor dem Haupteingang stand und dabei vermutlich mit Schlapphut. Trenchcoat und umgedrehter Zeitung bewaffnet war.“

      „Mir gefällt die Sache nicht“, knurrte der Captain. „Überhaupt nicht. Du warst es, der Viktor damals hinter Gitter gebracht hat. Und weißt du noch, was er dir geschworen hat?“

      Joe nickte.

      „Daß er mich dafür eines Tages umbringen werde.“

      „Und Viktor Louis ist der Mann, der versuchen wird, einen solchen Schwur zu halten“, fuhr Antony fort „Diese vier Jahre in Scranton waren der einzige Schönheitsfehler in Viktors Karriere. Nie zuvor war es möglich gewesen, ihm auch nur das geringste nachzuweisen. Er wird diese Scharte auswetzen wollen, und das kann er nur, indem er sich an dich hält.“

      „So ungefähr denke ich mir das auch“, nickte Joe. „Hinzu kommt, daß er ein handfestes Motiv hat, gegen mich vorzugehen. Die Lifeboard Insurance ist wild entschlossen, sich ihr Geld von ihm wiederzuholen. Du weißt, daß die geraubten Bilder damals verschwunden blieben und nie wieder aufgetaucht sind. Man vermutet, daß Viktor sie verkauft und das Geld irgendwo versteckt hat. Lifeboard hat das ABC-Detektivbüro engagiert.“

      „Diesen Pfuschladen, dessen Spezialität Scheidungssachen sind?“

      „Ganz recht“, nickte Joe. „Ich bin überzeugt davon, daß die Brüder eine Menge Porzellan zerschlagen, aber gegen Viktor nichts ausrichten werden. Die logische Folge wird sein, daß Lifeboard tiefer in die Tasche greift und versucht, mich zu engagieren. Ich bin zwar dreimal so teuer wie die Schlüssellochgucker von ABC, aber das wird man in Kauf nehmen.“

      „Yeah“, sagte Antony ohne jede Ironie. „Schließlich hist du der einzige, der Viktor jemals geschafft hat.“

      „Es kommt hinzu, daß mein Sieg über ihn vor vier Jahren nur ein Teilsieg war. Man konnte Viktor vor Gericht nur nachweisen, daß er von dem Raubüberfall Kenntnis hatte, nicht, daß er daran beteiligt war. So wurde er nur verurteilt, weil er von einem drohenden Verbrechen Kenntnis gehabt und es unterlassen hatte, den Bedrohten zu warnen. Er bekam zwar die Höchststrafe von vier Jahren, aber bei einein kriminellen Universalgenie wie Viktor ist das im Grunde genommen ein Witz.“

      „Al Capone wurde auch nur wegen Steuerhinterziehung verurteilt“, brummte Tom. „Wir müssen die Burschen zu jedem Preis einkaufen, zu dem wir sie kriegen.“

      „Mag sein. Aber für mich ist ein Fall erst dann ganz gelöst, wenn ein Mörder auch wegen Mordes verurteilt wird und nicht, weil er falsch geparkt hat. Mit anderen Worten, meine Neigung, den Auftrag zu übernehmen, wenn Lifeboard an mich herantritt, ist nicht gering.“

      „Viktor weiß das natürlich.“

      „Klar. Daraus ergibt sich für ihn ein zusätzliches Motiv. Viktor ist nicht dumm. Er wird mich nicht umbringen, weil er mich haßt und sich an mir rächen will. Wegen solcher Gefühlsduseleien geht er das damit verbundene Risiko nicht ein. Aber wenn noch ein gutes Motiv dazukommt, sieht die Sache anders aus. Wenn Viktor damit rechnen muß, daß ich im Auftrag von Lifeboard mit dicken Spesen ausgestattet hinter ihm herziehe, um ihm die Freiheit zu vermiesen, wird er mit Freuden auf mich losgehen.“

      „Well“, sagte der Captain, „es dürfte einer der seltenen Fälle sein, wo ein Mordopfer so vernünftig ist, sich an uns zu wenden, ehe der Mord passiert ist. Hast du eine Ahnung, wie Viktor es anstellen wird?“

      Joe schüttelte den Kopf.

      „Ich weiß nur, daß er vier Jahre Zeit hatte, darüber nachzudenken.“

      „Und der Bursche hat Köpfchen“, murrte der Captain. „Er stammt aus New York, war hier ein großes As in der Unterwelt. Irgendwo hat er ein dickes Vermögen versteckt. Und