Joseph Victor von Scheffel

Ekkehard


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Freiheit zu rechtfertigen, aber wie sie stolz und gebietend vor ihm stand, versagte ihm die Stimme, und die Rede blieb, wo sie entstanden – in seinen Gedanken.

      Aber er war unverzagten Mutes und umfasste mit starkem Arm die Herzogin, die schmiegte sich vergnüglich an ihren Träger und lehnte den rechten Arm auf seine Schulter. Fröhlich schritt er unter seiner Bürde über die Schwelle, die kein Frauenfuß berühren durfte, der Abt ihm zur Seite, Kämmerer und Dienstmannen folgten, hoch schwangen die dienenden Knaben ihre Weihrauchfässer, und die Mönche wandelten in gedoppelter Reihe, wie sie gekommen, hinterdrein, die letzten Strophen ihres Loblieds singend.

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      Es war ein wundersam Bild, wie es vor und nachmals in des Klosters Geschichte nicht wieder vorkam, und ließen sich von Freunden unnützer Worte an den Mönch, der die Herzogin trug, ersprießliche Bemerkungen anknüpfen über das Verhältnis der Kirche zum Staat in damaligen Zeiten und dessen Änderung in der Gegenwart...

      Die Naturverständigen sagen, dass durch Annäherung lebender Körper unsichtbar wirkende Kräfte tätig werden, ausströmen, ineinander übergehen und seltsamliche Beziehungen herstellen. Das mochte sich auch an der Herzogin und dem Pörtner bewähren; dieweil sie sich in seinen Armen wiegte, gedachte sie leise: »Fürwahr, noch keinem hat Sankt Benedikts Kapuze anmutiger gesessen als diesem«, und wie er im kühlen Klostergang seine Bürde mit schüchternem Anstand absetzte, fiel ihm nichts auf, als dass ihm die Strecke vom Tor bis hierher noch niemals so kurz vorgekommen.

      Ich bin Euch wohl schwer gefallen? sprach die Herzogin sanft.

      Hohe Herrin, Ihr mögt kecklich sagen, wie da geschrieben steht: mein Joch ist sanft und meine Bürde ist leicht, war seine Erwiderung.

      Ich hätte nicht gedacht, sprach sie darauf, dass Ihr die Worte der Schrift zu einer Schmeichelrede anwendet. Wie heißet Ihr? Er antwortete: Sie nennen mich Ekkehard.

      Ekkehard! ich danke Euch! sagte die Herzogin mit anmutvoller Handbewegung.

      Er trat zurück an ein Bogenfenster im Kreuzgang und schaute hinaus ins Gärtlein. War's ein Zufall, dass ihm jetzt der heilige Christopherus vor die Gedanken trat?

      Dem deuchte seine Bürde auch leicht, da er anhub, das fremde Kindlein auf starker Schulter über den Strom zu tragen, aber schwer und schwerer senkte sich die Last auf seinen Nacken und presste ihn hinab in die brausende Flut, tief, tief, dass sein Mut sich neigen wollt zu verzweifeln...

      Der Abt hatte einen köstlichen Henkelkrug bringen lassen, damit ging er selber zum Springquell, füllte ihn und trat vor die Herzogin. Der Abt soll den Fremden das Wasser darbringen, ihre Hand zu netzen, sprach er, und sich samt der ganzen Brüderschaft zur Fußwaschung –

      Wir danken, fiel ihm Frau Hadwig in die Rede. Sie sprach's mit entschiedenem Ton. Indes hatten zwei der Brüder eine Truhe herabgeholt, sie stand geöffnet im Gang. Drein griff jetzt der Abt, zog eine funkelneue Kutte herfür und sprach: So ernenne ich denn unseres Klosters erlauchten Schirmvogt zum Mitglied und zugeschriebenen Bruder und schmück' ihn dessen zum Zeugnis mit des Ordens Gewand.

      Frau Hadwig fügte sich. Leicht bog sie das Knie, da sie die Kutte aus seinen Händen empfing; sie warf das ungewohnte Kleidungsstück um, es stand ihr gut, faltig war's und weit, wie die Regel besagt: Der Abt soll ein scharfes Auge haben, dass die Gewänder nicht zu kurz seien für ihre Träger, sondern wohlgemessen.

      Reizend sah das lichte Frauenantlitz aus der dunkeln Kapuze.

      Für Euch gilt das Gleiche! rief nun der Abt zu der Herzogin Gefolge. Da hatte der böse Sindolt seine Freude dran, Herrn Spazzo einzukleiden. Und wisst Ihr auch, raunte er ihm ins Ohr, was die Kutte für Euch zu bedeuten hat? – Dass Ihr die Gelüste der Welt abschwöret und einen mäßigen, armen und keuschen Wandel gelobet für immerdar!

      Herr Spazzo war schon mit dem rechten Arm in das faltige Ordensgewand gefahren, schnell zog er ihn wieder zurück. Halt an, zürnte er, da muss ich Einsprache tun! Sindolt schlug ein Gelächter auf, da merkte der Kämmerer, es sei so ernst nicht gemeint, und sprach: Bruder, Ihr seid ein Schalk!

      Bald prangten auch die Gefolgsmänner im Schmuck des Ordenskleides, manchem der neuerschaffenen Mönche hing der lange Bart ordnungswidrig bis an den Gürtel und das sittige Niederschlagen des Blicks gelang noch nicht ganz nach Vorschrift. Der Abt geleitete seine Gäste zuerst zur Kirche.

      Einer von denen, die am wenigsten sich des unerwarteten Besuchs ergötzten, war Romeias, der Wächter am Tor. Er wusste ungefähr, was ihm bevorstand, aber nicht alles. Während der Abt die Herzogin empfing, kam Gerold, der Schaffner, zu ihm und sprach: Romeias, rüstet Euch, auszuziehen! Ihr sollt auf den nächsten Meierhöfen ansagen, dass sie noch heut vor Abend die schuldigen Hühner zur Ausschmückung der Mahlzeit schicken, und sollt einen guten Bissen Wildbret beschaffen.

      Damit war Romeias zufrieden. Es fügte sich nicht zum ersten Male, dass er das Gasthuhn zu heischen ging, und die Meier und Kellerer auf den Höfen duckten sich des Romeias Worten, denn er hatte eine kräftige Sprache zum Befehlen. Des Weidwerks aber freute er sich zu jeder Zeit. Darum nahm Romeias seinen Jagdspieß, hing die Armbrust über und wollte gehen, ein Rudel Hunde zu lösen. Gerold, der Schaffner, aber zupfte ihn am Gewand und sagte: Romeias, noch etwas! Ihr sollet auch der Herzogin Frauenzimmer, denen der Eintritt verwehrt ist, hinauf ins Schwarzatal führen und der frommen Wiborad vorstellen, dass sie bei ihr Kurzweil finden, bis der Abend kommt. Und sollet fein artig sein, Romeias, es ist eine Griechin dabei mit gar dunkeln Augen...

      Da legten sich drei tiefe Falten über Romeias' Stirn, und er stieß den Jagdspieß auf den Boden, dass es klirrte. Weibervölker begleiten? rief er, – dazu ist der Wächter am Tor des heiligen Gallus nicht geschaffen!

      Gerold aber nickte ihm bedeutungsvoll zu und sprach: Ihr müsst's versuchen, Romeias. Ist's nicht schon zugetroffen, dass Wächter, die ihren Auftrag getreulich erfüllten, des Abends einen großen Steinkrug Klosterwein in ihrem Stüblein vorfanden? Hallo, Romeias!

      Des Missmutigen Antlitz heiterte sich. Und er ging hinab in den Hof und löste die Hunde; der Spürhund und der Leithund sprangen an ihm hinauf, auch das Biberhündlein kläffte vergnüglich und wollte mit ausziehen, aber verächtlich jagte er's heim, der Fischteich und seine Insassen gingen den Weidmann nichts an. Von seinen Rüden umbellt schritt er vors Tor.

      Praxedis und die anderen dienenden Frauen der Herzogin waren von den Pferden gestiegen und saßen auf einem Rain im Sonnenschein und hatten viel miteinander zu schwatzen von Mönchen und Kutten und Bärten und sonderbaren Launen ihrer Herrschaft. Da trat Romeias vor sie hin und sprach: Vorwärts!

      Praxedis musterte den wilden Jägersmann und war sich nicht klar, was sie aus ihm machen sollte; mit schnippischer Stimme fragte sie: Wohin, guter Freund? Romeias aber hob seinen Spieß und deutete nach einem nahen Hügel hinter dem Walde und sagte nichts. Da sprach Praxedis: Sind die Worte bei euch in Sankt Gallen so teuer zu kaufen, dass Ihr keinen andern Bescheid gebt?

      Die Dienerinnen lachten.

      Da sprach Romeias ernst: Möcht' euch doch allzusamt ein Donnerwetter sieben Klafter tief in Erdboden hinein verschlagen!

      Praxedis erwiderte: Wir danken Euch, guter Freund! Hiemit war die schickliche Einleitung zu einem Gespräch gefunden. Romeias eröffnete seinen Auftrag, die Frauen folgten ihm willig.

      Und allmählich fand der Wächter, dass es nicht der härteste Dienst sei, solche Gäste zu geleiten, und wie die Griechin ihn des Näheren über Wächterei und Jagdhantierung befragte, ward seine Zunge gelöst, und er erzählte von Bären und Wildschweinen, dass es eine Freude war, und erzählte sogar sein großes Jagdstück von dem furchtbaren Eber, dem er einst den Speer in die Seite geworfen und ihn doch nicht zu erlegen vermocht, denn er hatte Füße, einer Wagenlast an Maße gleich, und Borsten, so hoch wie die Tannen des Forstes, und Zähne, zwölf Ellen lang,

      »Der