Wir hatten die weißen Läufer beim MdS immer mal wieder gesehen und wussten mit der Zeit, was die dort genau machten. Eines Tages fasste Lahcen dann den Plan, ein Stück mitzulaufen. Zur damaligen Zeit startete der Lauf noch in Zagora, und Lahcen hat die besten Läufer ganz vorn ungefähr 28 km lang begleitet. Zwar wurde er von der Rennleitung des Rennens verwiesen, aber die Läufer berichteten dem Veranstalter Patrick Bauer anschließend von seinem großen läuferischen Talent. Ihm war es mühelos gelungen, ihnen zu folgen. Mit Bauers Unterstützung konnte Lahcen im Jahr danach im Team des Hauptsponsors SIDI Ali teilnehmen. Ohne die Sponsorenunterstützung hätten wir nicht starten können. Der Mineralwasserhersteller hatte ein starkes Team und sie wurden Dritter, trotz Zeitstrafen wegen fehlendem Equipment erreichte Lahcen den fünften Platz. 1997 gewann er zum ersten Mal das Rennen und von 1999 bis 2007 war er unangefochten ohne Unterbrechung der beste Läufer in der Wüste. Im Jahr 2015 startete er nach einigen Jahren Pause nochmals und gewann auch in diesem Jahr wieder. In den Jahren dazwischen war ich meistens Erster und zweimal Zweiter.
Was war Antrieb, so lange bei diesem Rennen mitzumachen?
Es ist unsere Heimat – es war naheliegend, hier zu laufen. Außerdem ist es das einzige Wüstenrennen, bei dem es für die Gewinner ein relevantes Preisgeld gibt. Mit 5.000 Euro kann man in Marokko einiges für die Familie machen, zum Beispiel den Hausbau vorantreiben, was sich ansonsten in der Regel über Jahre zieht.
So als Insidertipp für uns alle: Warum seid ihr fünfzehn Jahre fast nicht zu schlagen beim MdS, obwohl aus allen Herren Länder Meister über 100 km oder Marathonläufer mit erstaunlichen Zeiten am Start waren?
Wir waren aus besagten Gründen hochmotiviert und Entbehrungen gewöhnt. Wir waren von Kindertagen an gewohnt, auf diesem Boden zu laufen. Mal sandig, mal lose Steine und Felsen, und natürlich haben wir auch sehr hart trainiert. Ich teilte mir ein Zimmer mit Lahcen, und wir haben für das Laufen alles gegeben. Unser Training begann meist im Oktober, wenn es in der Wüste nicht mehr so heiß war, und dauerte bis in den April. Die letzten zehn bis zwölf Wochen haben wir 200–220 km pro Woche in der Wüste absolviert. Solche Distanzen sind mit der gleichen Kilometeranzahl auf der Straße nicht zu vergleichen. Zudem habe ich als Bergführer immer sehr viel Gepäck in meinem Rucksack getragen. Das war über das Jahr ein gutes Training für meine Bein- und auch Rumpfmuskulatur.
Mit Mohamad im Ziel beim ISRU Race/Iran
Wie hat so ein Training genau ausgesehen?
Meist haben wir zweimal pro Tag trainiert. Die längere Einheit am Morgen, wenn es noch kühler war, die kürzere am Nachmittag. Dazu gab es jeden Tag mindestens 30 min Stretching. Neben den ganz langen Läufen am Wochenende standen aber auch Sprints und Hügeltraining auf dem Plan. Die Sprints habe ich immer an einem sehr steilen Stück gemacht. Da ging es auf 100 m steil nach oben, und das zehnmal hintereinander, das ist schon sehr hart. Auch sehr schnelle Laufeinheiten auf dem Sand stand auf dem Trainingsplan. Ich halte heute noch den Rekord im Guinessbuch für die schnellste Wüstenetappe: 42 km mit Rucksack in 2:48 h beim Marathon des Sables 1998. Wir haben viel nach Gefühl trainiert. Über eine Pulsuhr verfügten wir nicht, und wenn der Körper mal sehr müde war, haben wir auch darauf gehört und eine Pause eingelegt. Aber bis es zu diesem Punkt kam, musste viel passieren. Neben dem enorm harten Training war aber sicherlich auch die mentale Konzentration auf dieses eine wichtige Rennen im Jahr der Garant für den Erfolg. Und wie schon gesagt, wir waren als Nomaden Entbehrungen gewohnt.
Du bist jetzt Mitte vierzig – was sind deine Pläne?
Aus dem professionellen Laufgeschehen habe ich mich etwas zurückgezogen, aber natürlich nehme ich weiter an Rennen teil – wie auch hier im Iran. Ich habe jetzt viel mehr Zeit, Land und Leute und vor allem auch die Natur, in der ich unterwegs bin, zu genießen. Der Druck, gewinnen zu müssen oder zu wollen, ist weg, aber manchmal kommt immer es noch vor, dass ich ganz oben stehe (er lacht). Andererseits bringe ich all das, was ich gelernt habe, in unsere eigenen Veranstaltungen ein. Ich habe eine sehr genaue Vorstellung, wie ein Rennen aussehen soll. Ich denke viel über den Streckenverlauf nach, und wir machen uns auch ausführlich Gedanken zum Thema Sicherheit und Versorgung der Läufer. Des Weiteren haben wir unser Trainingslager bei Zagora aufgebaut, meinem Geburtsort und gleichzeitig die Region, in der wir als Nomaden aufgewachsen sind. Wir haben feste Zelte installiert, es gibt Strom und Wasser, ein idealer Ort für das Training, nicht nur in der Wüste. Wir können auch raus ins Atlasgebirge gehen. Grundsätzlich ist alles da. Wir können dort selber für uns kochen, oder die Verpflegung wird vorbereitet und gebracht. Wenn ich nicht vor Ort bin, übernehmen gute »Schüler« von mir das Training. Als Trainerin steht vor Ort meist Jenny Davis den Teilnehmern und vor allem auch Teilnehmerinnen zur Seite. Sie ist eine erfahrene Triathletin und hat auch schon erfolgreich an Wüstenrennen teilgenommen.
Danke dir! Auch für die Datteln während unseres Gespräches. Sehr lecker. Nehm‘ ich zum nächsten Rennen auch mit. Was machen wir nun?
Ich lade dich ein zu einem meiner Rennen in Marokko, ansonsten würde ich sagen: Wir essen noch was und legen uns mal hin – waren anstrengend, die 40 km heute hier im Iran.
D’accord.
Infos zu den Rennen und dem Trainingslager auf www.ahansal.com
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