Oliver Plaschka

Perry Rhodan Neo 240: Das neue Plophos


Скачать книгу

müssen, dass eigentlich die ganzen Planeten Maschinen sind. Die Loower, die als Nächste kamen, widmeten diese Welten um – ihnen ging es offenbar nicht um Kreell, sondern um das Dunkelleben.«

      Abermals ließ Rhodan den Blick über die Tische und die nichts ahnenden Gäste schweifen. Ein Schauder lief ihm den Rücken hinab. Die Szenerie, die ihm zuvor so friedlich vorgekommen war, wirkte nun wie eine Illusion, eine verletzliche Seifenblase.

      »Wer weiß noch davon?«, fragte Bull.

      »Nur, wer unbedingt davon wissen muss. Thora. Nike Quinto.«

      Bull nickte. »Das ist gut. Kannst du dir vorstellen, was los wäre, wenn die Kolonien erführen, auf was sie da in Wahrheit sitzen?«

      »Vielleicht wird sich das nicht mehr lange verheimlichen lassen.«

      Bull trommelte ungeduldig auf den Tisch. »Ehe das passiert, müssen wir die Lage in den Griff kriegen. Du weißt, dass ausgerechnet in der Lokalen Blase – also dem Umfeld dieser Anlagen, Maschinen, was auch immer – noch Dunkelleben existiert? Was immer du und Nathalie da im galaktischen Zentrum getan habt: Überall ist es besiegt, nur bei uns nicht.«

      »Ist das dein Ernst?«, fragte Rhodan. »Nein, das wusste ich nicht.«

      »Tut mir leid, Perry.« Bull machte ein betrübtes Gesicht. »Aber Quinto hat Hinweise aus sämtlichen Ecken der Kolonien zusammengetragen. Er hat seine Augen und Ohren überall: auf Siga, auf Plophos, im Geminga-Kartell ... sogar auf die verlorenen chinesischen Kolonien hat er ein Team geschickt.«

      Rhodan nickte verstimmt. Aber so kannte er den Vorgesetzten seiner Söhne: Der Leiter der Abteilung III war zuverlässig und gewissenhaft. Wenn Quintos Informationen darauf hinwiesen, dass die Gefahr noch nicht gebannt war, musste ihm Rhodan das wohl leider glauben.

      »Und die Lage auf Plophos ist wirklich schlimm«, fügte Bull hinzu. »Dort scheint sich eine Art von Krankheit auszubreiten. Und Hondro ist vermutlich abgetaucht.«

      Rhodan ballte die Hände. »Wir müssen Iratio Hondro das Handwerk legen! Nathalie hat prophezeit, dass er versuchen würde, mittels des Nonagons das Blatt noch einmal zugunsten von Tihit zu wenden. Wahrscheinlich ist das, was wir gerade sehen, nur der Anfang.«

      »Das heißt, wir stehen wieder genau da, wo wir vor anderthalb Jahren schon standen«, resümierte Bull. »Hab ich schon erwähnt, wie sehr mir Hondro auf die Nerven geht? Wir haben einen geisteskranken Diktator direkt vor unserer Haustür, und er tanzt uns auf der Nase rum. Es fehlt nicht mehr viel, und ich schicke die Flotte. Es ist mein Ernst, Perry.«

      Ceterum censeo, dachte Rhodan. Es war nicht das erste Mal, dass Bull ein härteres Durchgreifen forderte. Waren sie an diesem Punkt der Geschichte angelangt? War Iratio Hondros Plophos ihr Karthago, das zerstört werden musste? »Tu das nicht«, bat er.

      »Dann wirst du mich überzeugen müssen«, forderte Bull ihn heraus. »Denn befehlen kannst du es mir nicht.«

      Rhodan sah seinem Freund in die Augen, versuchte zu ergründen, wie ernst er es meinte. Bull musste wissen, wie gefährlich eine militärische Intervention war – insbesondere wenn Hondro noch über die Kräfte verfügte, die ihm das Dunkelleben verliehen hatte. Der Obmann konnte der Besatzung ganzer Schiffe seinen Willen aufzwingen, noch ehe sie den Orbit von Plophos erreichten. Er konnte ein furchtbares Massaker anrichten.

      Gleichzeitig wusste Rhodan, dass die Zeit drängte. Wenn Nathalie recht behielt – und daran zweifelte er keine Sekunde –, mochte Hondro mit seinem Handeln die gesamte Milchstraße gefährden. In seiner Vision hatte Rhodan erlebt, was geschehen würde, wenn Tihit erwachte. Der Gewaltherrscher von Plophos durfte auf keinen Fall die Macht über das Nonagon erlangen.

      »Ich werde nach Plophos fliegen«, beschloss er. »Nicht mit der Flotte, sondern einem kleinen Team. Wir suchen die Planetenmaschine und finden heraus, was Hondro vorhat. Ich bitte Stella Michelsen um eine geheime, diplomatische Ausnahmegenehmigung. Sie weiß, dass ich in den Kolonien einen guten Ruf genieße.«

      »Und wenn Hondro noch da ist und sich euch in den Weg stellt?«, gab Bull zu bedenken.

      »Legen wir ihm das Handwerk. Aber eins nach dem anderen.«

      Rhodan griff nach seinem Privatsphärefeldgenerator und desaktivierte ihn. Das Gespräch war für ihn beendet – er respektierte Bulls Standpunkt, aber er wollte nicht streiten. Seine Entscheidung stand fest.

      »Wenn du möchtest, komm morgen Abend bei mir vorbei«, schlug Rhodan vor. »Und wir planen alles Weitere. Thomas und Farouq sind auch da.«

      Bull winkte ab. »Ich sehe, du hast das alles schon geplant. Tu, was du nicht lassen kannst. Ich komm dann wieder und hau dich raus.«

      »Das wird nicht nötig sein«, versicherte Rhodan.

      Da bemerkte er Lucio Padavona, seinen persönlichen Referenten, der mit seinem Pad in gemessenem Abstand am Rand der Tische stand und offenkundig darauf wartete, dass Rhodan seine Unterhaltung beendete. »Lucio!«, rief er. »Kommen Sie doch!«

      Padavona war ein schwarzhaariger Mann mit feinen Zügen und einem noch feineren Schneider. Er war einer der hilfreichen Geister, die Rhodans zahlreiche Termine und Auftritte organisierten, wann immer Rhodan auf der Erde weilte. Auch wenn Rhodan kein offizielles Amt mehr innehatte: Jeden Tag erreichten sein Büro zahllose Anfragen, die den ehemaligen Protektor als Vermittler, Berater oder Talkshowgast wünschten.

      »Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte Padavona.

      »Wir waren gerade fertig«, äußerte Rhodan.

      »Es hat sich noch eine Änderung in Ihrem Terminplan ergeben.« Padavona reichte ihm sein Pad. »Ich weiß nicht, ob Sie es schon gesehen haben. Und Nike Quinto bittet um einen Rückruf.«

      »Danke, Lucio.« Rhodan wusste: Wenn es sich um einen Notfall handeln würde, hätte ihn der Geheimdienst-Abteilungsleiter auf seinem privaten Armbandkom gerufen. In allen anderen Fällen war es angenehmer – und auch sicherer –, wenn er selbst Ort und Zeit seines Rückrufs bestimmte. Padavona war seine Brandmauer, die ihn vor einem unablässig piepsenden Kom schützte. »Sagen Sie, wären Sie morgen am späteren Abend vielleicht verfügbar? Es werden sich noch weitere ... Änderungen ergeben.«

      Padavona zeigte keinerlei Verdruss. Es war nicht das erste Mal, dass sein Arbeitgeber ihn um Überstunden bat. »Ich merke es vor und halte uns den Abend frei«, sagte er, und nach einem knappen Nicken Rhodans entfernte er sich.

      »Aber verheiratet seid ihr noch nicht?«, vergewisserte sich Bull, der den Auftritt schmunzelnd verfolgt hatte.

      »Eifersüchtig?«, entgegnete Rhodan. »Wenn du Unterstützung brauchst, kann ich dir eine Liste mit Namen guter Assistenten zukommen lassen.«

      »Lass uns gehen«, wehrte Reginald Bull ab, zahlte die Rechnung und erhob sich. »Der Tag ist noch lang. Teilen wir uns ein Taxi zum Tower?«

      Rhodan war einverstanden.

      Den Rest des Wegs und während des Flugs zum Stardust Tower plauderten sie über weniger ernste Themen. In Gedanken aber weilte Perry Rhodan schon bei der bevorstehenden Reise nach Plophos. Es endlich mit Iratio Hondro aufzunehmen, erfüllte ihn mit Genugtuung. Gleichzeitig war er sich darüber im Klaren, dass der Obmann ein Gegner war, den er nicht unterschätzen durfte. Sobald er wieder in seinem alten Büro war, würde er sich mit Quinto beraten.

      2.

      Capra

      Katharsia erwachte.

      Sie wusste nicht, wie lange sie zuletzt geschlafen oder gedämmert hatte. Alles, was sie sagen konnte, war, dass sie sich weniger erbärmlich fühlte. Ihr Verstand arbeitete wieder klarer, ihr Körper fühlte sich nicht mehr so an, als habe ein Panzerbär sie umgerannt. Was für eine Krankheit oder Schwäche sie auch im Griff gehalten hatte – es war vorüber.

      Sie sah sich um. Auch ihre Freunde streckten die Glieder und rieben sich die Augen. Die Armenküche glich einem behelfsmäßigen Lazarett. Wer noch die Kraft dazu gefunden hatte, hatte sich ein Feldbett