Will Berthold

Hanussen - Hellseher und Scharlatan


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wohl unsere beiderseitigen Beziehungen erschöpft. Was ich von Ihren Darbietungen halte, ist meine Privatsache. Und jetzt kann ich wohl gehen.« »Bleiben Sie, Baronin«, bittet Hanussen und schiebt ihr den Sessel zu. »Ich möchte doch einen Versuch machen, Sie umzustimmen.«

      »Gut. Fangen Sie an«, erwidert sie lustlos.

      »Sie sind 27 Jahre alt. Sie sind mit einem Mann verheiratet, den Sie nicht lieben. Es ist der Baron Panwitz. Sie haben keine Kinder, und Sie wünschen sich auch keine. Sie spielen gerne Tennis. Sie lieben den Foxtrott. Aber Sie gelten nicht ganz zu Unrecht als ein wenig kalt. Sie müssen mich unterbrechen, gnädige Frau, wenn etwas nicht stimmt.«

      »Es stimmt fast alles«, entgegnet die Baronin. »Ihre Detektive haben gut gearbeitet.«

      »Mein Detektiv ist mein Kopf.«

      »Und Ihr Geschäft ist die Dummheit der Menschen, der Größenwahn, der Hokuspokus! Es wäre nichts dagegen zu sagen, wenn Sie hier offen als Zauberkünstler, als Illusionist auftreten würden, wenn Sie vor die Leute hingehen und sagen würden: ›Alles, was Sie hier sehen, ist Fingerfertigkeit, Geschicklichkeit, Trick. Amüsieren Sie sich gut, aber lassen Sie sich nicht beeindrucken!‹«

      »Wenn es aber keine Tricks sind?«

      »Es ist sinnlos, daß wir uns darüber unterhalten«, erwidert die Baronin. »Ich weiß überhaupt nicht, was Sie von mir wollen. Es waren ja genug Gutgläubige da. Sie können mit dem Ergebnis dieses Abends durchaus zufrieden sein. Aber mich werden Sie nicht in die Schar Ihrer Mitläufer einreihen; ich bin ein aufgeklärter Mensch …«

      »Das denken Sie, Madame«, erwidert Hanussen. Er steht auf. Er sieht ihr in die Augen, als ob er sie hypnotisieren wolle; er beugt sich zu ihr herab.

      »Ich will Ihnen etwas sagen, Baronin. Ich werde Ihnen etwas prophezeien. Ich werde Ihnen beweisen, daß ich nicht mit Tricks arbeite. Die Kosten des Beweises werden auf Ihre Rechnung gehen. Sehen Sie mich an, Madame. Sehen Sie die schwarzen, geölten Haare mit dem geradegezogenen Scheitel? Sehen Sie die gelbe Haut des Gesichts? Spüren Sie den Tabakatem? Können Sie sich vorstellen, daß Sie sich in mich verlieben würden?«

      »Wirklich nicht«, entgegnet die Baronin zwischen Spott und Zorn. »Vielleicht sind Sie nur betrunken – ich hoffe das für Sie. Andernfalls wären Sie verrückt.«

      »Sie werden meine Geliebte werden. Sie werden Ihren Mann verlassen. Sie werden mir nach Berlin folgen. Wir werden eine herrliche Zeit verleben. Ein Leben in Saus und Braus. Kurze Tage und lange Nächte mit heißen Küssen und stürmischen Umarmungen. Aber die Zeit des Glücks wird knapp bemessen sein. Erik-Jan Hanussen, der größte Hellseher seinerZeit, ist nicht nur für eine Frau geschaffen.« Die Baronin in der Garderobe starrt den Wahrsager an wie ein Fabeltier. Sie weiß nicht, ob sie jetzt Reißaus nehmen oder das Monster erschlagen soll. Sein Blick wird zwingend. Seine Augen glühen. Verena möchte sich abwenden, sie schafft es nicht. Aber sie ist keine Frau, der man mit solchen Mätzchen imponieren kann, sie ist die Baronin Panwitz.

      »Sie werden die Hölle auf Erden haben«, fährt der Magier fort. »Ich werde Sie betrügen. Ich werde Sie verlassen. Gehen Sie, Madame! Gehen Sie, so schnell Sie können! Versuchen Sie einer Prophezeiung Hanussens zu entkommen! Versuchen Sie es doch! Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei, ich, der Mann, der nur Unglück in Ihr Leben bringen wird. Hören Sie, ich, der Hellseher Hanussen, wünsche Ihnen Glück!«

      Er ist noch blasser geworden. Er richtet sich wieder auf. An seiner Stirn treten die Adern wie Schnüre hervor. Er spricht wie im Fieber, wie in Trance. Seine Augen erschrecken die Baronin Panwitz. Sie treten groß hervor, sind leicht verdreht. Der Gaukler sieht aus wie das Opfer in einem Stummfilm, unmittelbar vor seiner Ermordung. Aber die Zeit der Stummfilme ist vorbei; es werden gerade die ersten Versuche mit Tonfilmen angestellt.

      »Hören Sie auf mit Ihrer Kaschemmenkunst!« erwidert die Baronin. Ihre Stimme wirkt unsicher. Beim Versuch aufzustehen kommt sie nicht gleich hoch.

      »Eines Tages wird man mich beerdigen. Man wird mich wie einen Hund einscharren. Es werden vier Totengräber da sein. Sie werden sich Witze erzählen. Witze über mich. In den Zeitungen wird kein Wort stehen, daß Hanussen gestorben ist. Der große Hanussen! Der Nostradamus des 20. Jahrhunderts! Ein einziger Mensch wird am Grabe stehen. Eine dunkelblonde Frau, deren Lebensglück Hanussen zerstört hat. Die einzige Frau, die an seinem Grab weinen wird. Gehen Sie, Madame – retten Sie sich und mich.«

      Der Magier erwacht aus seiner Trance. Fast verwundert sieht er sich ein paar Sekunden in der Garderobe um. Jetzt erst bemerkt er, daß der Sessel leer ist.

      Die Baronin ist geflüchtet. Mit großer Anstrengung. Hanussen atmet stoßweise. Er trinkt ein Glas Wasser, wischt sich den Schweiß vom Gesicht. Er merkt, daß auch sein Hemd durchschwitzt ist, will es wechseln.

      Da wird an seiner Garderobentür angeklopft. Einen unsinnigen Moment lang hofft Hanussen, daß die Baronin zurückgekommen ist.

      Aber in der Tür steht keine Frau, sondern ein Mann, und der Eintretende ist nicht zierlich, sondern ziemlich korpulent.

      »Hermann Steinschneider?« sagt er.

      »Ich heiße Erick-Jan Hanussen«, fährt ihn der Hellseher verärgert an.

      »Ich bin Kriminalkommissar Molitor«, antwortet der Beamte, während sich seine beiden Helfer in den Raum schieben. »Ich habe einen Haftbefehl gegen Sie.«

      »Ha – Ha – Haft-befehl?«

      »Wegen Betrugs in mehreren Fällen«, erklärt der Mann mit dem Lockenkranz. Er lächelt. »Warum sind Sie so verdutzt? Das kann Sie doch nicht überraschen«, setzt er hinzu, »nicht als Täter. Und schon gar nicht als Hellseher.« Er nickt seinen beiden Begleitern zu. »Ich denke, es ist auch in Ihrem Interesse, kein Aufsehen zu erregen, Herr Steinschneider.«

      Hanussen geht wie geschoben.

      Er ist überrumpelt, verstört. Er glaubt an einen Spuk, an einen Irrtum, der in ein paar Minuten aufgeklärt sein wird, aber da versagt seine Fähigkeit, in die Zukunft zu sehen, zum zweiten Mal.

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