benöthigen sollte, und wirklich stand er mir überall schützend zur Seite.
Die schöne milde Witterung wechselte bald mit Wind und Kälte, als wir hinaus in die große Donau kamen. Ich schlug mich in meinen Mantel ein und blieb auf dem Verdecke, um die Umgebung zu sehen, die von Wien bis Preßburg wohl recht lieblich seyn mag, wenn sie im Frühlingsschmucke prangt, jetzt aber nur kahle Bäume, nackten Boden — ein unfreundliches Bild des Winters darbot.
Hainburg mit dem alten Schlosse auf dem Bergrücken, Theben mit seiner merkwürdigen Veste, und noch weiter hinab die bedeutende königliche Freistadt Preßburg nehmen sich recht artig aus.
In drei Stunden erreichten wir Letztere und landeten in der Nähe des Krönungsberges, einer künstlichen Erhöhung am Ufer der Donau, wohin der König nach der Krönung im feierlichen Ornate, mit dem Schwerte in der Hand reiten, und dasselbe gegen Osten, Westen, Süden und Norden schwingen muß, zum Zeichen, daß er das Königreich gegen alle Feinde, woher sie immer kommen mögen, vertheidigen wolle. — Unweit von diesem Hügel ist der schöne Gasthof ,,zu den drei grünen Bäumen" wo es so theuer, ja noch theurer, wie in Wien ist. Stromabwärts darf man bis unter Pesth nicht auf dem Schiffe übernachten.
Heute fuhren wir um 6 Uhr Morgens ab. Gleich unterhalb Preßburg theilt sich die Donau in zwei Arme und bildet die sehr fruchtbare Insel Schütt, welche 10 Meilen lang und 6 Meilen breit ist. Die Gegend bis Gran ist ziemlich einförmig, dann aber wird sie hübscher. Schöne Hügel und mehrere Berge umschließen dieselbe, und bringen Abwechslung ins Gemälde.
Gegen 7 Uhr Abends kamen wir in Pesth an. Schade daß es schon ganz finster war. Die wunderschönen Häuser, man könnte sagen Palläste, welche das linke Ufer der Donau zieren, so wie gegenüber die alterthümliche und berühmte Festung und Stadt Ofen gewähren einen herrlichen Anblick und verdienen einen längeren Aufenthalt. Ich blieb nur über Nacht, weil ich schon einige Jahre früher mehrere Tage in Pesth zugebracht hatte.
Da hier das Dampfschiff gewechselt wird, muß man bei dem Landen vorzüglich auf jenes Gepäck Acht haben, welches man zu Wien nicht im Bureau übergeben hat.
Ich stieg im Gasthofe »zum Jägerhorn" ab. Es ist ein höchst eleganter Ort, aber unverschämt theuer. Ein kleines Stübchen im Hofe kostete über Nacht 54 kr. C. M.
Schon diesen ganzen Tag war mir sehr unwohl. Heftige Kopfschmerzen, Fieberschauer und wiederholtes Erbrechen ließen mich eine Krankheit und Unterbrechung meiner Reise befürchten. Wahrscheinlich waren diese Übelkeiten eine Folge des schmerzlichen Abschiedes von geliebten Freunden und der Veränderung der Luft. Ich konnte nur mühsam mein bescheidenes Kämmerchen erreichen, und legte mich gleich zu Bette. Doch glücklich besiegte meine gute Natur all' diese Feinde der Gesundheit, und ziemlich erholt begab ich mich des folgenden Tages am
24. März 1842,
auf unser neues Dampfschiff, die „Galatha" von 60 Pferdekraft, welche mir aber nicht so nett und niedlich vorkam, wie die „Marianne," die uns von Wien nach Pesth geführt hatte. Unsere Reise ging schnell von Statten, denn schon um 10 Uhr Morgens waren wir bei Földvár, welches sich von ferne groß und schön ausnimmt, in der Nähe aber gleich einer Seifenblase in nichts zerfließt. Um 2 Uhr kamen wir nach Paks (Paksch). Hier und an allen wichtigen Orten wird ein Viertelstündchen Halt gemacht. Ein Kahn rudert vom Lande her, bringt und holt Menschen mit einer solchen bewunderns'würdigen Schnelligkeit, daß man kaum die an den Nachbar gerichtete Rede vollenden kann. Man hat nicht Zeit, sich Lebewohl zu sagen.
Um 8 Uhr Abends erreichten wir den, durch 2 Schlachten berühmten Marktflecken Mohács. Die Festung daselbst wird als Gefängniß für Verbrecher benützt. Wir sahen weder Festung noch Ortschaft. Es war finstere Nacht, als wir ankamen, und um 2 Uhr Morgens, den
25 März 1842,
lichteten wir schon wieder die Anker. Man versicherte mich, daß ich dadurch nichts verloren hätte.
Nach einigen Stunden bekam unser Schiff plötzlich einen so gewaltigen Stoß, daß Alles auf das Verdeck eilte, um nach der Ursache zu sehen. Unser Steuermann hatte vermuthlich mehr Schlaf als Sehkraft im Auge, gab dem Schiffe eine ungeschickte Wendung, und ein Rad blieb nach dem Verluste mehrerer Schaufeln an vorstehenden, über das Wasser ragenden Baumpflöcken hängen. Schnell eilten die Matrosen in die Böte, das Schiff wurde rückwärts geleitet, und so gelang es mit vieler Mühe, uns wieder flott zu machen.
Wir hielten auf Augenblicke zu Dalina und Berkava, und kamen gegen 2 Uhr an den herrlichen und großartigen Ruinen des Stammschlosses der Grafen Palffy vorüber. Noch schöner nimmt sich das, dem Fürsten Odescalchi gehörige Schloß Illok aus, welches auf einem Berge liegt.
Um 4 Uhr landeten wir bei Neusatz, der berühmten Festung Peterwardein gegenüber, deren bedeutende Werke auf einer weit in die Donau reichenden Felszunge liegen. Von dem Freistädtchen Neusatz ist nicht viel zu sehen, indem vorspringende, den Strom selbst beengende Hügel es dem Blicke entziehen. Die Donau ist hier ziemlich zusammen geengt. Eine Schiffbrücke verbindet beide Ufer. Hier fängt die Militär-Gränze von Österreich an. Die Gegend ist sehr hübsch, besonders gut nimmt sich das Städtchen Karlowitz aus, das in einer kleinen Entfernung vom Ufer an artigen Hügeln, umpflanzt von Reben, liegt. Von diesem Punkte an wird aber die Gegend einförmiger bis Semlin. Die Donau breitet sich schon recht stattlich aus, und gleicht oft mehr einem See, als einem Flusse.
Um 9 Uhr Nachts erreichten wir die Stadt Semlin, an deren Ufer Halt gemacht wurde. Semlin ist befestigt, liegt an der Einmündung der Save in die Donau, hat 13,000 Einwohner, und ist die letzte österreichische Stadt am rechten Donauufer.
Als wir uns dieser Stadt näherten, wurden einige Pöller auf unserm Schiffe gelöst. Man berichtete den Kellner zu spät davon, er hatte nicht mehr Zeit, die Fenster zu öffnen und leider zersprang eines davon; — ein unersetzlicher Schaden für uns, da die Gegend überall in Schnee gehüllt, und die Temperatur auf Null gesunken war. Den Ofen hatte man schon in Wien von seinem Plätzchen verbannt, da die Sonne durch einige Tage ihre milden Strahlen ausgebreitet hatte, und man vermessen auf ihre Beständigkeit rechnete. Überhaupt würde ich keinem Reisenden rathen, den zweiten Platz auf einem Dampfschiffe der Wiener Gesellschaft zu nehmen. Eine größere Unordnung, wie da, kann es nicht leicht geben. Wer nicht im Stande ist, den ersten Platz zu zahlen, der bleibe nur gleich auf dem dritten, nähmlich auf dem Verdecke, besonders wenn die Reise nicht weiter als bis Mohács geht. Ist das Wetter schön, so bleibt man ohnehin lieber im Freien, um das Panorama der Donau an sich vorübergleiten zu sehen. Ist das Wetter unfreundlich, so kann man ohne Anstand in die Kajüte des zweiten Platzes gehen, denn Niemand ist aufmerksam auf die Reisenden des zweiten und dritten Platzes. Sie können sich wenigstens bei Tage sowohl auf dem Verdecke als unter demselben aufhalten. Von Pesth abwärts sind die Frauen gezwungen, mit den Männern in einer Kajüte die Nacht zuzubringen. Dieß ist unangenehm und auch unschicklich. Ich lernte später die Schiffe des österr. Lloyd's, auch französische und italienische kennen, und mit ihnen eine gute zweckmäßige Eintheilung, Absonderung beider Geschlechter, und keine Vernachlässigung des zweiten Platzes.
Die Kälte war so unleidlich, daß man gerne jede Öffnung geschlossen hätte, aber des vielen Tabakrauchens und der Ausdünstung all der armen Leute, besonders der Juden wegen, die einen großen Theil der Fracht im Ungarlande ausmachen und bei der geringsten schlechten Witterung von ihrem gezahlten dritten Platze auf den zweiten eilen, hätte man gerne Thür und Fenster aufgerissen. Es ist gar nicht zu beschreiben, was man Alles auf diesen Schiffen auszustehen hat. — Ungepolsterte Bänke gehören bei Tag zum Sitzen, bei Nacht zum Schlafen. Von einem Waschbecken des Morgens ist keine Spur zu entdecken; und so ging es fort, bis zum dritten Dampfschiff, dem "Zriny'," welches wir unterhalb der Donaufälle bestiegen; da fanden wir wenigstens bequeme gepolsterte Bänke. Allein auf keinem Schiffe, selbst nicht auf dem ,,Ferdinand," mit welchem man schon in das schwarze Meer kommt und der fatalen Seekrankheit anheim fällt, ist eine Absonderung von Männern und Frauen.
Ich sollte doch glauben, daß man für die hohen Preise dieser Fahrt auf etwas Besseres Anspruch machen könnte. Der erste Platz bis Konstantinopel kostet ohne Zehrung und mit Ausnahme der Nachtlager in Preßburg und Pesth 120 fl. C. M., der zweite Platz 85 fl. C.M.
26. März 1842.
Die