Ida Pfeiffer

Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke


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dieser zweiten Reise erschien unter dem Titel: „Reise nach dem Skandinavischen Norden und der Insel Island“ (Pest 1846, 2 Bände) und wurde gleichfalls viel gelesen. Der Erlös der mitgebrachten Naturalien, sowie das Honorar des Verlegers bildeten für Ida Pfeiffer die Grundlage von Ersparnissen für neue Unternehmungen, welche in Folge der bisher errungenen Erfolge in jeder Hinsicht größere Dimensionen annehmen sollten. Eine Reise um die Welt war es, die den Geist der kühnen Frau jetzt beschäftigte und diese einmal gefaßte Idee ließ ihr bald keine Ruhe mehr.

      „Größere Mühsale und Entbehrungen,“ schreibt sie, „als ich in Syrien und Island ausgestanden hatte, konnte ich nirgends erwarten. Auch die Kosten erschreckten mich nicht, da ich nun schon aus Erfahrung wußte, wie wenig man bedarf, wenn man sich auf das Allernöthigste beschränkt und jeder Bequemlichkeit, jedem Ueberfluß zu entsagen bereit ist. Durch meine Ersparnisse erhielt ich Summen, welche einen Fond bildeten, mit dem Reisende wie der Fürst Pückler-Muskau oder wie Chateaubriand und Lamartine höchstens auf einer vierzehntägigen Badereise ausgekommen wären, die mir, der einfachen Pilgerin, aber zu zwei- und dreijährigen Fahrten genügend schienen und, wie die Folge zeigte, es auch waren.“

      Indem sie von ihren großartigen Reiseplanen den Verwandten und namentlich ihren Söhnen nichts sagte, sondern nur Brasilien als ihr Ziel nannte, nahm sie am 1. Mai 1846 von Wien Abschied und begab sich nach Hamburg, wo sie erst am 28. Juni in einer kleinen dänischen Brigg eine passende Gelegenheit zur Reise nach Brasilien fand.

      Durch ungünstiges Wetter und Windstillen aufgehalten, brauchte das Schiff von Hamburg zur Passirung des Kanals La Manche einen vollen Monat, d. h. dieselbe Zeit, die es von da bis zum Aequator segelte. Am 16. September landete es in Rio Janeiro. Von hier aus unternahm Ida Pfeiffer verschiedene Ausflüge in das Land. Auf einem derselben wurde sie von einem entlaufenen Negersklaven, wahrscheinlich in raubmörderischer Absicht, angefallen. Da der Schwarze mit einem Messer bewaffnet war, so erlitt sie mehrere Verwundungen, und nur einer ganz zufälligen, rechtzeitigen Hilfe verdankte sie die Rettung ihres Lebens.

      Anfangs Dezember 1846 verließ sie Rio Janeiro, umschiffte am 3. Februar 1847 das Kap Horn und landete am 2. März in Valparaiso. So großartig die Eindrücke der Tropenwelt, namentlich in Brasilien, waren, so wenig behagten der Reisenden die Zustände des ehemals spanischen Amerika. Bald schiffte sie sich wieder ein, durchsegelte den großen Ocean und betrat Ende April die Insel Otahaiti. Sie wurde der Königin Pomare vorgestellt, von deren Hofe sie später eine ziemlich lebhafte, mit viel Interesse gelesene Schilderung entwarf. Die damaligen Zustände Europa's waren so ruhig, daß man sich aus Stoffmangel wochenlang in den Zeitungen mit der Königin Pomare beschäftigte. Die Otahaitische Majestät ist heutzutage ziemlich aus der Mode gekommen, wie denn überhaupt Europa jetzt stark mit häuslichen Arbeiten beschäftigt ist und weit weniger Zeit und Muße hat, glückliche Inseln im Stillen Ocean zu protegiren.

      Von Otahaiti begab sich Ida Pfeiffer nach China und kam Anfangs Juli nach Macao. Später besuchte sie Hongkong und die Stadt Canton, in der sie sich gerne mehr umgesehen hätte, wenn nicht die ungewöhnliche Erscheinung einer europäischen Frau für die Gehirn-Funktionen der Söhne des Himmlischen Reiches zu aufregend geworden wäre. Sie lief Gefahr vom Pöbel insultirt zu werden, kehrte daher bald dem glücklichen Lande den Rücken und reiste, Singapore einen kurzen Besuch abstattend, nach Ceylon, wo sie Mitte Oktober landete. Sie durchstreifte die schöne Insel nach verschiedenen Richtungen und besuchte Colombo, Candy und den berühmten Tempel Dagoha. Ende Oktober betrat sie in Madras das Festland von Indien, verweilte längere Zeit in Kalkutta, fuhr den Ganges hinauf bis Benares, sah die Ruinen von Sarnath, und durchstreifte dann Cawnpore, Delhi, Indore und Bombay. Auch die berühmten Felsen-Tempel von Adjunta und Ellora, sowie die Inseln Elephanta und Salsette wurden von ihr in näheren Augenschein genommen. Sie erhielt Zutritt in die Häuser vieler vornehmer Indier und bekümmerte sich überall um Sitten, Gebräuche und Eigentümlichkeiten. Auf Tiger-Jagden war sie ebensowohl anwesend wie bei der Verbrennung einer indischen Witwe. Sogar mit den Verhältnissen der englischen Missionäre hat sie sich ziemlich genau eingehend beschäftigt.

      Ende April 1848 finden wir Ida Pfeiffer wieder auf der See, den Wanderstab nach Persien hintragend. Von Buschir wollte sie nach Schiras, Ispahan und Teheran; sie wurde aber durch Unruhen im Innern des Landes von diesem Projekte abgebracht und wandte sich nun nach Mesopotamien. Durch den Meerbusen Schat-el-Arab begab sie sich nach Bassora und später nach Bagdad. Nach einem Ausfluge in die Ruinen von Ktesiphon und Babylon reiste sie mit einer Karavane durch die Wüste nach Mosul und den benachbarten Ruinen von Ninive, sodann nach Urumia und Tebris. Dieser Zug durch Mesopotamien und Persien zählt zu den kühnsten und bedeutendsten Unternehmungen der muthigen Frau. Es gehörte ein hoher Grad von Unerschrockenheit und Physischer Kraft dazu, die vielen Beschwerden, bei Tag die brennende Sonnenhitze, bei Nacht Unbequemlichkeiten jeder Art, elende Nahrung, ein unreines Lager, beständige Furcht vor räuberischen Anfällen zu ertragen und dabei nicht zu Grunde zu gehen. Als sie sich in Tebris dem englischen Konsul vorstellte, wollte derselbe gar nicht glauben, daß einer Frau eine solche Fahrt habe gelingen können.

      In Tebris wurde sie bei dem Vicekönig Vali-Ahd eingeführt und erhielt die Erlaubniß, dessen Harem zu besuchen. Am 11. August 1848 reiste sie wieder weiter durch Georgien, Armenien, Mingrelien, über Eriwan, Tiflis und Kutais nach Redutkale. Sie berührte Anapa, Kertsch und Sewastopol, landete in Odessa und gelangte von da über Konstantinopel, Griechenland, die Ionischen Inseln und Trieft nach Wien, wo sie am 4. November 1848, gerade nach Einnahme der Stadt durch die Armee des Fürsten Windischgrätz, eintraf. In der von Partheikämpfen durchwühlten Heimath sollte sie also auch keine Ruhe finden.

      Indessen verbreitete sich der Ruf Ida Pfeiffer's nach dieser Reise um die Welt immer mehr, denn eine Frau, die, sich nur auf die eigene Kraft stützend, 2800 englische Meilen zu Land und 35.000 Seemeilen zu Schiffe zurücklegt, kann wohl als eine außerordentliche Erscheinung betrachtet werden. Das dritte Werk der Reisenden, welches unter dem Titel: „Eine Frauenfahrt um die Welt“ (3 Bände. Wien. 1850) erschien, hatte guten Erfolg; es wurde zweimal in's Englische und später auch in's Französische übersetzt.

      Eine Zeit lang machte sich nun bei Ida Pfeiffer der Gedanke geltend, sich zur Ruhe zu begeben und einen Abschluß der Reise-Erfahrungen eintreten zu lassen. Aber nicht lange hielt die resignirte Stimmung an. Als sie ihre Sammlungen verkauft, ihre Tagebücher geordnet und veröffentlicht hatte, und dabei nicht den geringsten Abbruch ihrer Kräfte fühlte, begann in ihr allmählich der Plan einer zweiten Reise um die Welt zu dämmern. Ihre geringen Reisemittel wurden dießmal von der Oesterreichischen Regierung mit einem Beitrag von 1500 Gulden vermehrt, und am 18. März 1851 verließ sie Wien, um sich vorerst, da sie noch kein bestimmtes Ziel vor Augen hatte, nach London zu begeben und dort die Gelegenheit an sich herankommen zu lassen. Selbst als sie London Ende Mai verlassen und am 11. August in der Kapstadt angelangt war, stand ihr Entschluß noch nicht fest. Lange schwankte sie zwischen Inner-Afrika und Australien, bis sie endlich nach Singapore segelte und daselbst sich zur Bereisung der Sunda-Inseln entschloß. Sie landete vorerst auf der Westküste von Borneo in Sarawak und fand bei dem Engländer Sir James Brooke, der hier ein unabhängiges Fürstenthum gegründet hat, gute Aufnahme und kräftigen Schutz. Bei einem Ausflug unter die wilden, unabhängigen Dayaks wurde sie von den Kopfjägern nicht nur verschont, sondern sogar gut aufgenommen. Sie erreichte Sintang und setzte dann ihre Reise westlich nach Pontianak und den Diamanten-Minen von Landak fort. Ueberall fand sie bei den holländischen Offizieren und Beamten die bereitwilligste Unterstützung, ohne welche es ihr nicht möglich gewesen wäre, ihre Reisen im Indischen Archipel so weit auszudehnen. Sie wollte von Pontianak mitten durch das von den Europäern noch nicht betretene Innere der Insel nach Benjermassing an der Südküste, fand aber keinen Führer oder Begleiter für diese gefährliche Tour. Sie richtete daher ihre Blicke nach Java und landete Ende Mai 1832 in Batavia. Auch hier wurde ihr überall zuvorkommende Hilfe und Unterstützung bei den Holländern und in Folge dessen auch bei den einheimischen Fürsten. Sie hat dies später mit großem Dank wiederholt öffentlich ausgesprochen.

      Am 8. Juli 1852 begann sie ihre Fahrt nach Sumatra, welche sie selbst als die interessanteste aller ihrer Reisen erklärt. Von Padang begab sie sich nämlich mitten unter die Battas, die Menschenfresser sind und noch nie einen Europäer unter sich geduldet haben. Trotzdem, daß die Wilden ihrem Weiterkommen Widerstand entgegensetzten, drang sie doch durch Urwald und eine Bevölkerung