sammelte, zu bestimmen, aber sie hat darum doch vieles Wichtige mitgebracht, und die Entomologie sowie die Conchyliologie verdanken ihr verschiedene neue Arten.
Betrachtet man die Resultate ihrer Unternehmungen mit Bezug auf Ida Pfeiffer's Verhältnisse und Mittel, so hat sie in der That Staunenswerthes geleistet. Ueber 150,000 Meilen legte sie zur See, gegen 20,000 englische Meilen zu Lande zurück und die pecuniären Mittel hierzu erwarb sie sich allein durch weise Sparsamkeit und durch die Energie, mit der sie unverrückt ihr Ziel vor Augen behielt. War ihre Reise-Lust schon bedeutend, so muß man doch ihr Reise-Talent noch höher stellen. Ohne ihrer Würde etwas zu vergeben oder aufdringlich zu sein, wußte sie die Teilnahme der Menschen in allen Welttheilen klug zu benutzen. Zuletzt war sie gewöhnt daran, daß man ihre Plane mit allem möglichen unterstützte, und wenn sie auch stets ihren Dank dafür aussprach, so nahm sie doch die guten Dienste ihr fremder Menschen als etwas, das sich gleichsam von selbst versteht, an. Sie kämpfte sogar immer einen kleinen Unmuth hinab, sobald sie fand, daß man nicht Interesse für sie und für ihre Bestrebungen zeigte. Ueberhaupt war sie in späteren Jahren sich ihres Werthes wohl bewußt und zeigte dies namentlich da, wo man ihr mit Protektions-Miene und Herablassung entgegenkam. Leute von höherem Stande konnten nicht vorsichtig und rücksichtsvoll genug mit ihr umgehen, während sie sich in Gesellschaft schlichter Menschen gewiß nie eine Härte oder Rücksichtslosigkeit zu Schulden kommen ließ. Sie haßte jedes großthuerische Wesen und prahlerische Auftreten, und wo ihr ein solches entgegentrat, da zeigte sie sich ebenso eigensinnig als schroff. Antipathie und Sympathie kamen bei ihr rasch zum Vorschein, und es war nicht leicht, sie von einer einmal erfaßten Meinung abzubringen. Selbst wenn sie nachzugeben schien, fand es sich meistens, daß sie auf einem größeren oder kleineren Umwege auf ihre ursprüngliche Anschauung zurückkam.
Vor jedem Wissen hatte sie Achtung, besonders aber vor denjenigen Leuten, die Kenntnisse in den Natur-Wissenschaften besaßen. Eine wahrhaft schwärmerische Verehrung hegte sie für Alexander von Humboldt, dessen Namen sie nie nannte, ohne dieser Verehrung Ausdruck zu geben. Es hat ihr in ihrem späteren Leben vielleicht nichts so viel Freude gemacht, als daß Humboldt ihre Bestrebungen lobte und anspornte.
Ida Pfeiffer war von kleiner, hagerer, etwas gebeugter Gestalt. Ihre Bewegungen waren gemessen, nur in ihrem Gang zeigte sie sich ungewöhnlich behende für ihre Jahre. Wenn sie von einer Reise zurückkam, mahnte ihre Hautfarbe stark an die Macht der Tropen-Sonne. Sonst ließ nichts in ihren Zügen so viele außerordentliche Erlebnisse ahnen — man konnte nicht leicht in ein ruhigeres Antlitz blicken. Wenn sie sich aber in ein lebhafteres Gespräch verwickelte und über Dinge sprach, die ihr Interesse ganz in Anspruch nahmen, dann belebte sich ihr Gesichts-Ausdruck und wurde in hohem Grade einnehmend.
Das für die Frauen so wichtige Kapitel der Toilette war bei Ida Pfeiffer auf das bescheidenste Maß zurückgeführt. Nie sah man sie Schmuck oder Geschmeide tragen und nicht Eine der freundlichen Leserinnen gegenwärtiger Zeilen dürfte in der äußeren Umhüllung ihrer Schönheit noch mehr Einfachheit und Gleichgiltigkeit gegen die Forderungen der Mode an den Tag legen, als es die „Weltreisende“ that.
Schlicht, gesinnungstüchtig, eifrig im Wollen und Handeln, welterfahren wie wenige ihres Geschlechtes, zählte Ida Pfeiffer zu jenen Charakteren, welche den Mangel an blendenden äußeren Gaben durch die Bedeutung, Energie und merkwürdige Zusammensetzung ihres inneren Wesens reichlich aufwiegen.
Reise einer Wienerin in das Heilige Land
I. Reise von Wien nach Konstantinopel.
II. Ankunft in Konstantinopel.
III. Aufenthalt in Konstantinopel.
IV. Reise von Konstantinopel nach Beirut.
VI. Reise von Jerusalem zu Lande nach Beirut.
VII. Reise von Beirut nach Damaskus, Balbeck und dem Libanon.
VIII. Reise von Beirut nach Alexandrien und Kairo in Egypten.
IX. Rückreise von Kairo nach Alexandrien und Malta.
X. Reise von Malta nach Sicilien, Neapel, Rom u.s.w.
I. Reise von Wien nach Konstantinopel.
Seit Jahren lebte der Wunsch in mir, eine Reise in das heilige Land zu machen. Jahre gehören auch dazu, um mit dem Gedanken eines so gewagten Unternehmens vertraut zu werden. Als daher meine häuslichen Verhältnisse sich so gestaltet hatten, daß ich mich wenigstens auf ein Jahr entfernen konnte, hatte ich nichts eifriger zu thun, als mich zu dieser Reise vorzubereiten. Ich las manche Werke darüber, und war auch so glücklich, mit einem Herrn bekannt zu werden, der einige Jahre früher jene Länder bereist hatte. Ich konnte mündlich manche Belehrung und manchen Rath über das Fortkommen und Verhalten auf dieser gefahrvollen Wanderung erhalten.
Vergebens suchten meine Verwandten und Freunde mich von diesem Vorsatze abzubringen. Höchst lebhaft stellte man mir all' die Gefahren und Beschwerden vor, die den Reisenden dort erwarten. ,,Männer hätten Ursache zu bedenken, ob ihr Körper die Mühen aushalten könne, und ob ihr Geist den Muth habe, dem Klima, der Pest, den Plagen der Insekten, der schlechten Nahrung u.s.w. kühn die Stirne zu bieten. Und dann erst eine Frau! So ganz allein, ohne alle Stütze hinaus zu wandern in die weite Welt, über Berg und Thal und Meer, ach, das wäre unmöglich." Dieß war die Meinung meiner Freunde.
Ich konnte nichts, als meinen festen unabänderlichen Willen entgegensetzen. Mein inneres Vertrauen auf Gott gab mir Ruhe und Kraft, meine irdischen Angelegenheiten mit voller Besonnenheit zu ordnen. Ich machte mein Testament, bestellte alles der Art, daß im Falle des Todes, worauf ichmehr gefaßt seyn mußte, als auf eine glückliche Rückkehr, die Meinigen Alles in bester Ordnung fänden.
Und somit trat ich am 22. März 1842 meine Wanderung von Wien an.
Ich fuhr um 1 Uhr Mittags zu den Kaiser-Mühlen, dem Platze, von welchem die Dampfschiffe nach Pesth u.s.w. abgehen. Freudig überraschte mich am Ufer die Anwesenheit einiger Verwandten und Freunde, die mir nochmals Lebewohl sagen wollten. Die Trennung war freilich wieder recht hart, denn unwillkührlich erfaßte uns der Gedanke, ob wir uns in dieser Welt wohl noch sehen würden. —
Ein lebhafter Streit am Bord des Schiffes zerstreute ein Bischen unsern trüben Sinn. Ein Reisender mußte auf Ansuchen eines Herrn, statt mit Sack und Pack nach Ungarn zu flüchten, mit der Polizei in die Stadt zurückkehren. Ersterer schuldete letzterem 1300 fl., und glücklicher Weise wurde er noch vor der Abfahrt des Schiffes eingeholt. — Kaum war dieß geordnet, so gab die Glocke das Zeichen der Abfahrt, die Räder begannen ihre Bewegung und entzogen mich für dießmahl meinen Lieben nur zu schnell.
Reisende gab es noch Wenige. Die Witterung war zwar schön und mild, aber die Jahreszeit noch zu früh, um andere Reisende, als Geschäftsleute, oder solche mit so umfassenden Plänen, wie ich im Kopfe hatte, in die Welt zu führen. Die Meisten gingen nach Preßburg oder höchstens nach Pesth. Bald hörte man vom Schiffskapitän, daß eine Frau auf dem Schiffe sei, die bis Konstantinopel