und wie viel Jahrhunderte schon sie versteinert in diesen Thälern liegen?! —
Keblevik liegt am Meere, besitzt aber einen nur unsichern Hafen, in welchem die Schiffe so kurze Zeit als möglich vor Anker bleiben; man sieht oft auch kaum mehr als 2-3 Schiffe im Hafen.
Einige hölzerne Häuser, von welchen zwei Herrn Knudson gehören, und einige Kothen bilden die ganzen Baulichkeiten dieses Oertchens. — Bei Herrn Siverson, dem Faktor Herrn Knudson's, fand ich eine sehr gute Aufnahme und Erholung von der heutigen angestrengten Tagreise.
Auch den folgenden Tag (6. Juni) hatte ich bis Reikjavik einen starken Ritt, gute acht Meilen, zu machen, und zwar wieder größtentheils über Lavafelder.
Man nennt auch die ganze Gegend von Grundivik bis gegen Havenfiord, die Lavafelder von Reikianes.
Müde und halb erstarrt kam ich Abends in Reikjavik an, mit keinem andern Wunsche, als mich so bald als möglich zur Ruhe zu begeben.
Ich hatte in diesen drei Tagen 25 Meilen gemacht, und dabei viel von Kälte, Sturm und Regen ausgestanden. Die Wege waren zu meinem Erstaunen größtentheils gut gewesen; doch gab es auch viele Stellen, die im höchsten Grade beschwerlich waren.
Aber all' diese Beschwerden und Mühseligkeiten, wie so schnell waren sie schon nach der ersten Nachtruhe vergessen, während das gesehene Einzig-Schöne, diese wirklichen Wunder des Nordens, mir unvergeßlich blieben, und meinem Gedächtnisse hoffentlich nie entschwinden werden! —
Von Reikjavik bis Krisuvik | 8 Meil. |
Von Krisuvik bis Keblevik | 8½ “ |
Von Keblevik bis Reikjavik | 8½ “ |
25 Meil. |
Reise nach Reikholt (Reikiadal) und der Grotte Surthellir.
Da die Witterung gut und schön war, wollte ich keine Zeit versäumen, meine Wanderungen nach und nach fortzusetzen. — Ich hatte nun eine Tour von ungefähr 130 deutschen Meilen zu machen, und mußte daher noch ein Pferd mehr mitnehmen, theils um demselben mein Bischen Gepäck, welches aus einem Kissen, Roggenbrod, Käse, Kaffee und Zucker bestand, aufzuladen, theils, und hauptsächlich, um täglich wechseln zu können, da ein Pferd die Mühen einer großen Reise nicht ausgehalten haben würde.
Mein erster Führer konnte mich auf dieser Reise nicht begleiten, weil er der meisten Wege unkundig war. Meine gütigen Beschützer Herr Knudson und Herr Bernhöft hatten übermal die Güte, für einen Andern zu sorgen; eine schwere Aufgabe, da man selten auf einen nüchternen Mann trifft, und zugleich auch auf einen solchen, der der dänischen Sprache mächtig ist. Endlich wurde ein tauglicher Bauer gefunden, dem waren aber 2 fl. C.M. täglich zu wenig, und ich mußte per Tag noch einen Zwanziger (1/3 Gulden) zulegen, dagegen wurde ausbedungen, daß auch er zwei Pferde haben müsse, um täglich wechseln zu können.
Der 16. Juni war zur Abreise bestimmt. Mein neuer Führer zeigte sich schon am ersten Tage nicht von der besten Seite. Er ließ seinen Pferdesattel erst an demselben Morgen unserer Abreise zusammenflicken und kam statt mit zwei Pferden, nur mit einem. Freilich versprach er, einige Meilen von hier ein zweites zukaufen, da er, entfernter von der Hauptstadt, billiger dazu käme. Doch vermuthete ich gleich, daß dieß nur eine Ausrede sei, und er dadurch blos der Mühe, auf vier Pferde zu sehen, entgehen wollte, — und richtig wurde nirgends ein zweites taugliches Pferd gefunden, und mein armes Thierchen mußte auch noch des Führers Bedarf tragen.
Das Bepacken der Pferde macht stets viel zu schaffen , es geschieht auf folgende Weise: Man legt über den Rücken des Thieres einige große ausgetrocknete Rasenstücke die nicht befestiget werden, und schnallt darüber ein etwas rund gebogenes Stück Holz, das oben mit 2-3 hölzernen Spitzen versehen ist. An diese Spitzen hängt man nun die Koffer oder Packe. Ist die Ladung auf beiden Seiten nicht gleich schwer, so muß alle Augenblicke angehalten und neuerdings gepackt werden, da das ganze Ding gleich schief sitzt.
Die Koffer, die man hier zu Lande hat, sind massiv aus Holz gemacht, mit einem rauhen Felle überzogen, und von allen Seiten mit Eisen beschlagen als ob sie für die Ewigkeit bestimmt wären. Schon an den leeren Koffern hat das arme Thier eine tüchtige Last zu tragen, und man kann ihm daher nur wenig eigentliches Gepäck aufbürden. Die gewöhnliche Last, die ein Pferd auf längeren Reisen zu tragen hat, darf höchstens 150 Pf. betragen.
Wie oft unser Gepäck während einer Tagreise neuerdings befestiget werden mußte, wüßte ich wirklich nicht zu sagen. — Die großen Rasenstücke blieben nie lange fest sitzen, und somit ging alle Augenblicke Alles schief. Einen Isländer aber von seiner gewohnten Weise abzubringen, gehörte zu einem Wunder; — so packten seine Voreltern, und so muß auch er packen.
Wir hatten den ersten Tag 10 M. zu machen, und dessenungeachtet konnten wir, des beschädigten Sattels wegen, vor acht Uhr Morgens nicht aufbrechen. —
Der Weg führte uns die ersten drei Meilen durch das große Thal, in welchen Reikjavik liegt, das von niedern Hügeln durchzogen ist, welche wir theilweise übersteigen mußten. Auch mehrere Flüsse, darunter Lachselv, der bedeutendste, traten uns als Hemmnisse entgegen; doch waren sie in dieser Jahreszeit gefahrlos zu durchreiten. — Fast alle Thäler, durch welche wir heute kamen, waren mit Lava überdeckt, boten aber manche schöne Stelle dem Auge dar. Mehrere unbedeutende Hügel, an denen wir vorüber kamen, schienen mir einstige Feuerspeier gewesen zu sein, da der ganze obere Theil derselben mit kolossalen Lavaplatten leicht bedeckt war, als sei der Krater damit geschlossen worden. Rings herum lag Lava von derselben Art und Farbe, nur in kleineren Stücken.
Während der ersten drei Meilen hat man von jedem Hügel, den man ersteigt, die Ansicht des Meeres. — Auch findet man die Gegend noch ziemlich bewohnt, später aber durchreiset man eine Strecke von mehr als 6 Meilen, ohne auf eine menschliche Wohnung zu treffen. Man kömmt von einem großen Thale in das andere, und findet in der Mitte all dieser von ziemlich hohen Bergen eingeschlossenen Einöden nur ein einziges Hüttchen, das für Reisende errichtet ist, die im Winter die lange Strecke in einem Tage nicht zurück legen können, und hier zu übernachten pflegen. Man darf sich aber nicht schmeicheln in ihr ein lebendes Wesen, etwa in Gestalt eines Wirthes, zu finden; das Häuschen ist ganz leer und besteht nur aus einem kleinen Gemache mit vier schmucklosen Wänden. Der Reisende ist nur an das gewiesen, was er selbst mitbringt.
Die Thäler, welche wir heute durchzogen, waren durchgängig von einer und derselben Gattung Lava bedeckt; sie kömmt in kleineren Steinen und als Gerölle vor, ist nicht sehr porös, von lichtgrauer Farbe und an vielen Stellen mit Sand oder Erde vermengt.
Einige Meilen von Thingvalla kömmt man in ein Thal, das schöne Erde hat, aber dennoch nur spärlich mit Gras bedeckt ist. Es ist voll kleiner Erhöhungen, die größtentheils mit zartem Moos bewachsen sind. Ich glaube, daß die Einwohner manch Stück Grund in einen viel besseren Zustand versetzen könnten, wenn sie nur nicht so träge wären. Um Reikjavik selbst ist der schlechteste Grund und Boden, und doch wurde ihm durch Müh und Arbeit manch Stück Garten, manche gute Wiese abgerungen. — — Warum sollte hier, wo die Natur bereits vorgearbeitet hat, nicht noch leichter etwas zu erzielen sein?
Thingvalla, unsere heutige Nachtstation, liegt an dem See gleichen Namens, wird aber erst sichtbar, wenn man schon davor steht. Der See ist ziemlich bedeutend, er ist mehr als ein und eine halbe Meile lang und an manchen Stellen gewiß eine halbe Meile breit, auch enthält er zwei Inselchen — kahle Hügel — Sandey und Resey.
Noch fesselte der See und dessen kahle, finstere Gebirgseinfassung meine ganze Aufmerksamkeit, als sich plötzlich zu meinen Füßen, wie hingezaubert, ein Schlund öffnete, in welchen hinab zu sehen wahrhaft Grausen erregend war; — unwillkührlich fiel mir Webers „Freischütz"