Rhodan bemerkte weder optische noch haptische Probleme. »Du bist übrigens auch hässlich.«
»Danke. Das beruhigt mich. Auch wenn es nur eine Projektion ist. Die Vorstellung, einen dieser grauenvollen Shafakk geben zu müssen, ist schrecklich.«
»Wir werden nicht lange weg sein. Und für den Rückweg nehmen wir die schnellstmögliche Methode«, versprach Perry Rhodan.
»Wir sollten los, Breel trifft gleich ein«, teilte Gucky mit. »Ich spüre seine Gedankenströme. Ein bisschen kann ich auch herauslesen, dass er extrem nervös ist und unter enormem Druck steht.«
»Hast du sondiert, wo wir uns am besten ...«
»Also bitte! Bin ich ein Anfänger?«
*
»Zwei Gruppen«, bestimmte Thora Rhodan da Zoltral und erstickte damit jegliche Diskussion über Perry Rhodans abrupten Abgang im Keim. Sie wirkte völlig ausgeglichen. »Gabrielle und Mister Kosum kommen mit mir. John, Josue, ihr beide seid schon ein bewährtes Team. Heizt denen gründlich ein.«
»Ohne dass die Druuwen auf die Idee kämen, dass jemand Sabotage betreibt. Geht klar, Ma'am.« John Marshall lächelte. »Viel Erfolg.«
»Gute Nerven«, wünschte Gabrielle Montoya.
»Bleibt frisch«, schloss Mentro Kosum.
Sie verließen in minütlichen Abständen die Unterkunft. Zakhaan Breel musste jeden Moment mit seinem Zubringerboot aufbrechen. Der finale Anflug der CREST II auf die Station begann. Dieses Kursmanöver würde die Druuwen in der Zentrale voll in Anspruch nehmen, denn ringsum tummelten sich bestimmt eine Vielzahl weiterer großer und kleiner Raumfahrzeuge.
Die im Schiff verteilten Wächter würden noch etwas nachlässiger sein als ohnehin schon, nachdem der dominante Anführer abwesend war. Das war in allen autoritären Strukturen so, in denen kein Raum für Eigeninitiative blieb. Routine, nicht auffallen, das Beste draus machen, seine Ruhe haben.
Die Druuwen waren grobschlächtig und rücksichtslos, aber sie waren keine schlechten oder bösen Wesen. Sie kämpften in einer grausamen Umwelt ums Überleben, und das Tag für Tag, während eines vergleichsweise kurzen Lebens, ohne Aussicht darauf, dass es jemals besser würde. Da gab es keinen Platz für Visionäre und Optimisten. Wenn sich die Lage überhaupt veränderte, dann zum Schlechteren.
Woher also sollten Empathie, Mitgefühl und moralische Werte kommen? Natürlicherweise zählte für die Druuwen nur der eigene Familienverband, in dem sie aufgehoben waren und von dem sie beschützt und versorgt wurden. Dort hatten sie einen Platz – aber eben nur, solange sie sich an die Regeln hielten.
Das war zweifellos nicht immer leicht, es hing stets von dem ab, der die Autorität hatte. Diesen infrage zu stellen, konnte eine schnelle Verbannung bedeuten, wenn nicht sogar den Tod.
Und genau deswegen gab sich kaum jemand sonderlich Mühe, wenn es nicht unbedingt erforderlich war. Jeder bekam seinen Anteil. Bald würde es einen neuen Beutezug geben, der wieder mehr als genug Arbeit machen – und den nächsten Gewinnanteil liefern würde.
Die Widerständler hatten einander vor der Trennung wechselseitig versichert, dass unter diesen Bedingungen jeder optimistisch sei, die CREST II zurückerobern zu können.
11.
Das, was man Oase nennt
Die Personenfähre, die Zakhaan Breel nach Sukar Masir bringen sollte, war erstaunlich schlicht konstruiert. Von einem torpedoartigen Bug aus ging der Rumpf in die Breite, mit seitlichen Auslegern hinten für einen Atmosphärenflug. Die Kabinenkanzel bestand aus einem glassitähnlichen, durchsichtigen Material, hinter dem Piloten waren vier Passagiersitze in zwei Reihen angeordnet, und dahinter lag mit einem Schott getrennt ein kleiner Frachtraum.
Ein idealer Ort für ein paar blinde Passagiere – mehr Verstecke standen ohnehin nicht zur Auswahl.
In dieses Frachtabteil teleportierte Gucky zusammen mit Perry Rhodan. Die Kammer war leer, aber einige Abtrennungen sowie diverse Halterungen und Vorrichtungen zum Laschen der Ladung, die an der Decke und den Seiten befestigt waren, boten ihnen einigermaßen Deckung. Da auf diesem Flug kein Gepäck transportiert wurde, ging Rhodan davon aus, dass niemand den Frachtraum kontrollieren würde.
Der Pilot und sein Passagier waren die einzig offiziellen Insassen an Bord. Der Pilot trug den gleichen Schutzanzug wie alle Druuwen und verhielt sich während der Wartezeit völlig reglos.
Zum Glück wies der Frachtraum nicht nur Schwerkraft und atembare Luft auf, sondern bot mit einem Sichtfenster im Trennschott zur Kabine einen brauchbaren Ausblick nach vorn. Rhodan positionierte sich so, dass er hinausblicken, jedoch jederzeit in Deckung zurückweichen konnte.
Gucky verharrte wachsam im Hintergrund, damit sie notfalls sofort per Teleportation flüchten konnten.
»Nur nicht direkt in den Weltraum, wenn's recht wäre«, wisperte Rhodan mit brummendem Unterton. »Bitte nicht vergessen: Ich trage keinen Druckanzug.«
Das Spiegelfeld des Ilts zeigte als Antwort den rattenähnlichen Kopf eines schwarzen Shafakk mit mörderischen Vorderzähnen, die zu einem Grinsen gebleckt waren. Wahrlich kein schöner Anblick, wenn man eigentlich einen fröhlichen Mausbiber mit runden Ohren und seidigem, braunem Fell vor sich sehen wollte.
»Aha, meine Maske ist überzeugend, deinem Gesichtsausdruck nach zu schließen«, freute sich Gucky. »Mir geht es übrigens ähnlich mit dir. Du siehst wirklich grässlich aus.«
Rhodan legte seinen krummen Zeigefinger an den warzigen Mund. Breel traf soeben ein. Das Zugangsschott des Raumboots öffnete sich, eine Rampe fuhr aus der Unterkonstruktion bis zum Hangarboden hinunter. Zakhaan Breel stampfte schwerfällig an Bord und ließ sich grußlos im erstbesten Passagiersitz nieder.
Der Pilot sagte ebenfalls nichts, sondern schloss den Eingang, ließ die Fähre aufschweben und schwenkte sie in Richtung der großen Prallfeldschleuse, hinter der ein Ausschnitt des Alls und einige Eskortsschiffe sichtbar waren.
»Irgendwas Neues?«, raunte Rhodan.
»Nein, die denken einfach zu unstrukturiert, obwohl sie an sich recht gut organisiert sind, wie ich finde. Breels Nervosität überlagert alles, und der Pilot konzentriert sich auf den Transport. Er will keinen Fehler machen. In unserer CREST II geht weiterhin alles durcheinander, wie die ganze Zeit schon. Die Druuwen sind hauptsächlich zugedröhnt und mit ihren Schmerzen beschäftigt, den mentalen Zustand unserer Leute kann ich am besten mit vor sich hin lallend bezeichnen. Es ist schwer, geordnete und freie Gedanken herauszufiltern. Da müssen wir uns einfach blind auf unsere Freunde verlassen.«
»Das tun wir ohnehin.«
Die Personenfähre glitt zügig auf die Ausflugschleuse zu und war einen Moment später draußen. Der Pilot ging in eine Kurve, er flog ein Stück an der Außenwand der CREST II vorbei. Das terranische 1500-Meter-Raumschiff präsentierte sich als riesiger Ball mit Bauchring, ein herausragender Anblick unter all den anderen, viel kleineren, unregelmäßig vieleckigen Raumern mit ihren chaotischen Aufbauten in der Nähe.
»Damit wird Breel enormes Aufsehen erregen, keine Frage«, stellte Rhodan fest. »Das wird seine Verhandlungsposition stärken.«
Dann wechselte die Fähre den Kurs, und schlagartig lag Sukar Masir vor ihnen, wie aus dem Nichts materialisiert. Es war eine Raumstation von gewaltigen Abmessungen, auf Rhodan machte sie den Eindruck einer klobigen Trutzburg. Welche ursprüngliche Form der Kern dieses gewucherten Gebildes einmal gehabt haben mochte, war nicht feststellbar. Denn es war mit Hunderten unterschiedlich langen Auslegern gespickt, die kreuz und quer ins All ragten, wo große und kleine Raumschiffe angedockt hatten. Dazwischen versteckten sich unüberschaubar viele Landeplattformen für Fracht- und Personenfähren. Auf der unteren Seite der Raumstation stach ein wohl drei Kilometer langer, vielfach gezackter und sich verjüngender Turm mit einer langen, dornartigen Spitze hervor.
Die gegenüberliegende Oberseite von Sukar Masir bestand aus gewaltigen, miteinander verbundenen und unüberschaubar