befindet sich nicht mehr im Haus. Die Person, die hier gewesen ist, muss ihn mitgenommen haben.«
Sie gingen zurück in die Küche. Axberg dachte nach.
»Ich glaube immer noch nicht, dass jemand in der Nacht, in der Ihre Mutter gestorben ist, im Haus war«, sagte er schließlich. »Die Geräusche, die Sie gehört haben, bringen uns nicht weiter. Das andere auch nicht. Der Wecker taucht sicher irgendwann wieder auf.«
Er machte eine Pause und wartete auf Ekstedts Gegenangriff. Der Pfarrer sagte nichts.
»Ich bin davon überzeugt, dass Ihre Mutter eines natürlichen Todes gestorben ist«, schloss Axberg.
Der Pfarrer seufzte schwer auf und ging aus dem Haus. Axberg folgte ihm. Sie blieben im Hof stehen. Ekstedts Gesichtsausdruck war unverändert bitter.
»Sie irren sich«, sagte er kurz und sah dabei auf einen Traktor, der oben auf der Straße vorbeifuhr. »Sie irren sich . . .«
Axberg versuchte, das Gespräch zu beenden.
»Ich verspreche, den Fall noch einmal durchzugehen. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, dann rufen Sie mich an und niemand anderen.«
Ekstedt presste seine Kiefer aufeinander. Dann streckte er plötzlich seine Hand aus. Als sie sich verabschiedeten, sah Axberg die Enttäuschung in den grauen Augen.
Axberg ließ das Pfarrhaus mit großer Erleichterung hinter sich. Er hoffte, dass die Sache jetzt aus der Welt wäre. Dass die ständigen Anrufe aufhören würden. Er war trotz der Argumente des Pfarrers überzeugt davon, dass kein Verbrechen begangen worden war, und würde versuchen, die Sache so schnell wie möglich zu vergessen.
Er schaute auf seine Armbanduhr. Fünf nach vier. Axberg fluchte und holte das Handy aus seiner Jackentasche. Er hatte vergessen, seine Großmutter anzurufen. Jeden Tag um drei Uhr sollte er sie aus ihrem Mittagsschlaf wecken, damit sie noch Zeit hatte, bevor der Sozialdienst kam. Das Telefonklingeln war das Einzige, das sie aufweckte. Und wenn Axberg vergaß anzurufen, dann war der ganze Abend ruiniert. Dann schaffte sie es nämlich nicht, das Geschirr in der Küche wegzuräumen und das Bett zu machen, bevor eine der wenigen akzeptierten Schwestern kam.
Axberg hatte vergeblich versucht, ihr zu erklären, dass der Sozialdienst genau für solche Sachen da war, doch seine Großmutter war und blieb unvernünftig. Nach zehn Mal Klingeln antwortete sie, die Stimme klang durcheinander und verschlafen.
»Hallo, ich bin’s. Es ist fünf nach vier.«
»Oje. Dann sind sie bald hier.«
»Hast du noch geschlafen?«
»Du weißt doch, dass ich nicht aufwache, bevor du anrufst.«
Axberg musste an den gestohlenen Wecker aus dem Pfarrhaus denken und fragte sich, warum seine Großmutter keinen hatte.
»Entschuldige, ich werde mich bessern. Stehst du jetzt auf?«
»Habe ich die Wahl?«
»Gut. Ich rufe morgen wieder an.«
Gerade als er auflegte, klingelte es noch einmal. Es war Carolina. Da er sich keine Gegenargumente überlegt hatte, gab es kein Zurück.
In ein paar Stunden würde er in Ikeas Paradies aus Bausätzen, Familien mit Kindern und Bücherregalen eintreten.
Kapitel zwölf
Erik Jensen parkte seinen BMW in der Garage.
Er machte den Motor aus, ließ sich gegen die Rückenlehne sinken und schloss die Augen. Der Arbeitstag war ungewöhnlich anstrengend gewesen, mit zwei Stationen und einem ständig losgehenden Pieper. Er musste erst zur Ruhe kommen, seine Gedanken sammeln, bevor er zu seiner Familie hineinging. Routinemäßig ging er einige der Entscheidungen des Tages durch, um nach Fehlern zu suchen. Als er keine fand, öffnete er die Wagentür und schritt auf das Haus zu. Das gelbe Auge der Sonne brannte immer noch auf die Welt. Der Rasen bleichte an einigen Stellen aus. Jensen sagte sich, dass er abends den Rasensprenger anschalten musste.
Er drückte die Klinke der Haustür und beschloss, die Arbeit hinter sich zu lassen. Im Flur stieg ihm der wohl bekannte Geruch von in Olivenöl angebratenem Knoblauch und gegrilltem Huhn in die Nase. Die Müdigkeit verließ ihn langsam, ihm wurde innerlich warm.
»Hallo, ich bin zu Hause.«
Keine Antwort. Es war ganz still im Haus. Er ging in die Küche, wo das Essen auf dem Herd köchelte. Draußen, auf der Terrasse, war der Tisch gedeckt. Jensen wusste sofort, wo er seine Frauen finden würde. Still schlich er durch die Zimmer des Hauses, überall lagen Spielsachen und Kinderkleider in undefinierbaren Stapeln. Im Schlafzimmer empfing ihn eine lächelnde Sara, die auf einen Arm gestützt im Bett lag. Erika lag nah neben ihr, hatte beide Hände fest in die nackten Brüste ihrer Mutter gekrallt und bemerkte ihn gar nicht.
Jensen legte sich leise neben seine Tochter und hörte dem tiefen Schlucken zu, dem zufriedenen Schmatzen, das die kleinen Pausen während des Essens markierte. Er schloss die Augen und atmete im selben Rhythmus wie der warme Rücken. Gerade als er dabei war einzuschlafen, unterbrach Erika ihre Mahlzeit und wandte sich ihm mit einem Ruck zu, als hätte sie die ganze Zeit seine Nähe gespürt. Sie lächelte sofort breit, sah zur Deckenlampe und zeigte dorthin.
»Da! DA!«
Er hob sie zur Lampe hoch. Sie brabbelte begeistert, und die kleine Hand berührte den Stoffschirm.
»Hallo Ehemann«, sagte Sara und zog sich schnell an. »Wir haben dich vermisst.«
»Ich habe euch auch vermisst.«
»Es gibt Abendbrot. Wir können sofort essen.«
»Wunderbar.«
Sie gingen nach draußen auf die Terrasse. Erika wurde auf eine Decke in einen Berg von Spielzeug gelegt und ständig von mindestens zwei Augen beobachtet, die auf jede Bewegung achteten. Sara hatte eine Flasche Riojawein geöffnet. Sie wollte feiern, dass mehrere ihrer Ölgemälde bei einer internationalen Ausstellung in Italien angenommen worden waren. Sie aßen, tranken und malten sich die bevorstehende Vernissage aus. Wie immer erzählte Sara detailliert von Erikas Ess- und Schlafgewohnheiten. Jensen fühlte sich richtig glücklich, und es gelang ihm, sich an seinen Vorsatz zu halten, nicht an die Arbeit zu denken.
Nach dem Essen ließ er sich in einen der vor kurzem gekauften Sessel fallen, der immer noch unangenehm neu roch. Erika lag auf der Decke und kaute eifrig auf einer Stoffmaus, die nach und nach mit Spucke getränkt wurde. Sara schmiegte sich von hinten an ihren Mann und begann, seine Schultern zu massieren.
»Du musst bald gehen«, flüsterte sie.
»Ich weiß. Ist das in Ordnung?«
»Sicher. Ich bin so glücklich wegen Italien.«
»Wir fahren im Herbst hin.«
»Möchtest du das?«
»Ist der Sommer wunderbar?«
Sie lachte ihr perlendes Lachen und kniff ihn unter den Armen. Er zuckte zusammen, hob ihre offenen Haare an und küsste sie auf den Hals.
»Ich bin spätestens um elf Uhr wieder da. Bleib so lange wach.«
Axberg saß in der Kneipe und wartete. Er war direkt von der Arbeit aus hergekommen und war noch immer aufgeregt nach einem Treffen, bei dem der Polizeichef Ståhl mehrere Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb der Abteilung angekündigt hatte – eine hübsche Umschreibung für die geplanten Kürzungen. Wie sollten sie mit weniger Ressourcen auskommen, wenn sie bereits jetzt auf dem Zahnfleisch gingen?
Axberg versuchte, seine Wut bis morgen zu begraben und wandte sich dem Rennprogramm zu. Er bestellte ein großes Bier und überlegte, auf welches Pferd er dieses Mal setzen sollte. Als das Bier kam, merkte er, wie durstig er war. Sein Mund war wie Sandpapier. Das feuchte Glas war bis an den Rand mit goldgelbem Hopfensaft gefüllt, die Schaummenge war perfekt. Er nahm das Glas und trank, spürte, wie es an den Lippen und am Gaumen kitzelte. Dann floss das Getränk