David W. Shenk

Christen begegnen Muslimen


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Weigerung der Täufer, gegen die osmanischen Türken in den Krieg zu ziehen, wurde als Hochverrat gewertet. Daher starben viele Täufer als Märtyrer für ihre Entscheidung, Muslime zu lieben, anstatt gegen sie zu kämpfen.

      Diese 30 Tage im Juni 2014 zeigen beispielhaft den Kontext auf, in dem freundschaftliche Beziehungen zwischen Muslimen und Christen gelebt werden müssen. Das Überraschende dabei ist, dass alle Teilnehmenden in den beschriebenen Konflikten denken, sie seien auf Gottes Seite! Sollten wir es noch nicht bemerkt haben: Friedenstiften ist dringend gefragt!

       Friedenstiften und Gebet

      Ein anschauliches Beispiel dafür, wie man Frieden stiften kann, ereignete sich inmitten der oben aufgeführten Vorkommnisse im Juni 2014. Am Pfingstsonntag, den 8. Juni 2014, lud Papst Franziskus den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas und den israelischen Präsidenten Schimon Peres zum Friedensgebet beim Sonnenuntergang in den Vatikanischen Gärten ein. Die Gebete konzentrierten sich auf drei Anliegen, die den Muslimen, Juden und Christen gemeinsam sind: Gott für seine Schöpfung zu danken, Vergebung von Gott zu empfangen und Gott um Frieden zu bitten.

      Es ist meine Grundüberzeugung, dass derartige freundschaftliche Beziehungen im Gebet gegründet sein müssen. Als ich gerade gestern durch die Einreisekontrolle in New York ging, sagte ein Beamter zu mir: „Mit einem dermaßen abgestempelten und abgenutzten Pass könnten Sie fast selber ein Flugzeug kaufen und sich das Geld sparen, das Sie für die Tickets ausgeben.“ Als er dann meinen Pass mit den vielen Visastempeln durchblätterte, fragte er mich, welchen Beruf ich ausübe, wenn ich so viel reisen müsse. Ich sagte ihm, ich sei als Botschafter Christi und seines Friedens weltweit unterwegs und vor allem im Bereich des Beziehungsaufbaus zwischen Christen und Muslimen tätig. Da es überall auf der Welt Christen und Muslime gebe, würde ich entsprechend viel reisen. „Gott segne Sie“, rief der Beamte aus, „unsere Welt braucht Friedensstifter, aber vergessen Sie nicht, dass die Welt auch viel Gebet braucht.“ Ich denke, der Grenzbeamte hatte recht!

       Der Schmerz und die Freude des Dialoges

      Vor einigen Jahren lud meine Glaubensgemeinschaft in den Vereinigten Staaten mich und einen muslimischen Imam zu einem Abend des Dialoges ein. Mein Weggenosse, der Imam, zeichnete zwei sich überlappende Kreise auf eine Tafel. Im Zentrum, das für ihn die muslimische Gemeinschaft darstellte, schrieb er „Koran“ hinein. Ins Zentrum, das die christliche Gemeinschaft darstellte, schrieb er „Christus“ hinein. Er erklärte, dass diese verschiedenen Zentren sich nie ganz überlappen könnten, da sie so unterschiedlich seien. Das ist der Schmerz des Dialoges. Muslime verkünden, dass der Koran die volle und endgültige Offenbarung des Willens Gottes sei. Christen bekennen, dass Jesus die volle und endgültige Offenbarung Gottes sei – er offenbare nicht nur seinen Willen, sondern auch das Wesen Gottes. Sie bekennen, dass mit dem Messias das Reich Gottes auf die Erde kam und es nur in ihm ewige Errettung gibt. Muslime sehen wiederum Mohammed als perfektes Beispiel an, dem alle Menschen nacheifern sollen.

      Also was nun? Kommt es wirklich darauf an, ob Jesus oder Mohammed das Zentrum darstellen?

      „Es kommt nicht darauf an“, betonte neulich meine deutsche Sitznachbarin auf unserem gemeinsamen Flug von Frankfurt ganz vehement. Sie verwarf die Beharrlichkeit, mit der Muslime und Christen glauben, dass es wesentlich sei, wer im Zentrum steht.

      Mein Taxifahrer, den ich auf einer meiner Reisen nach Singapur traf, würde ihr widersprechen. Sobald wir ins Taxi gestiegen waren, fragte er mich: „Glauben Sie an Jesus Christus? Er ist der Retter. Er ist der Weg!“

      Auch der Imam der Moschee in Harrisburg würde der Frau aus Deutschland nicht zustimmen. Am Ende eines abendlichen langen Gespräches umarmte mich der freundliche Imam und weinte, als er mich bat: „Du bist ein zu guter Mann, um Christ zu sein. Ich bitte dich flehentlich, Muslim zu werden.“

       Umzug nach Kenia

      Das Land, das wir zu lieben gelernt hatten, wurde zu einem marxistischen Staat unter starker sowjetischer Kontrolle. Die Veränderung kam wie ein rollender Gewittersturm über Somalia, der immer mehr Fahrt aufnahm, als er über das mit Akazien übersäte Weideland Somalias hinwegzog. Am 21. Oktober 1969 schlug